Leiche von russischem Diplomaten in Berlin gefunden

Wachleute der Berliner Polizei sollen den 35-jährigen Mann laut einem "Spiegel"-Bericht bereits am 19. Oktober gegen 7.20 auf dem Gehsteig auf der Rückseite des Botschaftskomplexes gefunden haben. Nach Informationen des Magazins soll der Mann Verbindungen zu einem russischen Geheimdienst gehabt haben.
Das deutsche Außenministerium erklärte am Freitag, der Fall sei bekannt. Aus Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen werde man sich aber nicht weiter dazu äußern. Auch ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft wollte keine Angaben zu dem Fall machen.
35-jähriger russischer Diplomat tot vor Botschaft in Berlin gefunden
Dem "Spiegel" zufolge war der 35-Jährige laut einer offiziellen Diplomatenliste seit Sommer 2019 als Zweiter Botschaftssekretär in Berlin akkreditiert. Den deutschen Sicherheitsbehörden soll er allerdings als getarnter Mitarbeiter des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB gegolten haben. Bevor er nach Berlin gewechselt war, hatte er laut der Rechercheplattform "Bellincat" in Wien gearbeitet. Bereits im Oktober 2013 nahm der Diplomat etwa als Dritter Sekretär der Ständigen Vertretung Russlands bei Internationalen Organisationen in Wien an einer UN-Konferenz teil.
35-Jähriger soll mit Beamten des Direktorats des FSB verwant sein
Zudem soll er mit einem ranghohen Beamten des zweiten Direktorats des FSB verwandt gewesen sein. Die Abteilung sei in Russland unter anderem für Terrorismusbekämpfung zuständig und werde von westlichen Nachrichtendiensten mit dem sogenannten Tiergartenmord in Verbindung gebracht, bei dem im Sommer 2019 in Berlin ein Exil-Georgier erschossen worden war.
Nach Informationen des Magazins soll die russische Botschaft einer Obduktion der Leiche des Diplomaten nicht zugestimmt haben. Aus Sicherheitskreisen heiße es, die Umstände des mutmaßlichen Sturzes und die Todesursache seien "unbekannt". Da der Tote Diplomatenstatus besaß, habe die Staatsanwaltschaft kein Todesermittlungsverfahren einleiten können.
Es ist noch unklar, ob der Tod des Diplomaten Fremdverschulden war
So sei auch unklar geblieben, ob es Hinweise auf ein Fremdverschulden gegeben habe. Der Leichnam des Diplomaten sei inzwischen nach Russland gebracht worden. Die russische Botschaft sprach auf Anfrage des "Spiegel" von einem "tragischen Unfall", der aus "ethischen Gründen" nicht kommentiert werde. Das russische Außenministerium beklagte sich am Freitag in einer Aussendung über "Spekulationen" in einer Reihe von westlichen Medien, die man für absolut unangebracht erachte.
Die Berichte über den Tod des Diplomaten haben indes Spekulationen über einen möglichen Mord ausgelöst. Der russische Oppositionelle Leonid Wolkow meinte, die "Fenster des Gebäudes" seien nicht hoch genug für einen "Selbstmord". Er mutmaßte, dass der Sohn des FSB-Offiziers "aus dem Fenstern geworfen" worden sei. Es gehe hier um etwas "ziemlich Ernstes". Wolkow ist ein enger Vertrauter des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny. Beide werfen dem FSB politisch motivierte Attentate vor.
(APA/Red)