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EU-Asylreform: Finale Einigung nicht in Sicht

Verhandlungen über Reform des EU-Asylsystems laufen im Europäischen Parlament und im Rat.
Verhandlungen über Reform des EU-Asylsystems laufen im Europäischen Parlament und im Rat. ©APA/ROLAND SCHLAGER (Symbolbild)
Im Europäischen Parlament und im Rat finden Verhandlungen zur Reform des EU-Asylsystems statt. Ein Kompromiss über den gesamten Asyl- und Migrationspaket soll noch vor den Europawahlen 2024 erzielt werden. Mit dem Dossier betrauten EU-Parlamentariern zufolge ist eine rasche Einigung nicht in Sicht, da die Positionen teils noch weit auseinander liegen. 

Der Druck für einen raschen Abschluss sei aber hoch, heißt es aus dem Innenministerium in Wien.

Mehr Asylanträge

Im Innenministerium wird betont, die Reform des EU-Asylsystems sei gut gelungen und müsse so unverwässert wie möglich beschlossen werden. Die Dringlichkeit zeigten auch die am Dienstag veröffentlichten Zahlen der EU-Asylagentur. In der EU, Norwegen und der Schweiz wurden im ersten Halbjahr diesen Jahres um 28 Prozent mehr Asylanträge verzeichnet als im Vorjahreszeitraum.

"Die Positionen der Mitgliedstaaten untereinander und gegenüber dem EU-Parlament liegen weit auseinander. Die roten Linien der sozialdemokratischen S&D-Fraktion stellen in jedem Fall die EU-rechtlich verbrieften Grund- und Menschenrechte dar. Sie müssen die Grundlage für ein gemeinsames europäisches Asylsystem sein, sind es aber weder zum jetzigen Zeitpunkt noch geben die bisherigen Zwischenergebnisse der Verhandlungen auf Rats-Ebene Anlass zur Hoffnung", betonte die SPÖ-EU-Abgeordnete Theresa Bielowski gegenüber der APA.

"Wir Grünen/EFA setzen uns vehement dafür ein, dass Menschenrechte und Menschenwürde im Zentrum der Verhandlungen stehen und eine praktikable Lösung erarbeitet wird. Unsere Haltung ist klar: Wir werden einer übereilten Einigung nicht zustimmen, wenn diese eine Verletzung von Menschenrechten oder eine Zusammenarbeit mit autoritären Regimen bedeutet", so Monika Vana, Delegationsleiterin der Grünen. Laut Lukas Mandl, ÖVP-Sprecher für Justiz und Inneres im Europaparlament, "liegt alles auf dem Tisch, was zu tun ist." Der Rat der Mitgliedsstaaten und die Kommission würden daran zu messen sein, ob das Asyl- und Migrationspaket abgeschlossen wird. Gelinge dies nicht, überschatte es die aktuelle Kommissionsperiode.

Innenminister beschlossen Pläne für EU-Asylreform

Die EU-Innenminister hatten im Juni Pläne für eine weitreichende EU-Asylreform beschlossen. Vorgesehen sind zahlreiche Verschärfungen, um illegale Migration zu begrenzen. Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten, sollen künftig nach einem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden. Auch engere Kooperationen mit Drittstaaten sind vorgesehen.

Der von der EU-Kommission vorgeschlagene Asyl- und Migrationspakt umfasst insgesamt sieben Verordnungen und zwei Richtlinien. Die Pläne werden derzeit in sogenannten Trilogverhandlungen zwischen den EU-Institutionen verhandelt. Der Zeitdruck ist groß, das gesamte Paket in der laufenden Legislaturperiode abzuschließen.

"Wir brauchen alle Gesetzestexte für ein umfassendes System. Die Herausforderung sind klare Vereinbarungen mit den EU-Staaten, um zu klären, wer ist für die Asylverfahren zuständig, wie regeln wir die Verteilung, wie stellen wir sicher, dass sich die Menschen künftig integrieren können", betonte die Berichterstatterin für Screenings von Drittstaatsangehörigen im EU-Parlament Birgit Sippel (SPD) in einem Pressegespräch mit den federführenden deutschen EU-Parlamentariern am Donnerstag. Wie Sippel ist auch Schattenberichterstatterin Lena Düpont (CDU) gegen eine mögliche Aufsplittung des Pakets: "Der Paketansatz wurde gewählt, weil einzelne Regelungen ineinander greifen. Das Paket ist nicht die one fits all-Lösung, da sind wir uns alle einig. Wir werden immer Probleme mit Migration haben." Wesentlich sei, dass "wir solidarisch untereinander aufgestellt sind". Sie hielte es für einen großen Fehler, die Reform nicht in dieser Legislaturperiode abzuschließen: "Vielleicht müssen wir mehr Treffen machen."

Marquardt mit Appell

"Wir sind noch bei den ersten Artikeln in den Trilogverhandlungen bei Grenzverfahren, das wird noch etwas dauern bis man sich einigt", so der Grüne Erik Marquardt. Er appelliert an seine Kolleginnen und Kollegen, die Reform für Verbesserungen zu nutzen, und "nicht einfach schnell vor der Wahl irgendetwas zu beschließen, weil wir den Erfolg brauchen." Die Ratspositionen deckten sich teilweise gar nicht mit dem Parlament: "Wir nicken nicht einfach etwas ab, was im Rat beschlossen wird."

FPÖ will Volksabstimmung

Die FPÖ forderte unterdessen eine Volksabstimmung über den Asylpakt. Es sei nämlich ein "Sündenfall" von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) gewesen, "diesem Zwangsverteilungssystem von illegalen Migranten zuzustimmen", betonte FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer in einer gemeinsamen Aussendung mit der FPÖ-Europasprecherin Petra Steger. Der Pakt werde Österreich nicht nutzen, sondern schaden und Mehrbelastungen bringen. "Für die österreichische Bevölkerung bedeutet dieses Machwerk mitsamt dem unsäglichen Umverteilungsmechanismus nämlich nur eines: Unsere Heimat bleibt eine der ersten Adressen für die neue Völkerwanderung", so Steger und Amesbauer.

(APA/Red)

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