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Österreichischer Forscher Ferenc Krausz erhält Physik-Nobelpreis

Die Gewinner des Physik-Nobelpreises 2023.
Die Gewinner des Physik-Nobelpreises 2023. ©APA/AFP/JONATHAN NACKSTRAND
Der Physik-Nobelpreis geht heuer unter anderem an den am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in München tätigen österreichisch-ungarischen Physiker Ferenc Krausz.

"Wir können nun die Tür zur Welt der Elektronen öffnen", begründete die Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften die Verleihung des diesjährigen Nobelpreises für Physik an den österreichisch-ungarischen Physiker Ferenc Krausz seinen Kollegen Pierre Agostini und die Physikerin Anne L'Huillier. Sie werden für experimentelle Methoden, die Attosekunden-Lichtimpulse zur Untersuchung der Elektronendynamik in Materie erzeugen, geehrt.

Physik-Nobelpreisträger Ferenc Krausz. - Foto: APA/ÖAW/APA-FOTOSERVICE/MARTIN HÖRMANDINGER

Physik-Nobelpreis für österreichischen Physiker Ferenc Krausz

Mit ihrer Forschung hätten die Forscher der Menschheit neue Werkzeuge an die Hand gegeben, "die Welt der Elektronen in Atomen und Molekülen" zu entdecken. Attosekunden-Physik, die ultraschnelle Bewegungen von Elektronen in Echtzeit beobachtet und erforscht, mache es nun möglich, "jene Mechanismen zu verstehen, die durch Elektronen gesteuert werden", sagte Eva Olsson, Vorsitzende des Nobelpreiskomitees für Physik. In einem nächsten Schritt werde man diese nutzen.

Krausz, Agostini und L'Huillier eröffneten mit ihren Arbeiten die Möglichkeit, Prozesse zu untersuchen, die sich bis dahin durch ihre Schnelligkeit jeglicher Beobachtung entzogen haben. Sie hätten mit ihrer Forschung einen Weg aufgezeigt, sehr kurze Lichtimpulse zu erzeugen, mit denen die schnellen Prozesse gemessen werden können, im Rahmen derer Elektronen sich bewegen oder Energie tauschen. In der Welt der Elektronen finden diese Veränderungen im Rahmen von Attosekunden statt. Eine Attosekunde ist ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde.

L'Huillier legte Grundlagen für Forschungsleistung

Die Grundlagen für die Forschungsleistung habe die in Schweden arbeitende, in Frankreich geborene Physikerin L'Huillier gelegt, hieß es. Sie entdeckte, dass viele verschiedene sogenannte Obertöne des Lichts entstehen, wenn man infrarotes Laserlicht durch ein Edelgas schickt. Diese Obertöne entstehen durch die Wechselwirkung des Laserlichtes mit Atomen im Gas. Darüber erhalten einige Elektronen zusätzliche Energie, die als Licht emittiert wird.

Sie legte damit den Grundstein für Experimente, die ihre beiden Co-Preisträger erstmals 2001 durchführten: Agostini gelang es, eine Serie von aufeinanderfolgenden, sehr kurzen Lichtimpulsen zu produzieren, jeder Impuls dauerte dabei nur 250 Attosekunden. Krausz, der lange in Österreich forschte, habe hingegen einen anderen experimentellen Zugang gewählt, über den es möglich wurde, einzelne Lichtimpulse zu isolieren, die 650 Attosekunden dauerten.

"Einfach fantastisch", sagte L'Hullier in einer ersten Reaktion im Rahmen der Bekanntgabe am Telefon. Sie hatte gerade unterrichtet und nach dem dritten oder vierten verdächtigen Anruf abgehoben: "Es war dann etwas schwierig, weiter zu unterrichten", so die Wissenschafterin, die sich "sehr berührt" zeigte. Der Preis zeige auch, dass es in der Grundlagenforschung Zeit brauche, "um Anwendungen zu sehen".

2022 ging Physik-Nobelpreis an Österreicher Anton Zeilinger

Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an den österreichischen Quantenphysiker Anton Zeilinger, der gemeinsam mit dem französischen Physiker Alain Aspect und seinem US-Kollegen John Clauser "für Experimente mit verschränkten Photonen, Nachweis der Verletzung der Bellschen Ungleichungen und wegweisender Quanteninformationswissenschaft" geehrt wurde.

Frisch gekürter Nobelpreisträger Krausz völlig überrascht

Der frisch gekürte Nobelpreisträger Ferenc Krausz war von der Nachricht der Auszeichnung sehr überrascht. "Ich versuche zu realisieren, dass das Realität ist und kein Traum", sagte Krausz der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag kurz nach der Preisverkündung. Damit gerechnet habe er nicht.

Mit seiner Forschung habe er es zusammen mit vielen Wissenschaftern und Teams geschafft, "die schnellsten Vorgänge, die es in der Natur außerhalb des Atomkerns gibt, nämlich die Bewegung der Elektronen, in Echtzeit zu verfolgen", sagte Krausz im Max-Planck-Institut, das gerade Tag der offenen Tür hatte. "Diese Bewegungen initiieren jegliche molekulare Vorgänge in lebenden Organismen und sind letzten Endes auch für die Entstehung von Krankheiten auf fundamentalster Ebene verantwortlich." Erkenntnisse in diesem Bereich könnten daher für die Medizin wichtig sein.

Forschung könnte wichtige Ergebnisse für Medizin liefern

Es gebe seit drei Jahren ein großes Forschungsprojekt mit 10.000 Menschen zur Erkennung von Krankheiten wie Krebs in frühen Stadien. Sie bekämen regelmäßig Blutproben abgenommen, die mit Infrarot-Laser-Licht durchleuchtet würden - um "daraus weitere Informationen, die uns derzeit die Labormedizin nicht liefern kann, über sich möglicherweise ausbildende Krankheiten in einem früheren Stadium zu gewinnen". Die ersten Resultate seien vielversprechend, bis zur Anwendung seien aber vermutlich noch fünf bis zehn Jahre nötig.

Seine "spärliche" Freizeit verbringt Krausz gerne mit Sport und Lesen sowie mit seiner Familie. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. "Da muss man versuchen, irgendwie immer eine Balance zu finden. Die Freizeit ist ein knappes Gut, wenn man in der Forschung tätig ist", sagte er der dpa.

LIVE-Blog: Nobelpreise 2023 werden vergeben

(APA/Red)

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