Selenskyj beklagt lange Wartezeit bei Waffenlieferungen

Sein Land müsse immer noch um Ausrüstung bitten und höre als Antwort stets, dass es auf Kampfjets, Raketenabwehr- und Schiffsabwehrwaffen warten müsse, sagte Selenskyj am Freitag bei einer Videoansprache vor dem finnischen Parlament in Helsinki.
Selenskyj beklagt lange Wartezeiten auf Waffenlieferungen
"Sie sagen uns, dass wir warten müssen in der Situation, in der wir wegen der russischen Angriffe täglich Hunderte von Menschen verlieren, in der Dutzende unserer Städte zerstört worden sind." Finnland sei dagegen schnell dabei gewesen, seinem Land Verteidigungsausrüstung bereitzustellen.
Wenn Länder für ihre Freiheit kämpften, bräuchten sie Hilfe, betonte Selenskyj. Kleinere Länder verstünden dies besser als größere. Man müsse große Staaten von der Notwendigkeit von Sanktionen überzeugen, die von Russland nicht umgangen werden könnten. "Wir müssen alle wirtschaftlichen Beziehungen zu diesem Land abbrechen."
Warnung vor russischem Einmarsch in Finnland
Das Blutvergießen, das man in Butscha gesehen habe, gehe auch in anderen ukrainischen Städten wie Mariupol vor sich, sagte Selenskyj. Sollte das russische Militär die Anweisung erhalten, auch in Finnland einzumarschieren, dann würde es dies tun. Er erinnerte dabei daran, mit welchem Mut Finnland im Winterkrieg 1939 der Sowjetunion getrotzt habe. "In Ihrer Geschichte haben Sie eine Invasion Russlands in Ihrem Land erlebt, und diese Bedrohung ist noch immer da." Der Krieg in der Ukraine sei nicht nur für die Zukunft seines Landes entscheidend, sondern für all diejenigen, die eine gemeinsame Grenze mit Russland haben.
Auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hörte während eines eintägigen Finnland-Besuches bei Selenskyjs Ansprache zu. Auf einer Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö hatte er zuvor gesagt: "Wir beide haben großen Respekt vor dem tapferen Kampf der Ukraine, angeführt von einem mutigen Präsidenten."
Selenskyj hatte in den vergangenen Wochen bereits Videoansprachen vor den Parlamenten in Schweden, Dänemark und Norwegen gehalten. In Finnland hat der russische Angriffskrieg auf Selenskyjs Land zu einer umfassenden Debatte über einen möglichen Beitritt zur NATO geführt. Finnland, das die mit Abstand längste Grenze aller EU-Länder zu Russland hat, ist kein NATO-Mitglied, wie das benachbarte Schweden aber enger Partner des Bündnisses.
NATO-Chef: Können Kiew auf Jahre mit Waffen beliefern
Die NATO-Staaten sind bereit, die Ukraine auf Jahre hinaus für den Kampf gegen Russland mit Waffen zu beliefern. Das bekräftigte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag in einem Interview mit dem britischen Radiosender BBC 4. Er könne nicht auf einzelne Waffensysteme eingehen, sagte Stoltenberg, aber die Effekte der bereits in die Ukraine gelangten Waffen sei jeden Tag zu beobachten.
"Wir sehen all das zerstörte russische Kriegsgerät und wir sehen, dass die Ukraine die Fähigkeit hat, russische Raketen und Flugzeuge abzuschießen", so der Generalsekretär des westlichen Verteidigungsbündnisses und fügte hinzu: "Die Alliierten sind bereit, mehr und auch modernere und schwerere Waffen zu liefern."
Nachdem die Lieferung schwerer Waffen aus Sorge vor einer Eskalation des Konflikts bisher nicht zur Debatte stand, hatten die NATO-Außenminister bei ihrem am Mittwoch in Brüssel einen Kurswechsel eingeläutet.
(APA/Red)