StVO-Novelle fixiert: Neue Regeln für Radler und Passanten

Zukünftig soll beim Radverkehr unter anderem Rechtsabbiegen bei Rot oder Nebeneinanderfahren möglich sein, fußgängerfreundlichere Ampelschaltungen und neue Regeln an Öffi-Haltestellen sind weitere Neuerungen. Doch zwei Maßnahmen, darunter das generelle Radfahren gegen die Einbahn, scheiterten am Widerstands der Stadt Wien.
Begutachtungsentwurf der StVO-Novelle nicht umgesetzt
Inkrafttreten sollen die Änderungen am 1. Oktober. Die Begutachtungsfrist endete am 1. Juni, mehr als 110 teils kritische Stellungnahmen waren eingegangen. Zwei wesentliche Maßnahmen wurden nun aufgrund des Widerstands der Stadt Wien aus der Novelle gestrichen.
Nicht umgesetzt wird allerdings eine im Begutachtungsentwurf noch vorgesehene Neuregelung, die das Befahren einer Einbahnstraße mit einem Fahrrad gegen die Einbahnstraße deutlich erleichtert hätte. Die nun gefallene Regelung hätte vorgesehen, dass die jeweilige Behörde die Einbahnen verpflichtend für den Radverkehr öffnen und beschildern müssten, wenn diese ohne Parkplätze mindestens vier Meter breit sind und maximal Tempo 30 gilt.
Ebenfalls weggefallen ist der Plan, dass der Halteverbotsbereich rund um Kreuzungen von fünf auf acht Meter ausgeweitet wird ("Acht-Meter-Schnittpunkt-Regelung").
Weitere Novellen müssen folgen
Dass die Umsetzung der für die Verkehrssicherheit von Kindern so wichtige Ausweitung des Halte- und Parkverbots vor Schutzwegen verhindert wurde, ist für die Mobilitätsorganisation VCÖ unverständlich, kritisierte der Club in einer Aussendung. Der VCÖ sieht in der 33. Novelle "lediglich einen ersten Schritt" zur Verbesserung des Rad- und Fußgängerverkehrs, "dem weitere folgen müssen".
Gewessler bezeichnet Paket als "sehr wichtiges Thema"
Gegen beide Punkte hat sich die Stadt Wien gewendet, wie Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Pressefoyer nach der Regierungssitzung bestätigte. Die Stadt Wien habe den sogenannten "Konsultationsmechanismus" genutzt, "um Einwände gegen zwei Maßnahmen zu formulieren", sagte sie. Da dieser Mechanismus die gesamte Novelle aufhalten könnte, habe sie sich "schweren Herzens" dazu entschlossen, die Novelle in der nun vorliegenden Form einzubringen.
Das Paket bezeichnete sie insgesamt als "sehr wichtiges Thema". Große Teile der StVO würden aus den 1960er-Jahren stammen, es sei wichtig, dem geänderten Mobilitätsverhalten, - insbesondere der Radfahrer, aber auch der Fußgänger - Rechnung zu tragen.
"Schrägpark-Verbot" in abgeschwächter Form
Und auch das im Entwurf noch vorgesehene "Schrägpark-Verbot" kommt nun nur in deutlich abgeschwächter Form. Künftig soll auch weiterhin ein Hineinragen des Fahrzeuges auf den Gehsteig im geringfügigen Ausmaß möglich sein - abhängig von der Gesamtbreite des betroffenen Gehsteigs.
Neu ist mit der Novelle, dass Fahrradfahrer bei Rot rechts abbiegen bzw. bei T-Kreuzungen geradeaus fahren dürfen, sofern eine entsprechende Zusatztafel angebracht ist. In jedem Fall muss man dabei vor der Weiterfahrt kurz anhalten.
Nebeneinanderfahren von Radlern im gemischten Verkehr
Ebenfalls möglich sein wird künftig das Nebeneinanderfahren von Fahrradfahrern im gemischten Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen: So wird das Nebeneinanderfahren neben einem Kind gestattet; in 30 km/h-Zonen dürfen dies alle Radfahrer, sofern es sich nicht um eine Vorrangs- oder Schienenstraße handelt und der Verkehrsfluss nicht behindert wird. Bisher war das Nebeneinanderfahren für Radfahrer laut StVO nur auf Radwegen, in Fahrradstraßen, in Wohnstraßen und in Begegnungszonen erlaubt. Auf sonstigen Straßen mit öffentlichem Verkehr durfte bisher nur bei Trainingsfahrten mit Rennfahrrädern nebeneinander gefahren werden.
Mindestabstand beim Überholen eines Radlers
Festgelegt wird mit der Novelle auch ein "Mindestabstand beim Überholen eines Radfahrers": Außerhalb des Ortsgebietes sind dann mindestens zwei Meter Abstand notwendig, innerorts reichen 1,5 Meter. Fährt man weniger als 30 km/h, kann der Seitenabstand reduziert werden.
Passanten-Sicherheit soll mit StVO-Novelle erhöht werden
Auch die Fußgänger-Sicherheit soll mit der Novelle erhöht werden: Im Haltestellenbereich müssen Fahrzeuge rechts von diesen Öffentlichen Verkehrsmitteln ausnahmslos stehenbleiben, solange Fahrgäste ein- und aussteigen. Kommen werden auch fußgängerfreundlichere Ampelschaltungen mit schnelleren und längeren Grünphasen sowie ein Hinderungs- und Gefährdungsverbot auf Gehsteigen.
Fußgänger haben am Gehsteig immer Vorrang
Neu geregelt und klargestellt wird zudem, dass Fußgänger am Gehsteig immer Vorrang haben: "Bei Ein- und Ausfahrten von Garagen oder Parkplätzen dürfen sich Autofahrerinnen und Autofahrer nicht mehr vordrängeln. Dabei kam es immer wieder zu Gefahrensituationen für Fußgängerinnen und Fußgänger und ganz besonders für Kinder", sagte der Verkehrssprecher der Grünen, Hermann Weratschnig. Klargestellt wird mit der Novelle ebenso, dass Gehsteige oder Gehwege nur benützt werden müssen, wenn das zumutbar ist, also ohne Stolperfallen, Schmutz oder Glatteis.
Wer eine Straße überquert, soll auch weiterhin den Schutzweg benützen. Die Schutzweg-Benützungspflicht wiederum fällt. Diese hat bisher besagt, dass der Zebrastreifen zwingend verwendet werden muss, wenn einer im Umkreis von 25 Metern vorhanden ist. Ausgenommen sind Kreuzungen, die durch eine Ampel geregelt sind. Wenn es die Verkehrslage zweifellos zulässt und der Fahrzeugverkehr nicht behindert wird, muss künftig kein Umweg mehr über den Schutzweg gemacht werden.
Einrichtung von Schulstraßen
Auch wird den Behörden die Einrichtung von "Schulstraßen" in der unmittelbaren Umgebung von Schulgebäuden via Verordnung ermöglicht. In Schulstraßen ist das Gehen auf der Fahrbahn gestattet, der Fahrzeugverkehr verboten. Ausgenommen vom Fahrverbot sind laut Entwurf der Fahrradverkehr, Krankentransporte und Schülertransporte. Erlaubt ist die Befahrung u.a. auch mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Müllabfuhr, des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Feuerwehr; auch Öffis und Anrainerverkehr sind gestattet.
Grünflächen sollen von Salzstreuung ausgenommen werden
Auch eine bisher eher unbeachtete Stelle wurde in der Novelle nun berücksichtigt: Der Winterdienst muss künftig dafür sorgen, dass Baumscheiben und Grünflächen von der Salzstreuung ausgenommen werden, damit die Bäume nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
"In Summe haben wir jetzt ein sehr gutes und rundes Paket, mit dem wir das Miteinander aller Verkehrsteilnehmer in den Vordergrund stellen und damit einen großen Beitrag zur allgemeinen Verkehrssicherheit leisten", bilanzierte ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger in einer Aussendung.
Im Herbst soll dritter Teil des Maßnahmenpakets folgen
Im Herbst soll dann der dritte Teil des umfangreichen Straßenverkehr-Maßnahmenpakets folgen, der unter anderem auch die Beschlagnahmung von Raser-Fahrzeugen vorsieht. Das Verkehrsministerium plant, dass dieser Gesetzesentwurf Ende September in Begutachtung gehen wird.
(APA/Red)