Die Ministerwechsel der türkis-grünen Koalition im Detail

Ganz neu aufgestellt hat Kanzler Karl Nehammer das ÖVP-Team aber nicht: Vier aus der zwölfköpfigen Kurz-Riege sind in ihrer Position geblieben und zwei machten Karrieresprünge. Neu geholt hat sich Nehammer drei Minister und drei Staatssekretäre.
Nehammers Regierungs-Team ist zu einem großen Teil neu
Ausgeschieden sind seit dem Rücktritt von Kurz im Oktober 2021 - angesichts der damals bekannt gewordenen Korruptionsermittlungen in der Inseratenaffäre - schon im Dezember Gernot Blümel und Heinz Faßmann, jetzt auch Margarete Schramböck sowie Elisabeth Köstinger. Schon im Jänner 2021 hatte nach Plagiatsvorwürfen Christine Aschbacher gehen müssen.
Nur drei Minister üben seit der Angelobung der Regierung 2020 aus
Drei Ministerinnen üben nach wie vor die Ämter aus, für die sie mit der damals neuen türkis-grünen Regierung am 7. Jänner 2020 angelobt wurden: Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und die beiden Kanzleramtsministerinnen Karoline Edtstadler (Europa, Verfassung) sowie Susanne Raab. Raabs Kompetenzen - Integration und Frauen - wurden schon unter Kurz um Familie und Jugend (jetzt Staatssekretärin Claudia Plakolm) erweitert. Ins Außenministerium zurückkehren durfte mit Nehammers Einzug am Ballhausplatz der Interims-Kanzler Alexander Schallenberg.
Neues Regierungs-Team um Nehammer seit 6. Dezember 2021
Neu ins Team geholt hat sich Nehammer gleich damals (am 6. Dezember 2021) den Niederösterreicher Gerhard Karner - als seinen Nachfolger im Innenministerium. Bildungsminister Faßmann ersetzte er durch den steirischen Uni-Rektor Martin Polaschek. JVP-Chefin Claudia Plakolm holte er als Staatssekretärin für Jugend ins Team - und ihre Agenden werden jetzt um Zivildienst und Ehrenamt (bisher Köstinger) sowie Lehre (bisher Schramböck) ausgebaut. Einen Karrieresprung machte Umwelt-Staatssekretär Magnus Brunner: Er wurde Finanzminister anstelle Blümels.
Rücktritt von Köstinger und Schramböck 2022
Mit den Rücktritten von Köstinger und Schramböck baut Nehammer jetzt nicht nur im Team, sondern auch im Gefüge um: Für die Landwirtschaftsagenden holt er den Bauernbunddirektor Norbert Totschnig, einen Tiroler, als neuen Minister. Den Tourismus übersiedelt er ins Arbeitsministerium, wo er als neue Staatssekretärin die bisherige Obfrau des Fachverbandes Hotellerie, Susanne Kraus-Winkler, installiert. Stark aufgewertet wird das Arbeitsministerium, für das Kurz schon im Jänner 2021 den parteifreien damaligen IHS-Chef holte: Martin Kocher bekommt die Wirtschaftsagenden dazu. Nur Digitalisierung und Telekommunikation (bisher Schramböck) wandern zur Finanz, wo als zweiter neuer Staatssekretär der Tiroler Florian Tursky dafür zuständig wird.
Umbildung des ÖVP-Regierungsteams war absehbar
Von einer Umbildung des ÖVP-Regierungsteams war immer wieder die Rede gewesen, dass die Tourismus-Ministerin und Kurz-Vertraute Elisabeth Köstinger und die glücklose Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck aber ausgerechnet in der Woche des Parteitags von sich aus das Handtuch werfen, war so auch nicht erwartet worden. Nehammer will sich am Samstag in Graz breit unterstützt zum Parteiobmann wählen lassen, Unruhe innerhalb der Partei kommt deshalb zur Unzeit.
Angelobung der neuen Minister Mittwochfrüh
Für die Kompetenzverschiebungen ist aber noch eine Änderung des Bundesministeriengesetzes notwendig - also die Zustimmung des Grünen Regierungspartners. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zeigte sich in einem schriftlichen Statement "froh, dass die Entscheidungen von der ÖVP rasch getroffen wurden und wir jetzt zügig weiterarbeiten können". Auch der Bundespräsident muss den Neuen noch seinen Segen geben. Dienstagnachmittag waren sie laut Nehammer bei Alexander Van der Bellen in der Hofburg zu Gesprächen eingeladen. Schon Mittwochfrüh erfolgt die Angelobung.
Mehrfache Ministerwechsel auch bei den Grünen
Auch beim kleinen Regierungspartner, den Grünen, gab es im fünfköpfigen Team mehrfache Wechsel - die aber fast nur im Gesundheitsministerium: Dort sitzt mit Johannes Rauch der mittlerweile dritte Minister nach Rudolf Anschober und Wolfgang Mückstein. Daneben gab es nur einen anderen Austausch - jenen von Andrea Mayer statt Ulrike Lunacek im Kultur-Staatssekretariat.
Nur 7 von 17 Mitgliedern der türkis-grünen Regierung seit 2020 im Amt
Insgesamt finden sich aktuell nur noch sieben (inklusive Schallenberg) der 17 türkis-grünen Regierungsmitglieder in dem Amt, mit dem sie nach der Wahl 2019 und der Regierungsbildung im Jänner 2020 betraut wurden. Drei ÖVP-Regierungsmitglieder (einer zweimal) haben die Posten gewechselt - und Nehammer ist nach Kurz und Schallenberg schon der dritte Bundeskanzler.
Wechsel der Mitglieder im türkis-grünen Regierungs-Team:
ÖVP (Kanzler, 10 Minister, 1 Staatssekretär):
- Bundeskanzler: Sebastian Kurz (bis 11.10.2021) - Alexander Schallenberg (bis 6.12.2021) - Karl Nehammer
- Kanzleramtsministerin für Integration und Frauen: Susanne Raab (ab 1.2.2021 auch Familie und Jugend)
- Staatssekretärin für Jugend: Claudia Plakolm (ab Dezember 2021) (ab Mai 2022 auch Zivildienst, Ehrenamt, Lehre)
- Kanzleramtsministerin für Europafragen und Verfassung: Karoline Edtstadler
- Finanzen: Gernot Blümel (bis 6.12.2021) - Magnus Brunner
- Staatssektär für Digitalisierung (ab Mai 2022) - Florian Tursky
- Inneres: Karl Nehammer (bis 6.12.2021) - Gerhard Karner
- Verteidigung: Klaudia Tanner
- Äußeres: Alexander Schallenberg (bis 11.10.2021) - Michael Linhart (bis 6.12.2021) - Alexander Schallenberg
- Wirtschaft und Digitalisierung: Margarete Schramböck (bis Mai 2022) - Ministerium aufgelöst
- Arbeit, Familie und Jugend: Christine Aschbacher (bis 11.1.2021) - Martin Kocher
- Arbeit (ab 1.2.2021) und Arbeit, Wirtschaft, Tourismus (ab Mai 2022) - Martin Kocher
- Staatssekretärin für Tourismus (ab Mai 2022) - Susanne Kraus-Winkler
- Landwirtschaft und Tourismus: Elisabeth Köstinger (bis Mai 2022), Norbert Totschnig (nur Landwirtschaft)
- Bildung und Universitäten: Heinz Faßmann (bis 6.12.2021) - Martin Polaschek
- Staatssekretär Umwelt: Magnus Brunner (bis 6.12.2021)
GRÜNE (4 Minister, 1 Staatssekretär):
- Vizekanzler und Minister für Sport, öffentlichen Dienst, Kultur: Werner Kogler
- Umwelt, Infrastruktur, Verkehr: Leonore Gewessler
- Soziales, Gesundheit, Konsumentenschutz: Rudolf Anschober (bis 19.4.2021) - Wolfgang Mückstein (bis März 2022)
- Justiz: Alma Zadic
- Staatssekretärin für Kunst und Kultur: Ulrike Lunacek (bis 20.5.2020) - Andrea Mayer
(APA/Red)