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EU: Immer mehr Stimmen für SWIFT-Ausschluss Russlands

Immer mehr EU-Länder für SWIFT-Ausschluss Russlands.
Immer mehr EU-Länder für SWIFT-Ausschluss Russlands. ©APA/AFP/INA FASSBENDER
Am Freitag zeigte sich die EU noch uneinig über einen Ausschluss Russlands aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk SWIFT, am Samstag gab es zunehmend Stimmen für ein derartiges Vorgehen.
Nehammer zu SWIFT-Ausschluss

So gehört der italienische Ministerpräsident Mario Draghi nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj inzwischen zu den Unterstützern. Ähnliches gilt für Frankreich, wie der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Samstag sagte.

Russland soll aus SWIFT ausgeschlossen werden

Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian habe sich in einem Telefongespräch mit ihm dafür ausgesprochen, Russland vom globalen Zahlungssystem SWIFT auszuschließen. "Wir haben bereits fast die volle Unterstützung der EU-Länder für die Abkopplung Russlands von SWIFT. Ich hoffe, dass Deutschland und Ungarn den Mut haben werden, diese Entscheidung zu unterstützen. Wir haben den Mut, unser Heimatland und Europa zu verteidigen", meinte Selenskiy am Samstag in einer Videobotschaft.

Mit der Feststellung, "bloße Worte" würden nicht mehr reichen, trat auch der tschechische Präsident Milos Zeman für ein SWIFT-Aus ein. Dies sagte er noch am Freitag bei einer Online-Konferenz mit den Staatsoberhäuptern osteuropäischer NATO-Staaten. Die von westlichen Staaten wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine bereits verhängten Sanktionen kritisierte der 77-Jährige darin als zu wenig konsequent. Zemans Forderung ist besonders daher beachtlich, weil er bis zum russischen Angriff auf die Ukraine als Kritiker von harten EU-Sanktionen gegen Russland galt. Er wurde deshalb oft als zu russlandfreundlich kritisiert.

Baltische Staaten pochen auf Abkopplung

Die baltischen Staaten pochten bereits von Anfang an für die Abkopplung, jedoch reagierten etwa Österreich, Deutschland, Frankreich und Italien vorerst zurückhaltend. Der ukrainische Präsident berichtete nun, Draghi hätte ihm nun aber am Samstag in einem Telefongespräch erklärt, dass er die Abkopplung Russlands unterstütze, wie er auf Twitter mitteilte. In den Reihen der Regierungskoalition in Rom wird Draghis Unterstützung dafür bestätigt. Laut Selenskyj gebe es nun fast die volle Unterstützung der EU-Länder.

Entscheidung zu SWIFT-Ausschluss soll bald getroffen werden

Aus EZB-Kreisen heißt es, dass eine Entscheidung, Russland von SWIFT auszuschließen, binnen weniger Tage getroffen werden könnte. "SWIFT ist nur eine Frage der Zeit, einer sehr kurzen Zeit, von Tagen", sagt der Chef einer Zentralbank aus der Eurozone zu Reuters, der namentlich nicht genannt werden wollte.

Deutschland warnt vor "massiven Kollateralschäden"

Die deutsche Regierung hatte sich zuletzt noch zurückhaltend zu einem SWIFT-Ausschluss Russlands geäußert. Dies würde Außenministerin Annalena Baerbock zufolge "massive Kollateralschäden" auslösen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz stößt mit seinem Nein zu einem Ausschluss inzwischen in der eigenen Partei auf Widerstand. Die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal forderte am Samstag, den Weg für diese besonders scharfe Sanktion freizumachen. "Damit können wir der russischen Regierung richtig wehtun. Wir sollten hier der Forderung unserer osteuropäischen Partnerländer nachkommen." Die Jungsozialisten stellen 49 der 206 Bundestagsabgeordneten der SPD, also etwa ein Viertel. Der Direktor des arbeitgebernahen Institutes der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, ist von dem Instrument überzeugt: "Stoppt man SWIFT, bricht alles zusammen - das konnte man im Iran beobachten. Anders ist Putin aber womöglich nicht zu bremsen", sagte Hüther der Funke Mediengruppe.

Österreichs Position in der SWIFT-Frage

Österreich gehörte dem Vernehmen nach in dieser Frage am Freitag noch zu den Bremsern. Am Freitag verständigte sich der Nationale Sicherheitsrat jedoch in einer Sitzung darauf, dass sich Österreich auf internationaler Ebene für einen Ausschluss Russlands aus SWIFT einsetzen soll.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und der litauische Präsident Gitanas Nauseda wollen im Tagesverlauf in Berlin mit Scholz über den Krieg in der Ukraine und Sanktionen gegen Russland beraten. Dies teilte der polnische Regierungssprecher Piotr Müller auf Twitter mit. Das Treffen finde auf Initiative von Morawiecki statt. "Die Europäische Union muss sofort ein Paket von schonungslosen, harten Sanktionen gegen Russland verabschieden", erklärte der polnische Regierungssprecher. Den Zeitpunkt des Treffens nannte er nicht.

Ein Ausschluss Russlands vom internationalen Banken-Kommunikationsnetzwerk SWIFT muss nach Einschätzung von Experten mittel- und langfristig nicht zu einer kompletten finanziellen Isolation führen. Russland stünden im Bereich der Digitalwährungen zumindest theoretisch zwei SWIFT-Alternativen zur Verfügung, sagte Philipp Sandner, Wirtschaftswissenschaftler an der Frankfurt School of Finance & Management, der Deutschen Presse-Agentur.

Russland könnte auf Kryptowährung ausweichen

Zum einen könne Russland auf klassische Kryptowährungen ausweichen. Zum anderen könne Präsident Wladimir Putin versuchen, sein Land an die neue chinesische Digitalwährung e-Yuan (eCNY) anzudocken. "Kurzfristig sind die Ausweichmöglichkeiten in Richtung Krypto-Assets wie Bitcoin und Ethereum sowie e-Yuan noch eher theoretischer Natur", erklärte Sandner, der als einer der führenden Experten für Digitalwährungen in Deutschland gilt. Mittelfristig könnte dies aber ganz anders aussehen. "In einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten kann man schon viel bewegen. Man wird das aber nicht in wenigen Tagen umsetzen können."

(APA/Red)

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