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Maßnahmen gegen hohe Energiepreise: Hier gibt es Entlastungen

Die Regierung präsentierte ein Maßnahmenpaket gegen die Teuerungen bei Energie.
Die Regierung präsentierte ein Maßnahmenpaket gegen die Teuerungen bei Energie. ©APA/MICHAEL GRUBER
Angesichts steigender Energiepreise hat die Regierung ein Entlastungspaket von mehr als zwei Milliarden Euro für Haushalte und Firmen geschnürt. Es umfasst eine höhere Pendlerpauschale, billigere Öffis und weniger Abgaben.

Die schon seit Monaten steigenden Energiepreise werden durch den Ukraine-Krieg zusätzlich befeuert. Die Regierung setzt nun weitere Schritte, um private Haushalte und Firmen zu entlasten.

Zusätzlich zu den bisherigen Maßnahmen ist ein weiteres Energiepaket geschnürt worden, das mehr als 2 Mrd. Euro kosten wird, wie Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Sonntag bekanntgaben.

Erhöhung von Pendlerpauschale und Pendlereuro

Das heimische Energiepaket sieht eine 50-prozentige Erhöhung des Pendlerpauschale und eine Vervierfachung des Pendlereuros bis 30. Juni 2023 vor. Für Negativsteuerbezieherinnen ist ein einmaliger negativsteuerfähiger Betrag von 100 Euro geplant. Das soll in Summe eine Entlastung über 400 Mio. Euro bringen.

Öffentliche Verkehrsmittel sollen günstiger werden

Weiters soll die Öffis billiger werden. Die Regierung stelle noch heuer 150 Mio. Euro für Preissenkungen und eine Angebotserweiterung zur Verfügung. Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, wenn möglich, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen.

Spezifische Energieabgaben bei Strom und Gas gesenkt

Da vor allem die Gas- und Strompreise "eine massive zusätzliche Belastung im täglichen Leben und bei Unternehmen darstellen", senkt die Regierung die spezifischen Energieabgaben (Erdgasabgabe und Elektrizitätsabgabe) bis 30. Juni 2023 um rund 90 Prozent. Damit verbunden sei eine Entlastung von in Summe rund 900 Mio. Euro.

An den Kartellanwalt (Justizministerium) ergehe zudem eine Weisung zur Kontrolle der Ölindustrie und von Betrieben in der Öl/Diesel/Benzin-Wertschöpfungskette. Eine Sachverhaltsdarstellung wird auch an die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) übermittelt.

Ausgleich von steigenden Energiekosten bei Öffis

In dem Paket vorgesehen ist außerdem ein "Agrardiesel-Kostenausgleich angelehnt an Systematik nEHS im derzeit europarechtlich zulässigen Ausmaß", ebenfalls mit einer Befristung bis 30. Juni 2023.

Es soll auch zu einem Ausgleich von steigenden Energiekosten im öffentlichen Verkehr kommen, um Preissteigerungen zu verhindern, hieß es unter Verweis auf beispielsweise Schülerfreifahrten.

Treibstoffrückvergütung für heimische Klein- und Mittelbetriebe

Heimische Klein- und Mittelbetriebe mit hohem Treibstoffaufwand - vor allem im Bereich Handwerk sowie Einzelpersonenunternehmen (EPU) wurde eine Treibstoffrückvergütung mit einem Volumen von insgesamt etwa 120 Mio. Euro in Aussicht gestellt. Auch diese Maßnahme ist bis Ende Juni nächsten Jahres befristet.

Für Unternehmen ist zudem eine Liquiditätshilfe vorgesehen, die in Form einer Herabsetzung der Vorauszahlungen der Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuerzahlungen - befristet bis 30 Juni 2023 - erfolgen soll.

Förderungen bei Umstieg auf alternative Energie

Der Umstieg auf alternative dekarbonisierte Antriebsformen in Betrieben wird heuer und im kommenden Jahr mit in summe 120 Mio. Euro unterstützt.

Windkraft und Photovoltaik-Projekte werden im Rahmen der Investitionsoffensive Energieunabhängigkeit mit insgesamt 250 Mio. Euro gefördert.

Entlastungspaket kostet insgesamt rund vier Milliarden Euro

Gemeinsam mit dem bereits davor beschlossenen Paket im Volumen von 1,7 Mrd. Euro kommt man nun den Angaben zufolge auf Kosten von insgesamt rund 4 Mrd. Euro. Damit sei die Entlastung in Österreich in Relation zur Bevölkerung zehnmal so hoch wie im benachbarten Deutschland, wo ebenfalls gerade ein rund 4 Mrd. Euro schweres Paket präsentiert worden sei.

Während in anderen EU-Staaten kurzfristige Maßnahmen wie etwa temporäre Preisobergrenzen gesetzt würden, ergreife die Bundesregierung "längerfristige Maßnahmen, um auf die prognostizierte Inflation zu reagieren".

Zeitpunkt der Umsetzung der Maßnahmen noch unklar

Wann die Maßnahmen umgesetzt und wirksam werden, hänge vom parlamentarischen Prozess ab, so Brunner und Gewessler in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Aber die Maßnahmen seien "zielgerichtet und entlasten dort, wo es die Menschen brauchen".

Mit den Sozialpartnern will die Regierung weiter im Gespräch bleiben, um "die langfristige Preisentwicklung zu beobachten", so Brunner. Das nächste Treffen ist für Mittwoch geplant. An dem aktuellen Paket werde aber nicht mehr gerüttelt, stellten Brunner und Gewessler klar. Aber es seien viele Vorstellungen der Sozialpartner in die Maßnahmen eingeflossen, versicherten sie. Jetzt sei es um Geschwindigkeit gegangen, er hoffe die Kritik entzünde sich "am Prozedere und nicht am Inhalt", so Brunner. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian hatte sich "verarscht" gefühlt, wie er via Twitter mitteilte, weil die Regierung wenige Tage vor einer Gesprächsrunde ein Maßnahmenpaket verkündet.

Wirtschaftsinstitute sehen Vor- und Nachteile

Für Wifo-Chef Gabriel Felbermayr ist das Energiepaket "in Summe ein vernünftiger Kompromiss". Besonders positiv seien Maßnahmen, die nicht kamen: Der Verzicht auf eine Mehrwertsteuersenkung und auf behördliche Preisfestsetzungen. Gut findet der Wirtschaftsforscher auch die Senkung der Strom- und Gasabgabe sowie Förderungen für öffentlichen Verkehr und erneuerbare Energieträger. Weniger gut seien die starke Erhöhung der Pendlerpauschale und fehlende sozialpolitische Entlastungen. Auch die zeitliche Begrenzung der Maßnahmen lobt Felbermayr und hielt in seinem Twitter-Beitrag fest, es sei "wahrscheinlich nicht das letzte Paket".

Das Momentum-Institut findet gut, dass die höhere Pendlerpauschale Haushalte mit hohem Mobilitätsbedarf entlaste, sie habe aber Schwächen bei der sozialen Gerechtigkeit und beim Klimaschutz. Auch die Senkung der Energieabgabe würde höheren Energieverbrauch fördern.

Harsche Kritik von Opposition, Wirtschaft und Industrie

Breite Kritik hagelte es unmittelbar nach der Pressekonferenz von Opposition, Umweltgruppen, Wirtschaftskammer (WKÖ), Industriellenvereinigung (IV) und Landwirtschaft.

FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht ein "Entlastungs-Mogelpaket", denn "bei den Menschen, die von den exorbitanten Preisen am Energiesektor, beim Tanken und Einkaufen betroffen sind, kommt zu wenig an Entlastung an." Die Entlastung der Pendler sei "mit viermal Tanken schon wieder aufgebraucht". FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch forderte eine Verdoppelung des Kilometergeldes auf 84 Cent.

"Die heute präsentieren Maßnahmen der Regierung sind bestenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber keinesfalls geeignet, der Teuerungswelle gegenzusteuern und Menschen wirklich zu entlasten", schreibt SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll in einer Aussendung. "Während die Hilfen bei denen, die sie am dringendsten brauchen, zu klein sind, machen etwa Mineralölkonzerne das Geschäft ihres Lebens." Ungerecht sei auch die Erhöhung der bestehenden Pendlerpauschale um 50 Prozent, wodurch die schon bestehende Begünstigung von Menschen mit höherem Einkommen verstärkt werde.

Für die NEOS ist das Paket "Kosmetik, keine nachhaltige Entlastung", die Oppositionspartei fordert einmal mehr die Abschaffung der kalten Progression.

WKÖ-Chef sieht nur "Tropfen auf den heißen Stein"

Für WKÖ-Chef Harald Mahrer und IV-Chef Georg Knill geht das Paket nicht weit genug. "Bestenfalls ein erster Schritt" ist es für Mahrer, "nur ein Tropfen auf den heißen Stein und geht an der tatsächlichen Realität der Unternehmen vorbei", befindet Knill. Industrie und Unternehmen bräuchten weitere Entlastungen, etwa eine Strompreiskompensation, wie es sie in einigen EU-Ländern bereits gebe.

Die Landwirtschaftskammer Österreich ist vorerst unzufrieden mit dem Energiepaket. Es sorge nicht für Klarheit für die Bauern und verkenne deren prekäre Lage, die vorgesehene Entlastung liege noch völlig im Ungewissen.

Der Handelsverband begrüßt das Energiepaket, entscheidend sei eine "branchengerechte und zeitnahe Umsetzung". Die Energieintensität im Handel sei nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Maßnahmen für ÖGB-Chef Katzian zu zaghaft

Für ÖGB-Chef Wolfgang Katzian sind "die Maßnahmen der Bundesregierung im Kampf gegen die massiven Energiepreissteigerungen zu zaghaft". Er verweist auf eigene Vorschläge vom November, die nach Gewerkschaftsberechnungen mehr zur Entlastung der Haushalte beigetragen hätten. "Die heutigen Maßnahmen als große Entlastung in dieser Lage zu präsentieren, ist völlig unangebracht" so Katzian, der fordert, in weitere Verhandlungen eingebunden zu werden.

Auch die Arbeiterkammer stellt auf Twitter klar: "Wir werden am Mittwoch beim Treffen der Sozialpartner sicher nicht nur über Preisbeobachtung reden. Sondern weiter um die soziale Abfederung der Teuerungswellen."

Lob für Maßnahmen für billigere Öffis

Der ÖAMTC lobt die Unterstützung für Pendler, weist aber darauf hin, dass es noch viele andere Menschen gebe, die auf ihr Auto angewiesen seien. Für sie wäre eine Erhöhung des Kilometergelds oder eine Senkung der Spritpreise hilfreicher.

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) lobt Maßnahmen zur Preissenkung und Ausbau bei Öffis und hält auch die Erhöhung der Pendlerpauschale kurzfristig für treffsicherer als allgemeine Steuersenkungen. Dennoch seien mehr Maßnahmen nötig, um die Erdölabhängigkeit des Verkehrs zu reduzieren.

WWF und Global 2000 kritisieren fehlende Maßnahmen zum Energiesparen bzw. fehlende Weichenstellungen für die Energiewende raus aus Öl und Gas. "Schritte in die richtige Richtung" seien zusätzlichen Mittel für öffentliche Verkehrsmittel und für den Ausbau erneuerbarer Energien. "Sehr kritisch" sieht der WWF die Förderung für Pendler. Global 2000 fordert gesetzliche Maßnahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien und meint "angesichts der dramatischen Situation, von Krieg, fossiler Abhängigkeit und Klimakrise, sind die heute präsentierten Antworten völlig unzureichend". Greenpeace kritisiert, mit dem Paket würden "Steuermilliarden nach dem Gießkannenprinzip verschwendet. Das ist weder für den sozialen Ausgleich noch fürs Klima sinnvoll".

Enttäuschung bei Pensionistenverband

"Enttäuscht" ist auch der Präsident des Pensionistenverbandes. "Die von der Regierung heute vorgeschlagenen Maßnahmen sind für ältere Menschen kaum relevant", schreibt Peter Kostelka. "Ich erwarte, dass die Bundesregierung am Mittwoch tatsächlich mit den Sozialpartnern weitere Maßnahmen ausverhandelt", er werde nicht "die heute präsentierten Maßnahmen formal absegnen".

(APA/Red)

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