Ist das die Offensive? Kiew meldet Vormarsch bei Bachmut

"Wir führen dort effektive Gegenangriffe", teilte der ukrainische Heereskommandant Olexander Syrskyj am Mittwochabend auf Telegram mit. An einigen Frontabschnitten der seit Monaten heftig umkämpften Stadt seien die russischen Truppen um bis zu zwei Kilometer zurückgewichen.
Nach Syrskyjs Darstellung sind die Einheiten der bei Bachmut eingesetzten russischen Söldnertruppe Wagner an einigen Abschnitten durch reguläre russische Armee-Einheiten ersetzt worden. Diese weniger gut ausgebildeten Einheiten seien nun geschlagen worden, sagte Syrskyj. Allerdings: "Die Schlacht um Bachmut geht weiter."
Zuvor hatte bereits der Gründer des umstrittenen ukrainischen Regiments Asow, Andrij Bilezkyj, in der Nacht zum Mittwoch von Gebietsgewinnen bei Bachmut berichtet.
Russische Plünderungen
Parallel zur Evakuierung der Zivilbevölkerung in der von ihnen kontrollierten Region Saporischschja im Süden der Ukraine haben die russischen Besatzer nach Angaben aus Kiew auch mit der Plünderung und Demontage in den dortigen Industriezonen begonnen. Daneben seien etwa in Enerhodar alle medizinischen Einrichtungen der Stadt vollständig geplündert worden, teilte der ukrainische Generalstab am Mittwochabend in seinem Lagebericht mit.
Die gesamte medizinische Ausrüstung sei nach Simferopol auf die ebenfalls besetzte Halbinsel Krim gebracht worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden. In Erwartung einer ukrainischen Offensive zur Rückeroberung besetzter Gebiete in diesem Landesteil haben die russischen Besatzungsbehörden vor einiger Zeit begonnen, die Zivilbevölkerung aus der Umgebung des Kernkraftwerks Saporischschja in Richtung Süden zu evakuieren.
Kritik von Wagner-Chef Prigoschin
Der Chef der Söldner-Truppe Wagner befürchtet eine Einkesselung seiner Einheit in den Kämpfen um Bachmut. "Angesichts fehlender Munition droht sich der "Fleischwolf" nun in umgekehrter Richtung zu drehen", schrieb Jewgeni Prigoschin am Mittwochabend auf Telegram. Wegen hoher Verluste habe Wagner den Flankenschutz regulären Einheiten der russischen Armee überlassen müssen. "Es besteht jetzt die ernsthafte Gefahr der Einkesselung von Wagner durch den Zusammenbruch der Flanken", schrieb Prigoschin. "Und die Flanken weisen bereits jetzt Risse auf und bröckeln."
Nach Prigoschins Einschätzung hat Bachmut "keinen strategischen Wert". Der Kampf um Bachmut sei von russischer Seite nur aufgenommen worden, um nach dem Rückzug russischer Truppen aus anderen Teilen der Ukraine das Potenzial der ukrainischen Streitkräfte zu zermürben.
In einer Audiobotschaft warf der Söldner-Chef am Mittwoch der Militärführung in Moskau erneut eine unzureichende Belieferung mit Munition vor. Seine Truppe habe trotz aller Zusagen noch immer nicht genügend Granaten für ein Vorrücken in der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut erhalten, so Prigoschin. Die Bürokratie im Verteidigungsministerium bremse eine rasche Nachschub-Lieferung aus. "Wir erhalten nicht genügend Granaten, sondern nur zehn Prozent des Bedarfs", sagte er. Seine Söldner müssten sich mit einer minimalen Menge an Granaten durchschlagen, würden aber die Angriffe weiter vorantreiben.
Prigoschin hatte den seit Monaten schwelenden Streit mit der russischen Militärführung zuletzt verschärft und mit einem Abzug seiner Söldner bei Bachmut gedroht. Er ruderte zurück, nachdem das Verteidigungsministerium eine bessere Versorgung mit Munition zugesagt hatte.
Über 14 Monate Krieg
Die Ukraine wehrt seit über 14 Monaten eine russische Invasion ab. Die von ukrainischen Truppen gehaltene Stadt Bachmut im Gebiet Donezk ist seit Monaten der Schwerpunkt der Kampfhandlungen. Seit Wochen wird eine größere Gegenoffensive der ukrainischen Armee erwartet.
(APA/dpa/Reuters)