AA

1.061 Fälle von antimuslimischen Rassismus 2021 in Österreich

Integrationssprecherin Faika El-Nagashi zeigt sich besorgt über die antimuslimischen Rassismus-Vorfälle
Integrationssprecherin Faika El-Nagashi zeigt sich besorgt über die antimuslimischen Rassismus-Vorfälle ©APA/ROBERT JAEGER (Symbolbild)
Die Dokustelle Österreich dokumentierte 1.061 Fälle von antimuslimischen Rassismus im Jahr 2021, die meisten davon in Wien. Aufgrund der Corona-Pandemie verlagerten sich die Übergriffe ins Internet.

Bei rund drei Viertel der Fälle war der Täter männlich, knapp 70 Prozent der Opfer weiblich. Für 31 Prozent der gemeldeten Fälle waren Politikerinnen und Politikern verantwortlich. "In den letzten Jahren spitzte sich die Situation besonders zu", so Ümmü Selime Türe, Vorstandsmitglied der Dokustelle Österreich.

Dokustelle Österreich präsentierte antimuslimischen Rassismus Report

Die Dokumentations- und Beratungsstelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus (Dokustelle Österreich) besteht seit 2014 und ist eine zivilgesellschaftliche Anlaufstelle mit dem selbsterklärten Ziel antimuslimischen Rassismus sichtbar zu machen und Betroffene zu unterstützen. Jährlich präsentiert sie den antimuslimischen Rassismus Report.

Betroffene melden antimuslimischen Rassismus immer seltener

"Die anhaltende Pandemie in Österreich sorgte dafür, dass Personen, die ohnehin schon marginalisiert werden, stärker von rassistischen Strukturen betroffen sind. Erschwerte Arbeitsbedingungen gekoppelt mit Unterbezahlung systemrelevanter Berufe haben viele Personen in ökonomische Notlagen getrieben", kritisierte Rumeysa Dür-Kwieder, Vorstandsmitglied der Dokustelle Österreich. Eine restriktive Politik gegenüber Muslimen und Musliminnen gepaart mit Alltagsrassismus würde dazu beitragen, dass Betroffene Personen Übergriffe immer seltener melden würden.

Zusammenhang zwischen politischen Ereignissen und deren Anstifung zu verbaler Gewalt

Die Dokustelle erkennt in ihrem Bericht einen Zusammenhang von politischen Ereignissen und deren Anstiftung zu verbaler Gewalt im Internet. So wurden die meisten Fälle im Mai (150) und Juni (177) begangen, kurz nach der Veröffentlichung der "Islamlandkarte" durch die Dokumentationsstelle Politischer Islam und der Ermordung eines 13-jährigen Mädchens. Beide Fälle hatten eine "Flut an Hasskommentaren" zur Folge, so Ümmü Selime Türe.

Viele Fälle von Rassismus verlagern sich in den digitalen Raum

Im Vergleich zu 1402 Fällen im Jahr 2020 ist die Zahl leicht zurückgegangen. Das sei aber vor allem auf die Pandemie und Kontaktbeschränkungen zurückzuführen, heißt es in dem Report. Allerdings verlagerten sich viele Fälle in den digitalen Raum. 65,4 Prozent wurden online getätigt, 34,6 offline. Die Dunkelziffer sei aber mit Sicherheit höher. Gerade auf Tik-Tok oder Telegram sei das Monitoring schwierig.

Die meisten Fälle von
antimuslimischen Rassismus werden in Wien gemeldet

Der Bericht zeigte außerdem, dass die meisten Fälle in Wien gemeldet wurden. Das liege jedoch daran, dass hier das Betreuungs- und Informationsangebot besser als in den Bundesländern sei, und Opfer von islamfeindlicher Gewalt diese hier eher melden würden, sagte Rumeysa Dür-Kwieder.

Gruppe der Täter wurde diversifiziert

Erstmals wurde in dem Bericht des Jahres 2021 die Gruppe der Täterinnen und Täter diversifiziert. Knapp 31 Prozent der verzeichneten Fälle wurden von Politikern und Politikerinnen während politischer Amtshandlungen getätigt. Darunter Aussagen zu den "Silvester Krawallen in Wien-Favoriten", sowie Aussagen von Funktionären und Funktionären der FPÖ, wonach ein Zusammenhang zwischen Ramadan und dem Anstieg an Corona-Infektionen bestehe. Diese würden nachweislich zu vermehrten Fallzahlen von antimuslimischen Rassismus führen.
"Damit wir antimuslimischem Rassismus entgegenwirken können, müssen wir damit beginnen auch Personen in ihrer politischen Funktion zur Verantwortung zu ziehen. Die Immunität von politischen Funktionär*innen bei rassistischen Aussagen in ihrer Berufsausübung muss aufgehoben werden," fordert Ümmü Selime Türe.

Forderung der Umsetzung eines Aktionsplans gegen Rassismus

Die Dokustelle fordert außerdem die Umsetzung eines Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus, bessere Unterstützung für NGOs und die Einrichtung von unabhängigen Kontrollinstanzen für Exekutive und Sicherheitsdienste. Das wichtigste sei jedoch, das Phänomen antimuslimischer Rassismus als gesamtgesellschaftliches Problem anzuerkennen.

Integrationssprecherin Faika El-Nagashi zeigt sich besorgt über die Rassismus-Vorfälle

Faika El-Nagashi, die Integrationssprecherin der Grünen, zeigte sich besorgt über die im Report dokumentierten Vorfälle: "Leider ist davon auszugehen, dass der Bericht nur die Spitze des Eisbergs abbildet und die Dunkelziffer an rassistischen Vorfällen noch weit höher ist". Sie kündigte Unterstützung für die Arbeit der Dokustelle an: "Angesichts des deutlichen Bedarfs freue ich mich, dass das Bundesministerium für Soziales beabsichtigt, die Arbeit der Dokustelle Islamfeindlichkeit & antimuslimischer Rassismus zu fördern. Damit findet eine wichtige Anerkennung der bisher ehrenamtlich durchgeführten Tätigkeit des engagierten Teams statt und eine Absicherung des präventiven Aspekts, den Antirassismus-Arbeit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt leistet". Die Dokustelle kritisiert, dass sie derzeit den Großteil ihrer Arbeit ehrenamtlich leisten muss.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • 1.061 Fälle von antimuslimischen Rassismus 2021 in Österreich
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen