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Heimischer Tourismus soll nachhaltiger werden

Der Tourismus soll nachhaltiger werden.
Der Tourismus soll nachhaltiger werden. ©APA/BARBARA GINDL (Symbolbild)
Im heimischen Tourismus wird künftig kein Betrieb ohne Daten zu seinen Standards betreffend Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) auskommen - sei es für Gäste und Personal, die das erwarten, oder für die kreditgebenden Banken, die darauf laut EU-Vorgaben achten müssen.

"Wenn ein Unternehmen bei uns eine Förderung beantragt, muss es sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen", betonte der Geschäftsführer der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), Matthias Matzer, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Plattform soll Transparenz zu Nachhaltigkeit im Tourismus schaffen

Wirtschaftsministerium, ÖHT und Kontrollbank haben die branchenspezifischen Fragen für die Plattform namens "OeKB > ESG Data Hub" gemeinsam ausgearbeitet. Ziel war der Versuch einer Vereinheitlichung und Transparenz, und damit auch "eine gewisse Messbarkeit und Plausibilität für Nachhaltigkeit", so Matzer. "Auch die Banken wollen das."

Die Benutzung der OeKB-Plattform ist kostenlos und als Orientierungshilfe in Sachen Nachhaltigkeit gedacht. "Auch Betriebe, die keinen Kredit beantragen, können diese Plattform nutzen", strich Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) hervor. Damit könne der Status quo "sichtbar und greifbar" gemacht werden.

Kleinere Tourismus-Betriebe sollen von Plattform profitieren

"Die Unternehmen sehen dabei, wo stehe ich und wie kann ich mich weiterentwickeln", ergänzte die Gruppenleiterin Nachhaltigkeit & Projektprüfung bei der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB), Nastassja Cernko. Ziel bei der Entwicklung der Plattform seien "einheitliche Standards für die ESG-Daten" gewesen. "Es ist ein sehr komplexes und auch sehr dynamisches Feld", das sich ständig weiterentwickle. Zum Teil seien das Know-how, aber auch die Ressourcen in kleinen Betrieben nicht vorhanden, um sich darum zu kümmern. Die Plattform will hier weiterhelfen. Kernthemen zum Start sind der Ressourcenverbrauch hinsichtlich Energie und Abfall, die Mobilität etwa betreffend der Anreise der Gäste sowie die Lieferketten bezüglich Speisen, Getränke und Wäsche.

Konkret abgefragt werden beim ESG Data Hub der Primär-Energiebedarf pro Übernachtung beziehungsweise pro Gedeck, der Gesamtenergieverbrauch der betrieblich genutzten Fläche, der Wasserverbrauch, der Abfall pro Übernachtung bzw. Gedeck, die Fluktuationsquote beim Personal, der Anteil der weiblichen Führungskräfte, die Investitionen in Beschäftigte, der Anteil der Lieferanten im Umkreis von 100 Kilometern sowie die ESG-Zertifizierung, "so eine vorhanden ist", wie Kraus-Winkler erklärte. "Unsere Berater können sagen, wo man diese Informationen bekommt", ergänzte der ÖHT-Geschäftsführer. Die Daten bleiben den Angaben zufolge im Unternehmen, das selbst entscheidet, in welcher Form sie an (potenzielle) Gäste, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beziehungsweise an welche Bank sie weitergegeben werden.

EU strebt Klimaneutralität bis 2050 an

Nachhaltigkeit soll zunehmend in die Tat umgesetzt werden. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein. "Investitionen sollen in nachhaltige Projekte und Aktivitäten gelenkt werden", so Cernko. "Kunden, Mitarbeiter und auch potenzielle Mitarbeiter sind immer stärker interessiert, in welchem Unternehmen sie agieren", strich sie hervor. Weiters seien Banken verpflichtet, Nachhaltigkeitsinformationen in ihr Kreditmanagement zu integrieren. "Was wir sehen, die Verfügbarkeit von Nachhaltigkeitsdaten bekommt immer mehr Bedeutung."

Nachhaltigkeitsbonus soll heimischen Tourismus bei Investitionen helfen

"Wir haben auch einen Hebel, den sogenannten Nachhaltigkeitsbonus", sagte ÖHT-Chef Matzer. Damit werden 7 Prozent der Investitionen, die die entsprechenden Kriterien erfüllen, zusätzlich zum Kredit ausgezahlt. Gedeckelt ist der Bonus mit 350.000 Euro, also einem 5-Millionen-Kredit. Bei höheren Krediten greifen die 7 Prozent nicht mehr.

Nachhaltigkeitstour durch ganz Österreich geplant

Für die Tourismus-Staatssekretärin war die heutige Pressekonferenz zugleich der "Startschuss" für ihre zweieinhalb Wochen lange Nachhaltigkeitstour durch ganz Österreich, beginnend mit Wien, Linz und Niederösterreich. Dabei sollen "Benchmark-Betriebe vor den Vorhang geholt werden". Es gibt aber auch schon ganze Regionen, die nachvollziehbar nachhaltig agieren - so etwa Wagrain-Kleinarl und Seefeld.

Tourismus steht bei Investitionen auf der Bremse

Im Tourismus wird heuer wesentlich weniger investiert als während der Corona-Pandemie. "Wir sehen derzeit ein verhaltenes Investitionsverhalten in der Branche, die Leute stehen auf der Bremse, aber das, was investiert wird, hat 'einen hohen Match' mit Nachhaltigkeit", berichtete der Geschäftsführer der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (OeHT), Matthias Matzer, am Dienstag vor Journalistinnen und Journalisten in Wien. Die Antragszahl liege derzeit unter dem Vorjahr.

Dafür hatten sich die Betriebe während der Lockdowns für Umbauten und Verbesserungen intensiv Zeit genommen. "Die Schließungszeiten sind extrem genutzt worden, das heißt der große Schub ist vorbei", so Matzer. Nach Corona sei das Hochzinsthema dazugekommen, erklärte Matzer. "Die Tourismusbranche sei traditionell fremdkapitallastig. 2021 habe die OeHT 760 Fälle verzeichnet, 2022 seien es nur noch 484 gewesen und 2023 könnten es eventuell knapp über dem Wert von 2022 sein. Das Volumen, das die Bank 2022 hebeln konnte, schätzt Matzer auf 600 Mio. Euro - mit 230 Mio. Euro Haftungsrahmen bei der OeHT. Diese macht immer nur einen Teil der Finanzierungen, der Rest läuft über die klassischen Banken.

"Die Investitionen, die jetzt angedacht werden, gehen aufgrund der hohen Energiekosten in Richtung ökologischer Nachhaltigkeit und ich nehme an, das wird sich in den nächsten Jahren verstärken", sagte Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP).

Der Zinssatz, den die Touristiker bei der OeHT bekommen, ist Matzer zufolge mit einem 2-prozentigen Zinszuschuss, der über das Wirtschaftsministerium kommt, gestützt. Der OeHT-Zins ergebe sich aus dem 3-Monats-Euribor plus 2,05 Prozent minus der erwähnten 2 Prozent. Die Kunden hätten meist "einen relativ guten Mix" aus fixen und variablen Zinsen.

(APA/Red)

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