Kernland der ÖVP bei NÖ-Wahl auf dem Prüfstand

Nicht nur, dass sie die größte Mitgliederzahl aller Landesorganisationen aufweist und regelmäßig einen erklecklichen Stimmenanteil bei Nationalratswahlen liefert, stellt die Landespartei das Personal für etliche Spitzenfunktionen in Staat und Partei. Dementsprechend heikel ist der Urnengang bei der NÖ-Wahl aus Parteisicht.
NÖ-Landespartei redet in Personalfragen mit
Seit Gründung der Volkspartei hat die niederösterreichische Landespartei in Personalfragen ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Bekanntermaßen waren bereits Bundeskanzler Leopold Figl wie auch sein Nachfolger Julius Raab Niederösterreicher. Was die Obmänner anbelangt, entsprangen (Karl Nehammer eingerechnet - der zwar aus Wien stammt, aber in der niederösterreichischen VP sozialisiert wurde) sieben der mittlerweile 18 aus der Landesorganisation. Und auf das Innenministerium hat die Landespartei - so scheint es - ohnedies eine Erbpacht, zumindest wenn man die jüngere Vergangenheit betrachtet. Mit Johanna Mikl-Leitner, dem nunmehrigen Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka, Nehammer und Gerhard Karner kamen in den vergangenen zehn Jahren vier Innenminister aus dem Stall der niederösterreichischen Volkspartei.
Vier schwarze Niederösterreicher in politischen Spitzenfunktionen
Aktuell sind mit Nehammer, Sobotka, Karner und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner überhaupt gleich vier schwarze Niederösterreicher in politischen Spitzenfunktionen. Aber auch in der Bundespartei tummeln sich mit Generalsekretär Christian Stocker, U-Ausschuss-Fraktionsführer Andreas Hanger oder Kommunikationschef Gerald Fleischmann (der Burgenländer hatte seine Karriere in der Kommunikationsabteilung der VP-Niederösterreich begonnen) etliche Vertreter aus dem flächenmäßig größten Bundesland an wichtigen Schaltstellen. Dass mit Fleischmann, gegen den in der Umfragen-Affäre ermittelt wird, ein Vertrauter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz wieder das Steuer über die Kommunikation der Bundespartei in Händen hält, ist selbst parteiintern nicht unumstritten. Und last but not least übt mit Alexander Pröll, der mit Stocker die Geschäfte der Volkspartei führt, nach Erwin und Josef die dritte Generation aus der Familie Pröll eine zentrale Funktion in der Partei aus.
NÖ-Wahl: Kernland der ÖVP auf dem Prüfstand
Aber nicht nur als Personalreserve, sondern auch als gut geölte Wahlkampfmaschine ist die Landesorganisation bekannt. Nicht zuletzt wegen ihrer großen Mitgliederzahl verfügt sie über die dafür nötige finanzielle Wahlkampfmunition - ohne sie würden auch bei Bundeswahlkämpfen die erforderlichen Mittel fehlen, was ihre Machtposition den anderen schwarzen Landesorganisationen gegenüber unterstreicht. Zuletzt hat sich die Landespartei jedoch um Distanzierung zur derzeit in Umfragen nicht gerade wohl gelittenen Mannschaft im Bund bemüht. Der Zuspruch für die ÖVP wie für die türkis-grüne Koalition insgesamt ist beileibe nicht berauschend. Die Bundespartei rangiert aktuell in Umfragen hinter SPÖ und FPÖ.
Daher ist die Landespartei derzeit (mehr oder weniger offensichtlich) um Abgrenzung bemüht. Etwa tritt man bei der Landtagswahl am 29. Jänner als "LH Johanna Mikl-Leitner - VP Niederösterreich" an, wie die Tiroler VP im September vorexerziert hat. Zuvor ventilierte Spekulationen um einen möglichen offiziellen Antritt mit dem Zusatz "Die Niederösterreich Partei" haben sich dann letztlich nicht bewahrheitet. Ob die Distanzierung zur Bundespartei trotz der personellen Verflechtungen funktionieren wird, bleibt abzuwarten.
Türkiser Bonus wurde zu türkisem Malus
Fest steht jedenfalls, dass die bei der Landtagswahl im Jänner 2018 damals noch mit türkisem Rückenwind aus dem Bund erreichten 49,6 Prozent der Stimmen und die absolute Mandatsmehrheit in weiter Ferne liegen. Denn aus dem türkisen Bonus ist mittlerweile ein türkiser Malus geworden. Zwischenzeitlich lancierte Gerüchte, die niederösterreichische ÖVP dränge Kurz dazu, seine Parteimitgliedschaft ruhend zu stellen, zeugen von Nervosität. Da aber viele in der Wählerschaft der ÖVP die Rolle, die der Ex-Kanzler gespielt hat, differenziert sehen, könnte ein derartiger Schuss nach hinten losgehen. Ebenso könnte es sich mit dem Abnabelungsversuch der niederösterreichischen Landes- von der Bundespartei verhalten.
(APA/Red)