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"Falter": Nehammer wollte 2021 Abschiebeflieger chartern

Der "Falter" berichtete am Mittwoch, dass Karl Nehammer 2021 einen Abschiebeflieger chartern wollte.
Der "Falter" berichtete am Mittwoch, dass Karl Nehammer 2021 einen Abschiebeflieger chartern wollte. ©APA/ROLAND SCHLAGER (Symbolbild)
Der "Falter" berichtete am Mittwoch, dass Horst Seehofer dem Bundeskanzler Karl Nehammer 2021 dabei helfen wollte, "aus innenpolitischen Gründen" einen Abschiebeflieger mit Afghanen nach Kabul zu chartern.

Die Aktion sei in letzter Sekunde gestoppt worden, berichteten der "Falter" und andere österreichische und deutsche Medien am Dienstag und Mittwoch.

Hintergrund war Mord an 13-Jähriger in Wien

Hintergrund war demnach der Mord an einer 13-Jährigen in Wien − begangen durch drei Afghanen. Der "Falter", WDR, NDR und "Süddeutsche Zeitung" berufen sich auf vertrauliche Dokumente, Depeschen, E-Mails, Botschaftsberichte und Korrespondenzen der deutschen Bundesregierung. So heißt es laut "Falter" in einem Bericht der deutschen Botschaft in Wien, man habe Anfang August 2021, als Kabul schon längst unter Beschuss der Taliban war, "aus einem ÖVP-geführten Ressort" gehört, "dass an eine demonstrative Abschiebung einer größeren Zahl von Afghanen per Charter Flug gedacht werde, wobei damals eine Provokation des grünen Koalitionspartners wohl bewusst in Kauf genommen werden sollte". Nach dem Mord an der 13-Jährigen Niederösterreicherin habe sich die Regierung in Wien unter enormem Druck gefühlt.

Nehammer wollte Abschiebeflieger chartern

"AUT (Österreich, Anm.) braucht aus innenpolitischen Gründen Abschiebungen", heißt es laut "Falter" in den Akten. Die ÖVP fürchte eine "erstarkende FPÖ", die ihr nur einen "engen politischen Spielraum" lasse, habe die deutsche Botschaft in Wien nach Berlin gemeldet. Aus "innenpolitischen Gründen" wolle Österreich Afghanen abschieben, heißt es auch in einem Artikel der deutschen tagesschau".

Der deutsch-österreichische Abschiebeflug hätte am 3. August 2021 um 21.30 von München starten sollen, heißt es den Berichten zufolge weiters. An Bord waren demnach mehrere Straftäter - verurteilt zum Beispiel wegen gefährlicher Körperverletzung, sexueller Belästigung, Volksverhetzung, Diebstahl mit Waffen, Drogenmissbrauch -, aber nicht ausnahmslos "schwere Straftäter", wie es die afghanische Regierung verlangt habe. Zwei Afghanen aus Wien hätten gefehlt, einer davon R.A., dessen Abschiebung der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gestoppt habe, so der "Falter". Und das Flüchtlingsministerium in Kabul habe sein Veto eingelegt. Kurz darauf fiel Kabul in die Hände der Taliban.

Nehammer nahm Stellungnahme zu Vorwürfen

Nehammer erklärte in einer Stellungnahme auf Anfrage der APA zu den Vorwürfen: "Österreich hat von Beginn an klargestellt, dass Rückführungen nach Afghanistan so lange stattfinden werden, solange es rechtlich möglich ist. Das war kein Geheimnis und ist unzähligen öffentlichen Statements zu entnehmen."

Aus dem Innenministerium hieß es in einer Stellungnahme: "Festgehalten wird, dass Österreich stets betont hat, dass solange Rückführungen nach Afghanistan möglich sind, diese auch durchgeführt werden." Seitens Österreichs sollten mit dem Charterflug alleinstehende Männer nach Afghanistan rücküberstellt werden. "Am Abend vor dem Charter erhielt Deutschland von Afghanistan die überraschende Information, dass seitens Afghanistans nun doch kein gemeinsamer Charter mit Deutschland akzeptiert wird, weshalb Deutschland uns informierte, dass die Beteiligung Österreichs nicht möglich ist."

Tod der 13-Jährigen: Prozess in Wien

Am Wiener Landesgericht ist Anfang Dezember der Prozess rund um den gewaltsamen Tod der 13-Jährigen in einer Wohnung in Wien-Donaustadt mit Schuldsprüchen zu Ende gegangen. Der 24-jährige Hauptangeklagte wurde wegen Mordes und die beiden anderen wegen Mordes durch Unterlassung schuldig gesprochen. Zudem wurden alle drei der Vergewaltigung schuldig erkannt. Alle drei müssen demnach für lange Zeit in Haft. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

Innenminister Gerhard Karner erklärte in einer am Mittwochabend ausgestrahlten Sendung auf Puls 24, es sollte über Afghanistan-Abschiebungen diskutiert werden. Derzeit sei es "noch nicht möglich". Karner verteidigte laut einer Vorausmeldung auf Puls 24 das Vorgehen von 2021. Er verstehe nicht, dass "etwas, das nicht zustande kommt, das nicht passiert ist, der große Skandal wäre", wurde Karner zitiert. Immerhin sei der Flug gestoppt worden. "Wenn es Straftäter gibt, die abgeschoben werden müssen, dann ist der politisch Verantwortliche dafür zuständig, dass das auch durchgeführt wird", verteidigte er seinen Vorgänger als Innenminister und nunmehrigen Bundeskanzler.

Karner will über Abschiebungen diskutieren

Viel lieber würde Karner jetzt darüber diskutieren, wieder nach Afghanistan abzuschieben - er tue das auch mit Ministerkolleginnen und -kollegen. Man müsse aber vor allem darüber nachdenken, was man mit Anhängern der Taliban tue. Ebenso sollte über Abschiebungen nach Syrien nachgedacht werden. Auch das Schengen-Veto gegen Rumänien und Bulgarien verteidigt der Innenminister. Bezüglich der heftigen Kritik seines rumänischen Amtskollegen sagt Karner, er "halte nichts davon, in öffentlichen Briefen zu kommunizieren". Das Veto sei "keine Kritik an Rumänien", "das System" funktioniere aber nicht.

So reagierte FPÖ-Generalsekretär NAbg. Michael Schnedlitz auf Medienberichte, wonach der damalige Innenminister und heutige Kanzler einen Abschiebeflieger im Jahr 2021 "aus politischen Gründen" nach Kabul organisieren wollte, weil er eine "erstarkende FPÖ" fürchtete, die der ÖVP nur einen "engen politischen Spielraum" lasse.

Kritik kam von der FPÖ

Die FPÖ ließ am Mittwoch per Aussendung wissen, es sei bestürzend zu sehen, wie sehr die Politik der ÖVP einzig und allein darauf ausgerichtet sei, um in der Öffentlichkeit gut dazustehen. "Getürkte Umfragen, Message-Control - und, wie jetzt bekannt wurde, Show-Abschiebungen nur aus Angst vor der FPÖ. Das ist ein Armutszeugnis, was die ÖVP in diesem Land aufführt", so FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.

Die "neue Völkerwanderung" in Österreich zeige, dass die ÖVP es ohnehin nicht schaffe, eine strenge Asylpolitik zu betreiben. Durch die nun bekannt gewordenen Medienberichte sei aber auch belegt, dass dies gar kein Anliegen für die ÖVP sei. Schnedlitz: "Im Gegensatz zur ÖVP stehen wir Freiheitliche an der Seite der heimischen Bevölkerung und setzen uns konsequent für deren Schutz und Sicherheit ein. Deshalb ist unser Ziel ein Ende der illegalen Migration."

(APA/Red)

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