„Ich möchte etwas zum Positiven verändern“

Dornbirn. Vor 17 Jahren ist die Dornbirnerin Natalie Moosmann erstmals in den Senegal gereist. Was mit Trommelreisen begonnen hat, hat sich über die Jahre zu einem Verein entwickelt, der jungen Menschen im senegalesischen Dorf MBalling bessere Zukunftschancen eröffnen möchte. Im Interview spricht die Vereinsobfrau über ihre ehrenamtliche Arbeit und ihre Beweggründe.
Gerade haben Sie einen Container mit 8,5 Tonnen Hilfsgütern gefüllt – was passiert damit?
Natalie Moosmann: Wir haben ganz gezielt Hilfsgüter gesammelt, die wir vor Ort in MBalling brauchen. Darunter sind Fahrräder für die Kinder, die außerhalb des Dorfes die Schule besuchen, Geschenkkartons der Vorarlberger Paten für die Kinder und Mutter-Kind-Pakete. Wir haben 260 gebrauchte Schultaschen gesammelt und mit Schulmaterialien gefüllt – diese werden wir zu Schulbeginn im Oktober verteilen. Allein für die Nähschule ist eine Tonne an Nähzubehör zusammengekommen. Wir haben auch Kleidung und Fußballdresse gesammelt, sowie Spielsachen für den Kindergarten. Die medizinischen Heilbehelfe gehen an die Krankenstation der Leprahilfe.
Lohnt es sich die Hilfsgüter über so eine große Distanz zu transportieren oder wäre es besser, die Dinge vor Ort zu kaufen?
Natalie Moosmann: Ich bin kein Wegwerffreund – alles, was ein zweites Leben haben kann, sollte man wiederverwerten. Wenn ich neue Sachen vor Ort kaufe, muss ich dafür Spendengelder verwenden, die ich lieber in die Bildung investiere. Außerdem muss ich für den Transport des Containers nichts bezahlen, da dieser von der Firma Gebrüder Weiss gesponsert wird. Dennoch wird dies der letzte Container mit Hilfsgütern sein, den ich organisiere. Bei den beiden ersten ist es gut gegangen, doch beim dritten hatten wir enorme administrative Hürden zu überwinden, um den Container in Dakar übernehmen zu können. Leider steht der Staat in Senegal nicht hinter den Hilfsorganisationen und verschließt die Augen vor Korruption und Bestechung. Ich bin nicht mehr bereit, dieses Spiel mitzumachen. Wir werden uns neue Möglichkeiten überlegen, wie zum Beispiel gezielte Spendenaufrufe für bestimmte Aktionen.
Was ist trotz aller Hürden die Antriebsfeder für Ihr Engagement im Senegal?
Natalie Moosmann: Etwas zum Positiven zu verändern ist mein größter Antrieb. Auch wenn es langsam geht, sehe ich, dass sich etwas bewegt und ich etwas bewirken kann. Heute habe ich erfahren, dass ein früher von uns unterstützter Schüler eine Immobilienfirma in MBalling eröffnet. Das ist das Schönste, wenn ich sehe, wie die von uns geförderten jungen Menschen etwas aus ihrem Leben machen.
War es nie eine Option für Sie, sich für ein Hilfsprojekt hierzulande zu engagieren?
Natalie Moosmann: Ich war eine Weile als Tagesmama in Vorarlberg tätig – das mit Senegal hat sich dann einfach so ergeben. Das erste Mal bin ich für eine Weiterbildung in traditioneller Trommelrhythmik in das Land gereist, dann habe ich Trommelreisen organisiert und der Wunsch, den Menschen im Senegal etwas zurückzugeben wurde immer größer. Ich habe nach Organisationen gesucht, die vor Ort tätig sind und bin auf den Verein Leprahilfe gestoßen. Wir haben uns auf eine Kooperation geeinigt und ich habe zugestimmt, den Bereich Schulbildung zu übernehmen. Angefangen hat es mit 90 Kindern, für die ich die Schulgelder organisieren sollte.
Wie viele Stunden pro Woche investieren Sie durchschnittlich in ihr Projekt?
Natalie Moosmann: Das sind sicher 30 bis 40 Stunden – manchmal sogar mehr.
Wie lässt sich ihre intensive, ehrenamtliche Tätigkeit mit ihrem Berufs- und Familienleben vereinbaren?
Natalie Moosmann: Meine Familie war von Anfang an in das Projekt involviert – inzwischen sind meine drei Kinder erwachsen und selbstständig. Mein Mann arbeitet auch im Projekt mit und hat vor ein paar Jahren die Obmannschaft der Leprahilfe übernommen. Oft reisen wir gemeinsam in den Senegal. Und was meine beruflichen Tätigkeiten angeht: die Trommelkurse, die ich halte, finden am Abend statt und mein Geschäft befindet sich direkt neben meinem Büro.
Haben Sie nie das Gefühl, an ihre Grenzen zu stoßen?
Natalie Moosmann: Doch, das habe ich immer wieder, auch wenn ich vor Ort im Senegal bin. Wenn ich eine Idee habe und sie aufgrund einer Banalität nicht umsetzen kann, frustriert mich das oder wenn Menschen unsere Hilfe nicht annehmen können oder nicht wertschätzen. Auf der anderen Seite passieren so viele schöne Dinge. Aufhören ist jedenfalls keine Option.
Im März reisen Sie wieder für einen Monat nach MBalling. Was werden Sie vor Ort tun?
Natalie Moosmann: Die ersten zwei Wochen werde ich Aufnahmegespräche führen, Familienbesuche machen und mich um die neuen Anträge für Schulförderung kümmern. Am 4. März kommt dann hoffentlich der Container und ich werde die restliche Zeit mit der Verteilung der Hilfsgüter beschäftigt sein.
Was haben Sie seit der Gründung Ihres Vereins „Wissen macht Stark“ bereits bewirken können?
Natalie Moosmann: Wir haben ein Collège, ein Lycée, eine Grundschule und einen Kindergarten gebaut. Neben der Soforthilfe liegt der Fokus unserer Arbeit auf der Förderung der Bildung – wir haben schon über 700 Kinder und Jugendliche gefördert. Durch die Übernahme der Leprahilfe führen wir auch eine Großküche und organisieren immer wieder Lebensmittelaktionen.
Wie können die Menschen in Vorarlberg Sie am besten bei Ihrer Arbeit unterstützen?
Natalie Moosmann: Man kann uns bei den vielen Aktionen, die wir in Vorarlberg organisieren ehrenamtlich unterstützen. Auch in der Vereinsarbeit gäbe es viele Aufgaben, von der Homepagebetreuung bis zur Patensuche – wer interessiert ist, kann sich jederzeit bei mir melden. Und dann freuen wir uns natürlich über jede Patenschaft, mit der wir die Schulgelder im Senegal bezahlen können. Eine Patenschaft kostet 20 Euro monatlich für Kinder bis zum Collège und 25 Euro für ältere Schüler bis zur Matura.
Alle Infos zur Vereinsarbeit von Wissen macht Stark finden Interessierte unter www.wissen-macht-stark.org.