Hochstapler ließ sich Leben 20 Jahre lang finanzieren: Prozess in Wien

Schweren gewerbsmäßigen Betrug mit einem Schaden über 670.000 Euro, Untreue und mehrere Vergehen nach dem Finanzstrafgesetz legt die Anklage dem 56-Jährigen zur Last. "Er wollte in einer Liga mitspielen, in der er nichts verloren hat", meinte Verteidiger Erich Gemeiner.
Angeklagter: "Es war ein Lügengebilde"
"Es war ein Lügengebilde. Ich wollte immer mehr sein, als ich selber bin", führte der Angeklagte aus. Der Drang, sich als vermögender Lebemann auszugeben, "hat sicher auch mit meiner Herkunft zu tun. Mein Vater war Grieche". Er habe bereits Ende der 1990er-Jahre "in einem Anfall von Größenwahn" geglaubt, ein Grundstück kaufen und darauf ein Haus errichten zu müssen, gab der 56-Jährige zu Protokoll: "Damit haben die Probleme begonnen. Es ist klar gewesen, dass es krachen gehen muss."
Seine Lebensstil finanzierte der Mann, dem der Staatsanwalt eine "gewinnende Art" und ein "charmantes Auftreten" zubilligte, nicht nur mit Darlehen, sondern auch dadurch, indem er mit mehreren Frauen eine Beziehung, in einem Fall auch die Ehe einging. Daneben unterhielt er Affären, wie er einem Schöffensenat (Vorsitz: Christa Salzborn) freimütig bekannte: "Aus Jagdgründen. Um mich abzulenken." Seinen jeweiligen Lebensgefährtinnen - darunter eine Handelsdelegierte an einer in Wien ansässigen Botschaft - knöpfte er nicht nur Geld ab, indem er Arztkosten für eine Hirntumor-Behandlung oder einen plötzlichen finanziellen Engpass vormachte. Er fälschte auch deren Unterschriften, schloss auf deren Namen Kreditkartenverträge ab, fing die Karten ab und verwendete sie selbst. "Die Frauen warten am Ende der Beziehungen mehr oder weniger ruiniert", berichtete der Staatsanwalt. Sie sind nun mit Schuldenregulierungsverfahren und Exekutionen konfrontiert.
Hochstapler wurde in Wien angeklagt
"Ich hab' mir Frauen gesucht, und ja, da hab' ich versucht, über sie an Geld zu kommen. Dass das schrecklich und abscheulich ist, das weiß ich mittlerweile", räumte der Angeklagte ein. Der mehrfach einschlägig Vorbestrafte war Mitte Juli 2022 an seiner Wiener Adresse festgenommen worden - er soll sich zuvor in der Schweiz und in Dubai aufgehalten haben. Seither sitzt er in U-Haft. "Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf und denke mir, was bin ich für ein schlimmer Mensch", räsonierte er.
Die Anklage umfasst mehr als 130 einzelne Betrugsfakten. Der Hochstapler, der gern in sündteuren Nobel-Hotels abstieg und Wohnungen in Bestlage anmietete, dürfte ein Faible für edle Weine und Champagner gehabt haben. Auch entsprechende nicht bezahlte Rechnungen sind von der Anklage umfasst. Er beschäftigte auch Ärzte und Anwälte, denen gegenüber er auf ein angebliches Millionenvermögen und Stiftungen verwies.
Er wolle nicht "über die einzelnen Punkte diskutieren", bemerkte der Angeklagte: "Ich bekenne mich vollumfänglich schuldig und übernehme die Verantwortung." Die Verhandlung wurde zur Ladung und Anhörung der Ex-Frau und drei Ex-Lebensgefährtinnen des Angeklagten auf den 8. September vertagt.
(APA/Red)