Staatsverweigerer während Corona-Pandemie aktiver

Hier wurde ab 2021 ein Anstieg verzeichnet, was seitens der Staatsschützer auch auf die COVID-19-Pandemie zurückgeführt wird. Beleuchtet werden im Bericht auch die rechtsextreme und linksextreme Szene, ebenso die islamistische.
DSN nahm im Dezember 2021 ihre Arbeit auf
Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) hat im Dezember 2021 ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist die Nachfolgerin des von diversen Skandalen geschüttelten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT).
Vermehrt "Staatsverweigerer" in Österreich und Deutschland
Betreffend der Gruppe der "Staatsverweigerer", die zuletzt in Deutschland im Dezember 2022 durch zahlreiche Verhaftungen in der sogenannten "Reichsbürgerszene" und auch mit Durchsuchungen in Österreich für Aufsehen gesorgt hatte, wird im Bericht festgehalten, dass ab dem Jahr 2017 durch zahlreiche polizeiliche sowie justizielle Maßnahmen gegen die Führungspersönlichkeiten und Mitglieder der größten staatsfeindlichen Verbindungen vorgegangen wurde. Genannt werden etwa der sogenannte "Staatenbund Österreich" sowie die beiden Vereinigungen "International Common Law Court of Justice (ICCJV)" und das "Global Common Law Court of Justice (GCCL/GCLC)". In den Folgejahren (nach 2019) konnten "mehrere Aktivistinnen und Aktivisten von österreichischen Gerichten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt werden", schreiben die Verfassungsschützer.
Mittlerweile (Stand 2021, Anm.) hätten "mehrere hundert Personen" wegen staatsfeindlicher Agitationen von österreichischen Gerichten verurteilt werden können beziehungsweise befinden sich in einem Strafverfahren. Die Großzahl der Anzeigen gegen Staatsverweigerinnen und Staatsverweigerer betrafen demnach die Delikte der Nötigung, der Gefährlichen Drohung sowie der Staatsfeindlichen Verbindungen (§§ 105, 107, 246 StGB) sowie Anstiftungen zu Amtsdelikten.
Personen erstellten gefälschte behördliche Dokumente
Bei den größeren staatsfeindlichen Verbindungen wie dem "Staatenbund Österreich" und dem ICCJV kamen noch Betrugsdelikte hinzu: Die betroffenen Personen kreierten eigene Dokumente wie Personal- und Diplomatenausweise, KFZ-Kennzeichen und behördliche Dokumente wie Grundbucheinträge, Gewerbescheine etc., boten diese zum Verkauf an und ließen die Geschädigten im Glauben, diese im Rechtsverkehr verwenden zu können.
Ab dem Jahr 2019 wurde seitens der Verfassungsschutzbehörden - nach den ersten Verurteilungen - ein stetiger Rückgang der Agitationen der Staatsverweigererszene beobachtet. Allerdings wurde in der zweiten Hälfte des Jahres wieder ein leichter Anstieg in der Szene bemerkbar.
Anstieg durch Coronavirus-Pandemie
Der Anstieg der Agitationen ab Beginn des Jahres 2021 sei "mit Sicherheit auch auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen", schreiben die Verfassungsschützer. "Im Zuge der mehrmonatigen großen Proteste im ganzen Bundesgebiet gegen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und der Impfpflicht konnten von den Verfassungsschutzbehörden zahlreiche Argumentationslinien der staatsfeindlichen Verbindungen beobachtet werden." Hierzu werden Verschwörungserzählungen im Bezug zur COVID-19-Pandemie und zur Impfung sowie jene Verschwörungserzählungen gezählt, die von der in den letzten Jahren an Popularität gewinnenden "QAnon-Bewegung" verbreitet werden. Weiters sei festgestellt worden, dass zahlreiche prominente Corona-Maßnahmen-Gegner zuvor in der Staatsverweigererszene aktiv waren.
Im Jahr 2021 selbst wurden zahlreiche Anhänger der staatsfeindlichen Verbindungen angeklagt beziehungsweise verurteilt, darunter auch Führungspersönlichkeiten (insbesondere jener des ICCJV und des GCLC). Der Gründer des GCLC, der deutsche Staatsbürger Carl Peter H., wurde am 23. September 2021 aufgrund eines internationalen Haftbefehles bei einer Anti-Corona Kundgebung in Liechtenstein von den dortigen Behörden festgenommen. Zwischenzeitlich erfolgte die Auslieferung nach Österreich und H. kam in Untersuchungshaft.
Haftstrafen von Führungspersonen haben Szene geschwächt
Die mehrjährigen Haftstrafen und das damit verbundene Fehlen von Führungspersonen habe die Szene geschwächt. Es sei nicht von einer zunehmenden Gewalttätigkeit auszugehen, "sondern vielmehr von neuen Formen der versuchten Behinderung des Verwaltungsapparats". Mit dem erwarteten Abflauen der Corona-Pandemie sei aber ein Bedeutungsverlust der bisherigen Verschwörungserzählungen zu erwarten.
Im Kapitel Rechtsextremismus wird auf die Identitäre Bewegung Österreich (IBÖ) verwiesen und ebenso auf die damals neue rechtsextreme Gruppierung "Die Österreicher - DO5". Letztere wurde laut Verfassungsschutz Ende 2019/Anfang 2020 von zwei IBÖ-Aktivisten gegründet. Laut dem Bericht spielte dabei vermutlich die Überlegung eine wichtige Rolle, "dass die Identitäre Bewegung aufgrund ihrer Strafverfahren und der größtenteils negativen Berichterstattung in den österreichischen Medien keine neuen Aktivistinnen und Aktivisten rekrutieren beziehungsweise Spendengelder lukrieren konnte".
Zum Linksextremismus vermerkt der Bericht, dass seit dem Jahr 2020 Attacken auf Vertreter der IBÖ "beziehungsweise Örtlichkeiten, welche diese benützen, festgestellt werden". "Beispielsweise wurde im März 2020 von fünf männlichen Mitgliedern bzw. weiteren unbekannten Tätern der ANTIFA Wien versucht, eine angemeldete Versammlung am Karlsplatz in Wien von IBÖ/DO5-Aktivisten mit Gewalt zu verhindern. "
Gefahrenpotential beim Islamismus
Beim Islamismus sehen die Verfassungsschützer das größte Gefahrenpotenzial in Europa weiterhin bei radikalisierten Einzeltäterinnen und Einzeltätern sowie bei autonom agierenden Kleinstgruppen. Diese könnten Anschläge "ohne direkten Auftrag oder Anleitung einer terroristischen Organisation" ausführen. "Radikalisierung im islamistischen Bereich ist und bleibt ein fester Bestandteil des Bedrohungsbildes", heißt es im Bericht. Diese finde weiterhin über das Internet statt - in Verbindung mit einem unmittelbaren sozialen Umfeld von zumeist Gleichaltrigen sowie Justizanstalten.
(APA/Red)