Kritik an drohender Ausweisung von Klima-Aktivistin Anja Windl

Scharfe Kritik ist am Donnerstag von Medienethikerin Claudia Paganini am Vorgehen der Behörden im Fall der Klima-Aktivistin Anja Windl gekommen.
Der deutschen Studentin Windl, Mitglied der "Letzten Generation", droht die Ausweisung durch das Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen (BFA). Sie wird am Donnerstag dazu einvernommen. Die mögliche Ausweisung sei ein "trauriger Symbolakt", sagte Paganini der APA.
Drohende Ausweisung von Klima-Aktivistin: Kritik an Behörden
Für die Österreicherin Paganini, die sich in ihrer Arbeit mit "Hatespeech gegen Klima-Aktivistinnen und Aktivisten" befasst, sei das Vorgehen des zuständigen Innenministeriums "bezeichnend für den aktuellen Umgang der Politik" mit den Mitgliedern der Klima-Protestbewegung. "Diese Leute aus der Mitte der Gesellschaft werden kriminalisiert und an den Rand gedrängt", hieß es im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. "Das Bedrohliche und vermeintlich Kriminelle wird ins Ausland weggeschoben. Das ist ein Phänomen unserer Zeit und passiert typischerweise in angespannten Situationen." Nachsatz: "Dabei ist es völlig egal, ob sich die Aktivisten nun 300 Kilometer weiter im Westen oder sonst wo befinden, weil das an der Sache nichts ändern wird."
Sie sei zudem besorgt, dass durch solche Maßnahmen zusätzliches "Öl ins Feuer" gegossen werde. "Es ist ein Akt, der die Tendenzen zur Selbstjustiz gegen die Klima-Aktivisten sicher verstärken wird. Die Hemmschwelle wird kleiner", sagte sie mit Verweis auf einen Fall im deutschen Hamburg im März. Dort trat zuletzt ein aufgebrachter Lkw-Fahrer brutal auf einen Aktivisten während einer Blockade ein. Videos davon kursieren im Netz. "Die Politik muss deeskalieren, doch stattdessen verstärken solche Maßnahmen eine solche Logik in der Bevölkerung." Der Bevölkerung werde suggeriert: "Wir dürfen uns gegen sie zur Wehr setzen."
Abschiebung für Forscherin "unangemessene Härte"
Eine drohende Abschiebung habe nichts mit "reifer Sachpolitik" zu tun, sondern nur mit "unangemessener Härte gegen eine Aktivistin, die ihren Lebensmittelpunkt in Österreich hat", so Paganini.
Die 26-jährige Windl erhielt nach ihrer Teilnahme an Protestaktionen der "Letzten Generation" in Wien und Klagenfurt Post von den Behörden Post zur "Einvernahme hinsichtlich Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme". Sie wird am Donnerstag durch die Beamten des BFA in Leoben befragt. Windl und ihr Anwalt betonten am Mittwoch, dass man sich jedenfalls gegen das Vorgehen der Behörden wehren wolle. Ihre Verwaltungsstrafen seien noch nicht einmal rechtskräftig, sagte die 26-Jährige, die in Klagenfurt studiert und in Graz wohnt.
Verwaltungsübertretung laut Europarechtler kein Grund für Ausweisung
Kritisch äußerte sich am Donnerstag auch Europarechtler Walter Obwexer von der Universität Innsbruck im Ö1-"Morgenjournal". Bloße Verwaltungsübertretungen, selbst bei Rechtswirksamkeit, könnten kein Grund für eine Ausweisung sein, so Obwexer. Dafür bräuchte es "zunächst einmal eine schwere Straftat, wie zum Beispiel eine ganz schwere Körperverletzung oder einen Mord oder Raub und dann auch noch die Gefahr, dass eine weitere Straftat begangen wird", sagte Obwexer. "Nur eine schwere Straftat begangen zu haben und dafür rechtskräftig verurteilt worden zu sein, ohne Gefahr, dass eine weitere Straftat begangen wird, reicht für eine Ausweisung ebenfalls nicht aus."
(APA/Red)