Wahl in Frankreich: Macron gegen Le Pen
Während der amtierende Präsident am Donnerstag in einer Umfrage von Ipsos-Sopra Steria leicht auf 26,5 Prozent fiel, legte die Rechte Le Pen auf 23 Prozent zu. Auf Rang drei liegt der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon mit 16,5 Prozent.
Den gleichen Trend wies am Donnerstag eine Ifop-Umfrage aus, die Macron ebenfalls mit leichten Verlusten bei 26,5 Prozent und Le Pen mit Zugewinnen bei 24 Prozent sah. Mélenchon blieb in dieser Umfrage stabil bei 17,5 Prozent.
Rechtsextremer liegt bei 8,5 Prozent
Abgeschlagen folgen in beiden Umfragen die Bewerber der klassischen Volksparteien, die bürgerlich-rechte Republikanerin Valérie Pécresse mit 8,5 bis 9 Prozent und die Sozialistin Anne Hidalgo mit jeweils zwei Prozent. Den Rechtsextremen Éric Zemmour, der zu Beginn des Wahlkampfs einen Höhenflug erlebte, sehen beide Umfragen nur noch bei 8,5 Prozent.
Nervosität im Macron-Lager
Zu den aktuellen Entwicklungen im französischen Präsidentschaftswahlkampf hat die französische Tageszeitung "Libération" geschrieben: "Eine gewisse Nervosität macht sich im Lager des (französischen) Präsidenten breit. Im Gegensatz dazu surft die Hauptgegnerin Emmanuel Macrons, Marine Le Pen, auf einer Welle der Dynamik, die es mehr als je auferlegt, vor der Gefahr der extremen Rechten zu warnen. Auch wenn Emmanuel Macron der Favorit bleibt, hat er es seit seinem Eintritt in den Wahlkampf nicht geschafft, eine Dynamik zu kreieren, die ihn vor aller Schnelllebigkeit schützt. (...) Insgesamt hat Emmanuel Macron nicht viel auf den Tisch gelegt, das für Gesprächsstoff sorgt. Er hat vergessen, dass eine Wahl nicht durch die Bilanz (seiner Amtszeit) gewonnen wird."
Le Pen: "Franzosen sind die Herren"
Die rechte französische Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen hat für den Fall ihrer Wahl eine an den Interessen Frankreichs und der Franzosen ausgerichtete Politik angekündigt. Sie wolle das Volk und seinen Willen ins Zentrum ihrer Politik rücken, sagte Le Pen bei ihrem letzten Auftritt vor dem ersten Wahlgang am Sonntag. Brüssel und Berlin sollten weniger Macht in Frankreich ausüben. Franzosen sollten auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt Vorrang vor Ausländern erhalten. "Die Franzosen sind die Herren bei sich", sagte Le Pen und stellte eine restriktive Migrationspolitik und das Abschieben straffällig gewordener Ausländer in Aussicht.
Stichwahl am 24. April 2022
Macron und Le Pen sind in einer guten Position, die Stichwahl am 24. April 2022 zu bestreiten. Das wäre dann eine Wiederholung der Wahl von 2017, die Macron am Ende mühelos gewann. (VOL.AT, APA, dpa)
Wer tritt für was ein?
EMMANUEL MACRON, 44, Partei La République En Marche! (Die Republik in Bewegung!)
Ukraine: Macron war an vorderster Front in internationale Gespräche zur Unterstützung der Ukraine und Verhängung von Sanktionen gegen Russland involviert. Er will weiter in das französischen Militär investieren und tritt für eine "bedeutende" Stärkung der Fähigkeiten und Zusammenarbeit europäischer Streitkräfte ein.
Wirtschaft: Macron verspricht "Vollbeschäftigung", will die Mindestrente erhöhen und zur Finanzierung das Rentenalter stufenweise von 62 auf 65 Jahre anheben.
Energie: Der Präsident hat den Bau sechs neuer Atomkraftwerke in Aussicht gestellt. Auch will er die Entwicklung der Solarenergie und die Errichtung von Windfarmen im Meer vorantreiben.
Immigration: Macron tritt für die Stärkung der Außengrenzen des grenzkontrollfreien Schengenraumes ein. Außerdem will er eine schnelle Eingreiftruppe schaffen, die die Grenzen der EU-Staaten im Fall einer Zunahme der Migrationsbewegungen schützen soll. Anträge auf Asyl und Aufenthaltsgenehmigungen sollen beschleunigt abgewickelt und jene, die sich nicht qualifizieren, abgeschoben werden.
MARINE LE PEN, 53, weit rechts, Partei Rassemblement National (Nationale Ansammlung)
Ukraine: Le Pen hat Verbindungen mit Russland kultiviert, 2014 ein Darlehen von neun Millionen Euro von einer russischen Bank erhalten und 2017 Wladimir Putin getroffen. Sie hat eingeräumt, dass die Ukraine-Invasion ihre Ansicht über Putin "teilweise" geändert habe und sein Vorgehen als "falsch" bezeichnet. Weiter äußerte sie Unterstützung für das ukrainische Volk und die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge.
Immigration: Le Pen will Programme zur Familienzusammenführung beenden und Sozialleistungen ausschließlich auf Franzosen beschränken. Ausländer, die mehr als ein Jahr lang arbeitslos bleiben sowie illegal eingereiste Migranten sollen abgeschoben werden.
Wirtschaft und Energie: Le Pen hat die Senkung von Steuern auf Energie und andere Grundbedarfsgüter versprochen. Sie will die Mindestrente erhöhen, aber das Rentenalter bei 62 Jahren belassen. Windfarmen sollen abgebaut und Investitionen in Atom-und Wasserkraft verstärkt werden.
Weitere Positionen: Le Pen tritt für ein gesetzliches Verbot muslimischer Kopftücher an allen öffentlichen Orten und von Veranstaltungen ein, die der "Verbreitung von Islamismus" dienen.
JEAN-LUC MÉLENCHON, 70, weit links, Bewegung La France insoumise (Das unbeugsame Frankreich)
Ukraine: Mélenchon hat bis vor Kurzem Russland als "Partner" bezeichnet, auch dann noch, als europäische Regierungen nach Wegen zur Abwendung einer russischen Ukraine-Invasion suchten. Er unterstützt jetzt den ukrainischen "Widerstand" und Russen, die in ihrem eigenen Land das bekämpfen, was er als "Diktatur" bezeichnet.
Wirtschaft: Mélanchon will Frankreichs Mindestlohn und -rente anheben und das Rentenalter auf 60 Jahre senken. Er tritt zudem für die Wiedereinführung einer Reichensteuer ein.
Klima und Energie: Mélanchon hat versprochen, eine "grüne Regel" in er Verfassung festzuschreiben, nach der nicht mehr Ressourcen genutzt werden sollen, als die Natur sie wieder auffüllen kann. Er will Treibhausgase bis 2030 um 65 Prozent - statt dem jetzigen Ziel von 40 Prozent - reduzieren und Atomenergie schrittweise abbauen, um dann zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umzusteigen.
ERIC ZEMMOUR, 63, Journalist und ehemaliger TV-Kommentator, extrem rechts, wiederholt wegen Hassreden verurteilt, Partei Reconquête (Rückeroberung)
Ukraine: Zemmour war ursprünglich Verfechter einer "Allianz" mit Russland und äußerte einst den Wunsch nach einem "französischen Putin". Die Ukraine-Invasion hat er aber verurteilt, und sagte er anfangs, dass er es vorziehen würde, wenn ukrainische Flüchtlinge in Polen blieben, unterstützt er inzwischen Visa für jene, die Verbindungen zu Frankreich haben. Zemmour tritt für einen Austritt des Landes aus der Nato-Militärstruktur ein.
Immigration: Zemmour will, dass jährlich nicht mehr als 100 Menschen ein Asylstatus gewährt wird und nichteuropäische Ausländer keine Sozialleistungen mehr erhalten. Eine Küstenwachen-Militäreinheit soll Migranten, die über das Meer kommen, stoppen und jeder illegal Eingereiste abgeschoben werden.
Wirtschaft und Energie: Zemmour will die Steuern für Unternehmen, einkommensschwache Arbeiter und Ruheständler mit kleinen Renten senken. Er ist für eine Einstellung von Windfarmen und die Förderung von Atomkraft.
Weitere Positionen: Er will, dass muslimische Kopftücher an allen öffentlichen Orten verboten und keine neuen großen Moscheen mehr gebaut werden. Zemmour tritt außerdem für eine Beschränkung der Namen ein, die Eltern ihren Neugeborenen geben können. Viele von französischen Muslimen gewählte Namen würden verbannt werden.
VALERIE PÈCRESSE, 54, Kandidatin der Konservativen, Le Républicains (Die Republikaner)
Ukraine: Pécresse hat Putins Invasion verurteilt und sich für strikte Sanktionen eingesetzt.
Immigration: Sie will Einwanderungsquoten einführen und staatliche Wohnungs- und Familienleistungen für Ausländer auf fünf Jahre nach deren legaler Einreise begrenzen. Wer unerlaubt ins Land kommt, soll keien Aufenthaltsgenehmigung erhalten.
Wirtschaft und Energie: Pécresse hat eine Anhebung der Löhne für Arbeiter mit niedrigem oder mittleren Einkommen um zehn Prozent und Steuersenkungen für Unternehmen sowie Arbeiter versprochen. Das Rentenalter soll bis 2030 auf 65 Jahre erhöht werden. Pécresse will Atomkraft und erneuerbare Energien vorantreiben, aber mit Restriktionen für Windfarmen.
Weitere Positionen: Sie tritt für ein Verbot muslimischer Kopftücher für junge Mädchen und in Sportvereinen ein.