Jubiläum: ÖBB feiern 100-jähriges Bestehen
Am 1. Oktober 1923 nahmen die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) ihren Betrieb auf.
ÖBB entstand durch Zusammenlegung mehrerer Bahnteile
Die Eisenbahn war zu diesem Zeitpunkt in Österreich jedoch nicht neu, die ÖBB entstand aus der Zusammenlegung mehrerer Bahnteile, die nach dem Zerfall der Habsburger Monarchie jeweils hoch verschuldet und strukturell veraltet waren. Die damalige Regierung beschloss deshalb deren Zusammenlegung unter einem professionellen Management. Die Fusion der maroden Bahnteile führte 1923 zu einem Anlaufverlust von 235 Mrd. Kronen, kaufkraftbereinigt entspräche das heute einem Minus von 134 Mio. Euro, rechneten die ÖBB in einer Aussendung vor.
Personalnotstände bei ÖBB in Nachkriegsjahren
Die ÖBB beschäftigten zu Beginn knapp 113.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, heute sind es rund 43.000 (ohne Lehrlinge). Während des 1. und 2. Weltkrieges übernahmen Frauen und Zwangsarbeiter die Arbeitsplätze der Männer, die in den Krieg zogen. Formal waren die Männer aber weiterhin angestellt. Weiters wurde die Eisenbahn für kriegerische Zwecke genutzt und im Zuge dessen viel militärisches Personal angestellt. Beides spiegelte sich in den hohen Personalständen in den Nachkriegsjahren, etwa 1923 (113.000) und 1946 (99.000), wider.
Sowohl in der Zwischenkriegszeit als auch nach dem 2. Weltkrieg wurde der Personalstock konsolidiert. So wurden etwa im Krieg gefallene Mitarbeiter aus der Statistik genommen und Personal mit militärischem Hintergrund abgebaut. Bei der Eingliederung der ÖBB in die Deutsche Reichsbahn 1938 wurden viele jüdische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und andere vom Nazi-Regime verfolgte Personengruppen entlassen.
Obwohl sich der ÖBB-Personalstand seit 1923 gedrittelt hat, haben sich die Fahrgäste von 120 Millionen im Jahr 1923 auf 253 Millionen 2022 pro Jahr mehr als verdoppelt. Inklusive Postbus fuhren im vergangen Jahr mit 447 Millionen pro Jahr gar dreimal so viele Menschen mit den ÖBB.
Erster Reiseboom bei ÖBB in 1920er-Jahren
Ab Mitte der 1920 setzte in Österreich laut ÖBB ein "richtiger Reiseboom" ein. Demnach konnten es sich in den 1920er-Jahren auch Arbeiterfamilien aus Wien leisten, am Wochenende Ausflüge mit der Bahn zu machen. Im Sommer sei etwa das Donau-Strandbad Kritzendorf ein beliebtes Ziel gewesen, im Winter fuhr man zum Skifahren nach Kaltenleutgeben im Südwesten Wiens. Im Herbst und Frühling nutzten viele die Bahnverbindungen zu den Bergen in der Umgebung Wiens, etwa Semmering oder Rax.
Die Weltwirtschaftkrise 1929 markierte allerdings das Ende des Reisebooms. Nach dem zweiten Weltkrieg stieg die Reisetätigkeit wieder kontinuierlich an. Im Jahr 2019, vor dem Einsetzen der Coronapandemie, erreichte die ÖBB ihren bisherigen Fahrgastrekord, für heuer rechnen die ÖBB mit einem "Jahrhundertjahr" und mehr Fahrgästen als je zuvor.
Der Gütertransport hat sich von 23 Mio. Tonnen 1923 auf 88 Mio. Tonnen 2022 fast vervierfacht, gemessen an den Netto-Tonnenkilometern stieg die Transportleistung sogar auf das Achtfache. Das Wachstum zog dabei vor allem in den 2000er-Jahren an. Grund dafür war laut Aussendung die Liberalisierung in der EU, die die Expansion der ÖBB, etwa in Ungarn, und den Markteintritt in zahlreichen osteuropäischen Ländern nach sich zog. Heute ist die ÖBB Rail Cargo Group in 18 Ländern präsent, zuletzt kamen 2022 Serbien und China dazu.
Schienennetz von ÖBB stark verkleinert
Das Schienennetz hat sich während des 100-jährigen Bestehens der ÖBB von ursprünglich 6.000 Kilometer 1923 auf 4.800 Kilometer heute verkleinert. Grund dafür war laut ÖBB der Wegfall von ca. 500 sogenannten Anschlussbahnen zu Beginn der 2000er-Jahre. Dabei handelte es sich einerseits um Strecken, die das Betriebsgeländer von Unternehmen direkt mit der ÖBB-Hauptstrecke verbunden haben, andererseits aber auch um private Regionalbahnen. Diese Strecken wurden bis dahin von der ÖBB mitgewartet und instandgehalten, Anfang der 2000er war dies allerdings wirtschaftlich nicht mehr tragbar. Auch viele Firmen wollten sich den Bahnanschluss nicht leisten, auch weil der Gütertransport zunehmend auf die Straße verlegt wurde. Es kam deshalb zur Stilllegung vieler dieser Anschlüsse.
Der öffentliche Verkehr sei gleichzeitig allerdings gewachsen. So wurde in den 1990er-Jahren der sogenannte Austrotrakt eingeführt und damit die Frequenz der Züge erhöht. Auch die Elektrifizierung der Bahn hat eine höhere Taktfrequenz ermöglicht. Mit der Digitalisierung werde der Takt in den kommenden Jahren nochmals steigen, insgesamt fahren so also mehr Züge auf dem gleichen Streckennetz und in derselben Zeit und können so mehr Fahrgäste befördern.
Elektrifizierung machte ÖBB unabhängig von Kohleimporte
Der Fuhrpark der ÖBB zählte zu Beginn 2.600 Dampflokomotiven, deren Betrieb jährlich 2,2 Mio. Tonnen Kohle verschlang. Um sich unabhängig von Kohleimporten aus dem Ausland zu machen, startete Österreich ab 1920 mit der Elektrifizierung der Eisenbahnstrecken. Als die ÖBB 1923 ihren Betrieb aufnahm, wurden 25 Kilometer im Inntal und 65 Kilometer zwischen Innsbruck und Garmisch-Partenkirchen in Bayern mit Strom betrieben, das entsprach einem Elektrifizierungsgrad von 7 Prozent. Im vergangen Jahr lag dieser Wert bei 75 Prozent. Auch der Wegfall der vorwiegend dieselbetriebenen Anschlussbahnen in den 2000er-Jahren hat zum Anstieg des Elektrifizierungsgrades beigetragen. Bis 2030 wollen die ÖBB 85 Prozent den Netzes elektrisch betreiben, 2035 sollen es dann 89 Prozent sein.
(APA/Red)