Höhere berufliche Bildung für Lehrabsolventen

Mit einem Gesetzesentwurf zur Höheren Beruflichen Bildung, der am Dienstag in Begutachtung geht, will man die Grundlage für Angebote schaffen, mit denen sich etwa Dachdecker zu Photovoltaik- oder Solarthermie-Spezialisten oder Rauchfangkehrer zu Energieeffizienz-Beratern qualifizieren können.
Höhere berufliche Bildung für Lehrabsolventen als Perspektive
Funktionieren soll das über die Einordnung in den sogenannten Nationalen Qualifikationsrahmen, der bisher nur für allgemeine Bildungsabschlüsse vollständig befüllt war. Dort befinden sich etwa eine AHS-Matura zwischen Stufe vier und fünf, der Bachelor auf Stufe sechs, der Master auf Stufe sieben und Doktorat/PhD auf Stufe acht. Für die berufliche Bildung ist der Abschluss einer Lehre bzw. einer BMS auf Stufe vier angesiedelt, die BHS-Reifeprüfung auf Stufe fünf sowie diverse Meister- und Befähigungsprüfungen auf Stufe sechs. Für Lehrabsolventen hingegen gibt es auf den Stufen fünf und sieben bisher gar keine Angebote.
Geplantes Gesetz soll geändert werden
Das geplante Gesetz soll das nun ändern. "Die Höhere Berufliche Bildung ist ein Vehikel, wo die Lehre als Meilenstein einer Karriere gesehen wird und nicht als Sackgasse. Es soll nachher mehr geben als die schon existierenden Meister- und Befähigungsprüfungen", so Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) am Dienstag vor Journalisten. Der Gesetzesentwurf schafft dafür allerdings nur den Rahmen. Umgesetzt werden müssen die neuen Formate dann von Weiterbildungsanbietern wie dem WIFI - sie nehmen auch die Prüfungen ab. Dafür müssen sie auch über die Expertise in Bezug auf das berufliche Tätigkeitsfeld verfügen.
Keine Titel aber Abschlussbezeichnungen
Titel werden dabei keine vergeben, allerdings Abschlussbezeichnungen. Die einzelnen Bildungsstufen heißen künftig "Höhere Berufsqualifikation" (Stufe 5), "Fachdiplom"(Stufe 6) und "Höheres Fachdiplom" (Stufe 7). Im Regelfall müsse eine Stufe absolviert werden, bevor man eine Qualifikation für die nächste erwerben kann - davon werde es allerdings auch Ausnahmen etwa bei entsprechender Berufserfahrung geben, so Kocher. Das neue System sei komplex, in 15 Jahren werde man es aber als großen Schritt sehen.
Wechsel zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung
Berechtigungen zu einem Wechsel zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung gibt es aber mit dem Abschluss einer bestimmten Stufe nicht, stellte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) klar. Der Inhaber einer Höheren Berufsqualifikation (Stufe 5) kann nicht automatisch ohne Matura ein Bachelor-Studium (Stufe 6) an einer Uni beginnen. Die Ausbildungen seien "gleichwertig, aber nicht gleichartig". Das gelte aber auch innerhalb der jeweiligen Schienen: Auch ein Bachelor der Germanistik könne nicht einfach ein Masterstudium der Physik beginnen.
Angebote nicht gleich in allen rund 230 Lehrberufen
Entsprechende Angebote werde es nicht gleich in allen rund 230 Lehrberufen geben, stellte Kocher klar. Sie würden aber nach und nach erstellt, mit den ersten rechnet er frühestens im Herbst kommenden Jahres. Die stellvertretende Wirtschaftskammer-Generalsekretärin Mariana Kühnel erinnerte an die Fachhochschulen: Diese hätten Mitte der 1990er Jahre auch mit fünf Studiengängen gestartet, mittlerweile gebe es rund 500.
Schweiz bietet Höhere Berufliche Bildung seit rund 20 Jahren
In der Schweiz gibt es die Höhere Berufliche Bildung seit rund 20 Jahren, in Deutschland startete man vor drei Jahren. Mit der entsprechenden Verankerung im Qualifikationsrahmen würden die Abschlüsse richtig eingeordnet, so Polaschek - das sei wichtig für die internationale Vergleichbarkeit und die Mobilität.
Motivation für weitere Qualifikation
Nicht zuletzt biete man so auch eine Motivation zur weiteren Qualifikation. Von den rund 230 Lehrberufen in Österreich gebe es nur für etwa 80 Meisterprüfungen und für rund 40 Befähigungsprüfungen, so Kühnel und Kocher. Die Meisterprüfungen betreffen dabei das Handwerk, Befähigungsprüfungen andere Gewerbe (z.B. Baumeister, Bestatter, Versicherungsmakler, Spediteur etc.).
(APA/Red)