NEOS-Spitzenkandidat Juvan: "Krise ist nicht Zeit für Work-Life-Balance"

Als Leitthema setzt die Partei auf "Leistung", außerdem plädierte Juvan im APA-Interview für einen Ausbau von Bildung und erneuerbarer Energie, Initiativen für Pendler, den Rückkauf des Flughafens Klagenfurt und ein Ende der "Gutscheinpolitik".

NEOS wollen Einzug in Kärntner Landtag schaffen
Bei der letzten Landtagswahl 2018 machten die NEOS 2,1 Prozent und verfehlten den Einzug in den Kärntner Landtag klar. Was das angeht, orientiert sich Juvan eher an der Nationalratswahl 2019, als die NEOS 6,8 Prozent in Kärnten erreichten. Auf die Frage, warum es dann den NEOS nicht recht gelingen kann, in Kärnten Fuß zu fassen - 2021 schaffte man den Einzug in gerade einmal drei Gemeinderäte - meinte Juvan, zumindest auf Landesebene sei die Situation eine andere: "Wir haben im Vergleich zur letzten Landtagswahl doppelt so viele Listenkandidaten."
NEOS setzen bei Kärnten-Wahl auf Thema "Leistung"
Am Thema "Leistung" als Leitmotiv für seine Wahlbewegung lässt Juvan jedenfalls keinen Zweifel aufkommen: "Krisenzeit ist nicht die Zeit für Work-Life-Balance", so Juvan. Man müsse jetzt schauen, "dass sich die Menschen durch ihre eigenen Leistungen weiter ihr selbstbestimmtes Leben aufbauen können. Dass sie eben nicht davon abhängig sind, ob der Staat jetzt gerade Lust hat oder in der Lage ist, mit Einmalzahlungen den Menschen zu helfen." Die Zahlung von 500 Euro für jeden Österreicher sei "pure Geldvernichtung" und heize die Inflation noch einmal an.
Bei Leistungsträgern, "die arbeiten gehen, sich engagieren, sich einbringen, die dafür sorgen, dass es Arbeitsplätze gibt", erfahre er viel Zustimmung: "Die teilen meine Meinung, dass etwas nicht stimmt, wenn wir in Kärnten zehn Prozent Arbeitslosigkeit haben, und gleichzeitig kein Betrieb die vielen offenen Arbeitsstellen, die es gibt, besetzen kann." Man müsse Anreize schaffen, die offenen Stellen zu besetzen und Menschen in Vollzeitarbeitsverhältnisse zu bringen, so Juvan. Gerade in Sachen Kinderbetreuung gebe es noch viel Aufholbedarf, das merke er in seinem eigenen Betrieb: "Jede Frau, die sich bei mir bewirbt und ein oder mehrere Kinder hat, sagt mir, sie kann nur Teilzeit arbeiten, weil es nicht genügend Kinderbetreuung gibt."
Lohnnebenkosten sollten laut Juvan drastisch gesenkt werden
Sollte die Politik überhaupt eingreifen, wenn etwa Energiepreise so sehr steigen wie im vergangenen Jahr? "Ja, und zwar darin, dass jährlich Verhandlungen geführt werden, wie die Löhne und Gehälter angepasst werden." Inflation sei ja nichts Neues, sondern lediglich das Ausmaß. Das führe auch dazu, dass die Gehälter steigen. Allerdings dürfe das wiederum nicht dazu führen, dass sich Unternehmer ihre Mitarbeiter nicht mehr leisten können. Die Chance, die sich nun biete, sei, einen Bereich anzugreifen, dessen Behandlung schon überfällig wäre: "Nämlich die Lohnnebenkosten drastisch zu senken, damit sich die Unternehmer die Arbeitskraft der Mitarbeiter leisten und ordentliche Löhne zahlen können."
In Sachen Flughafen Klagenfurt geißelte Juvan die Landespolitik, die Art und Weise der Privatisierung sei ein Fehler gewesen. Eine einzige vertragliche Regelung erlaube nun, den Fehler wieder gut zu machen: "Das wäre, die Call Option zu ziehen." Er würde sie jedenfalls ziehen: "Die dafür notwendigen Kriterien, sie nicht zu ziehen, wurden nicht erreicht." Er sehe es mit Sorge, wie das Thema nun hochgespielt wird.
Syszem 80/30 als zentrales Thema im Wahlkampf
Das System 80/30 (80 Prozent der Pendler sollen ihren Arbeitsplatz in weniger als 30 Minuten erreichen) ist eines der zentralen Themen im Wahlkampf der NEOS. Wie viel das kosten würde, stehe noch nicht fest, es brauche jedenfalls eine Erhöhung des Budgets für öffentliche Verkehrsmittel. Als ersten Schritt wolle er einmal daran gehen, das Ziel verbindlich zu formulieren, "und dann daran zu arbeiten, wie kann man es erreichen", so der NEOS-Spitzenkandidat.
NEOS zu Erneuerbaren Energien und Bildung
Zum Ausbau der Erneuerbaren Energie drängen die NEOS darauf, Tempo zuzulegen. In dieser Hinsicht hat Juvan eine klare Position: Die Sichtbarkeitsverordnung, dass Windräder nur eingeschränkt sichtbar sein dürfen, sei eine "Verhinderungsverordnung. Man sieht ja das Ergebnis daraus, wir haben ein paar einzelne Windräder. Ich verstehe nicht, warum man diese Verhinderungspolitik über Jahre hinweg betrieben hat." Kärnten sei mutig gewesen, als es um den Ausbau der Wasserkraft gegangen war, nun, bei Windkraft oder Photovoltaik, "hat uns dieser Mut anscheinend verlassen".
Brennendes Thema in Kärnten sei aus NEOS-Sicht vor allem Bildung, so Juvan, der auch Kritik am aktuell von der Regierung als Erfolg gefeierten Kinderstipendium (Förderung für Kinderbetreuung) übte: "Man hat die billigste Bildung geschaffen - ich bin gar nicht strikt dagegen, ein chancengleicher Zugang ist uns ein Anliegen. Aber wir sehen, dass verabsäumt wurde, in die Infrastruktur und insbesondere auch in die Arbeits- und Rahmenbedingungen der Pädagoginnen und Pädagogen zu investieren."
Mehr Allgemeinversorgung gefordert
In Sachen Gesundheit und Pflege schwebt den NEOS ebenfalls eine Qualitätsverbesserung vor: Es gebe aktuell einen Aufschrei von Ärzten, die merken "dass das Wichtigste nicht mehr gegeben ist, nämlich ausreichend Zeit und ordentliche Betreuung für die Patientinnen und Patienten zu haben. Und das im eigentlich teuersten Gesundheitssystem überhaupt." Weitere Initiativen forderte Juvan in Sachen Prävention und bei der Allgemeinversorgung. Mehr Primärversorgungszentren würden dabei helfen, die Krankenhäuser zu entlasten.
Der demografischen Entwicklung in Kärnten - dem Land wird eine schrumpfende Bevölkerungszahl vorhergesagt - wollen die NEOS zuallererst mit Bildung entgegenwirken. An der Schnittstelle von drei verschiedenen Kulturen sollte man auf die Vision hinarbeiten, "unsere Kinder viersprachig zu erziehen", nämlich mit Deutsch, Italienisch, Slowenisch und Englisch als Weltsprache: "Damit hätten sie einen Vorteil im Leben, für den sie auf ewig dankbar sein werden." Junge Familien sollten die besten Bedingungen vorfinden, das schaffe man auch, wenn man Unternehmen die besten Bedingungen biete.
(APA/Red)