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Polizei drängte Journalist auf Corona-Demo ab: Prozess

Der Journalist Michael Bonvalot klagt, weil ihn Polizisten bei einer Corona-Demo im September 2022 weggedrängt haben sollen.
Der Journalist Michael Bonvalot klagt, weil ihn Polizisten bei einer Corona-Demo im September 2022 weggedrängt haben sollen. ©APA/BARBARA GINDL/Sceenshot Twitter
Zu Wortgefechten zwischen Teilnehmern einer "Corona-Demo" und dem Team um den Journalisten Michael Bonvalot kam es im September 2022. Dabei drängte die Polizei die Mediengruppe ab und kontrollierten ihre Identität. Dagegen klagte Bonvalot.
Stärkerer Schutz für Medienschaffende bei Corona-Demos

Bei einer "Corona-Demo" im September 2022 in Wien ist es zu Wortgefechten zwischen Teilnehmern und dem Team um den Journalisten Michael Bonvalot gekommen. Die Polizei schritt ein, drängte die Mediengruppe ab und begann, Identitäten festzustellen. Dagegen klagte Bonvalot. Beim Prozess am Verwaltungsgericht am Freitag überraschte die Aussage eines mehrmaligen Einsatzleiters bei Corona-Demos: Er habe dabei nie Sprechchöre gegen die Presse wahrgenommen.

Journalist von Polizei bei Corona-Demo abgedrängt - Prozess in Wien

Bonvalot und sieben weitere Personen hatten im Nachgang je 500 Euro Strafe wegen Ordnungsstörung und Gehens auf der Straße aufgebrummt bekommen. Diese wurde nach einem Einspruch zurückgenommen. Im Verfahren ging es nun um die Frage, ob die Polizei die Pressefreiheit behindert habe. Außerdem sei er unrechtmäßig weggestoßen worden, so Bonvalot. Bei der Prozessfortsetzung heute waren der amtshandelnde Inspektor und der Einsatzleiter geladen.

Polizei hielt Journalisten-Team "für die Antifa"

Dieser Inspektor und seine Einheit waren "eigentlich nur im Streifendienst und als unterstützende Kraft vorgesehen", wie der Uniformierte aussagte. Über Funk sei man angefordert worden, "weil es an der Demo-Spitze offenbar zu Wickeln gekommen ist", Teilnehmer seien demnach von Störern bedrängt worden. Beim Eintreffen hielt der Polizist Bonvalot und sein Team "für die Antifa", "weil sie so dunkel angezogen waren". FFP2-Masken hätten diese getragen, Sonnenbrillen und Kappen. Bonvalots Anwalt Clemens Lahner hielt aber fest, dass sein Mandant nicht vermummt war, was der Beamte bestätigte.

Man solle die Störer 50 Meter von der Demo wegbringen

Er habe persönlich beim Einsatzleiter, der sich an der Spitze der Demo befand, nachgefragt, warum es gehe, so der Polizist. "Er sagte, die Partie da vorne macht Probleme." Man solle die Störer 50 Meter von der Demo wegbringen. "Wir haben sie ein bisschen geführt, sie nicht geschubst oder gestoßen, maximal in eine Richtung gedrängt." Auf einem Video hört man Bonvalot allerdings sagen: "Sie stoßen mich die ganze Zeit." Darauf der Beamte: "Ja, genau." In solchen Situationen diskutiere er nicht, da gebe er den Leuten recht, argumentierte der Polizist darauf angesprochen. "Ich habe gegen ihn gelenkt, wenn er das als Stoßen empfindet, ist das subjektiv."

Bonvalot hätte Journalistenausweis um den Hals getragen

Damals habe er Bonvalot nicht gekannt, heute würde er ihn nicht mehr als Störer wahrnehmen, meinte der Beamte. Lahner betonte, sein Mandant habe seinen Journalistenausweis gut sichtbar um den Hals getragen und sich auch als Presse zu erkennen gegeben. "Kann sein", so der Polizist, "aber ich muss auch sagen, nicht jeder, der sich mit einem Presseausweis legitimiert, ist gleich ernst zu nehmen." Denn einen solchen könne man um "70 bis 100 Euro im Internet bestellen".

Richterin konfrontierte Einsatzleiter mit Aussage

Richterin Beatrix Hornschwall konfrontierte anschließend den Einsatzleiter mit der Aussage des Inspektors, er habe von ihm konkrete Anweisungen erhalten. "Das kann ich mich nicht erinnern, kann ich mir nicht vorstellen, kann es auch nicht ausschließen", antwortete dieser. Er habe als Einsatzleiter für Ruhe und Sicherheit bei Demos zu sorgen und dass die Teilnehmer ihren Zug durchführen können. "Wie üblich" sei er mit dem Veranstalter "vorne an der Spitze" gegangen.

Einsatzleiter will "Tumult und Geschrei" bemerkt haben

"Tumult und Geschrei" will der Einsatzleiter bemerkt haben. Dann habe ihn der Organisator der Demo, ein bekannter "Querdenker", "zu sich gewunken und gesagt", dass die Gruppe um Bonvalot störe. "Ich habe nur kurz hingeblickt und ihn in Diskussion mit Demo-Teilnehmern gesehen", so der Einsatzleiter. Dann habe er "eine Truppe hingeschickt, die sich um die Anliegen" des Organisators "kümmern soll". Er habe aber nicht feststellen können, von wem die Auseinandersetzung ausgegangen ist. Wie die Amtshandlung aussehen soll, habe er nicht vorgegeben: "Das kann ich gar nicht."

Einsatzleiter "wusste aber nicht, dass er Journalist ist"

Bonvalot habe er zwar gekannt, so der Einsatzleiter, "wusste aber nicht, dass er Journalist ist". Bei Veranstaltungen habe er ihn gesehen und seine Kollegen gefragt, wer das denn sei, "der da immer von Securitys begleitet auftritt". "Das ist der Bonvalot" wurde ihm gesagt, mehr nicht. "Das hat schon ihre Neugierde befriedigt?", wollte der Anwalt wissen. "Ja", mehr habe er nicht nachgefragt. Dass Teilnehmer von Corona-Demos die Medienvertreter als "Lügenpresse" beschimpfen und es eine öffentliche Diskussion darüber gibt, dazu will der Beamte "keine Wahrnehmung" gemacht haben. Wohl habe er öfter mit dem Demo-Organisator "geredet, aber nichts mit ihm zu tun gehabt"

Bonvalto habe nicht versucht die Polizisten aufzuklären

Für den Inspektor "gab es keinen hinreichenden Grund" für die Annahme einer Ordnungsstrafe, die Wegweisung sei "rechtswidrig gewesen", führte Lahner in seinem Schlusswort aus. Die zwangsweise Durchsetzung durch Anwendung von Körperkraft sei so nicht gerechtfertigt gewesen, so der Anwalt. Eine Behördenvertreterin konterte: "Es war zu befürchten, dass eine Eskalation im Sinne einer körperlichen Auseinandersetzung bevorstand." Die Anwendung von Körperkraft "war maßhaltend und notwendig". Bonvalot habe keinen einzigen Versuch unternommen, den Beamten aufzuklären, wie es tatsächlich zu der Auseinandersetzung gekommen ist.

Das Urteil ergeht schriftlich.

(APA/Red)

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