EU stoppt alle Zahlungen an Palästinenser

Die Europäische Union setzt nach Angaben von EU-Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi alle Zahlungen an die Palästinenser aus. Alle Projekte seien auf dem Prüfstand, sagte er am Montag. Das Hilfsportfolio der EU für die Palästinenser umfasst 691 Millionen Euro.
"Das Ausmaß des Terrors und der Brutalität gegen Israel und seiner Bevölkerung ist ein Wendepunkt", schrieb Varhelyi auf der Kurznachrichten-Plattform X. "Es kann kein business-as-usual geben." Alle neuen Ausgaben, auch noch für das laufende Jahr, würden "bis auf weiteres" zurückgestellt.
EU stoppt Zahlungen: Kein 'business-as-usual' mit Palästinensern
Die EU ist bisher einer der größten Geldgeber in den Palästinensischen Gebieten und hatte von 2021 bis 2024 insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro für die Finanzierung von Projekten eingeplant, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitsbereich. Die als Terrororganisation eingestufte Hamas werde von der EU aber nicht "direkt oder indirekt" unterstützt, betonte ein EU-Sprecher.
Die EU habe sehr strenge Regeln zur Überprüfung der Empfänger. Alle müssten versichern, dass diese weder direkt noch indirekt an Unternehmen, Organisationen oder Personen mit Verbindung zur Hamas gingen.
Mit der EU-Hilfe für die Palästinenser wurden nach Angaben der Sprecherin bisher vor allem die Finanzierung wichtiger Unterstützungsleistungen für die palästinensische Bevölkerung sowie die der Autonomiebehörde gefördert. Als konkrete Beispiele nannte sie den Gesundheitssektor, Sozialhilfeleistungen für arme Familien sowie Entwicklungsprojekte in Bereichen wie demokratische Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, Wasser, Energie und wirtschaftliche Entwicklung. Zudem werde auch das Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten unterstützt, hieß es.
Österreich und Deutschland ziehen nach: Entwicklungszusammenarbeit auf Eis
Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aus dem vergangenen Jahr sind die EU und ihre Mitgliedstaaten mit einem Beitrag von rund 600 Millionen Euro pro Jahr der größte Geldgeber der Palästinenser. Allein aus dem EU-Haushalt waren für den Zeitraum 2021 bis 2024 Finanzhilfen in Höhe von 1,18 Milliarden Euro vorgesehen.
Wegen der Gewalteskalation in Israel stoppt auch Österreich die Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensern. "Wir werden alle Zahlungen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit vorerst auf Eis legen", sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Montag im "Morgenjournal" des ORF-Radios Ö1. Es handle sich um ca. 19 Millionen Euro.
In Deutschland hatte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) bereits am Sonntag angekündigt, die gesamte finanzielle Unterstützung für die Palästinenser auf den Prüfstand zu stellen. Unterstützungszahlungen werden nach Angaben ihres Ministeriums "derzeit nicht vorgenommen".
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hält hingegen an der humanitären Hilfe für die Menschen in den palästinensischen Gebieten fest. "Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe sind zwei verschiedene Dinge", sagte die Grünen-Politikerin am Montagabend in der n-tv-Talkshow "Beisenherz". Sie ergänzte: "Ich halte es für fatal, jetzt einfach zu sagen, man sollte zum Beispiel keine Lebensmittelhilfen mehr leisten." Dort seien 2,1 Millionen Menschen auf Lebensmittelhilfen über die Vereinten Nationen angewiesen.
Angesichts der schweren Kämpfe in Israel kommen die EU-Außenminister am Dienstag in Brüssel zu einer Krisensitzung zusammen. "Ich berufe für morgen eine Dringlichkeitssitzung der EU-Außenminister ein, die sich mit der Lage in Israel und in der Region befasst", teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag in Online-Netzwerken mit.
Krisensitzung der EU-Außenminister: Was folgt auf den Hamas-Angriff?
Borrell und mehrere EU-Minister sind am Dienstag in Maskat, der Hauptstadt des Sultanats Oman, um an einem Treffen der EU mit dem Golf-Kooperationsrat (GCC) teilzunehmen. Dem GCC gehören sechs Länder der Arabischen Halbinsel an. Die Krisensitzung der EU-Außenminister findet daher zum Teil per Videokonferenz statt.
Gesprochen werden soll nach Angaben von Borrells Sprecher Peter Stano über die "Auswirkungen" des Hamas-Angriffs auf Israel und die "Reaktionen" der Europäischen Union, insbesondere im Hinblick auf die Hilfe für die palästinensische Bevölkerung.
Die Hamas hatte am Samstag einen Großangriff auf Israel gestartet. Zehntausende israelische Soldaten waren im Einsatz, um die auf israelisches Gebiet vorgedrungenen Kämpfer der Hamas zurückzuschlagen. Bis Montag wurden auf beiden Seiten mehr als 1200 Todesopfer gemeldet.
(APA/Red)