AA

„Da brauchen wir kein Wien und kein Brüssel“

Das Ländle hat sich auf den Weg gemacht, die digitale Zukunft „auf Vorarlberger Art“ zu gestalten. Erklärtes Ziel: Vorarlberg soll auch in Zukunft lebenswert bleiben und zum „chancenreichsten Lebensraum für unsere Kinder“ werden.

Unternehmen, Institutionen, Behörden, Bildungseinrichtungen und Bevölkerung – alle seien eingeladen, die digitale Transformation mitzugestalten und ein positives Bild der Zukunft mitzuzeichnen. Hans-Peter Metzler, Präsident der Vorarlberger Wirtschaftskammer, über ambitionierte Ziele und Fragen, denen wir uns stellen müssen.

Was hat sich in den letzten zwölf Monaten in Sachen Digitalisierung getan?

Metzler: Wir spüren, dass ein großer Hunger da ist nach Information. Wir merken bei unseren Veranstaltungen, dass sich immer mehr dessen bewusst sind, dass wir uns mit den Veränderungen auseinandersetzen müssen. Es hat ja immer Veränderungen gegeben, aber in der Komplexität und in der exponentiellen Geschwindigkeit, wie das stattfindet, das verändert uns wirtschaftlich und gesellschaftlich.

Was bedeutet das für uns?

Metzler: In der digitalen Transformation geht es nicht nur um die technische, sondern vor allem um eine große Kulturfrage. Wir müssen uns auch als Gesellschaft verändern. Wir müssen uns die Frage stellen, ob die Antworten von früher noch zeitgemäß sind und ob sie die Fragen der Gegenwart und der Zukunft beantworten können. Wie arbeiten wir zusammen, vernetzen wir uns und helfen wir uns gegenseitig? Oder geht jeder seinen Weg, sind wir immer noch hierarchisch aufgebaut, dass ein paar oben meinen, sie wissen alles?

Was müsste sich verändern?

Metzler: Wir müssen uns trauen, größer zu denken, mutig zu sein, auch zu investieren und Infrastrukturen schaffen. Wir müssen uns öffnen, transparent sein und erkennen, dass wir die Herausforderungen der Zukunft nur gemeinsam lösen können. Vor einem Jahr haben wir zusammen mit dem Land Vorarlberg einen Markenprozess gestartet und uns die Frage gestellt, wo wir als Land hinwollen. Dabei haben wir das Ziel definiert, dass Vorarlberg bis 2035 der chancenreichste Lebensraum für unsere Kinder werden soll.

Wie schaut der Weg aus zum „chancenreichsten Lebensraum“?

Metzler: Chancenreich heißt gleichzeitig, dass man bereit ist, etwas zu riskieren. Das ist die Voraussetzung, um später die Chancen nützen zu können. Wir müssen viel mutiger werden und eben auch neue Wege gehen. Vorarlberg hat dafür die besten Voraussetzungen. Es ist überschaubar, man kennt sich, wir haben eine hohe Lebensqualität und viele großartige Sachen, die unseren Standort ausmachen. Ich kenne viele Unternehmer hier in Vorarlberg, kleine und große Familienbetriebe, die Verantwortung übernehmen. Die schauen nicht nur auf sich selbst, sondern auch, was sich in der Gemeinde und im Land tut, da bringen sie sich ein. Das nenne ich „Unternehmertum auf Vorarlberger Art“.

Die Wirtschaftskammer hat mit dem Dis.Kurs Zukunft einen Prozess angestoßen, an dem sich über tausend Unternehmer beteiligen. Was soll der Dis.Kurs Zukunft bewirken?

Metzler: Dis.Kurs Zukunft ist ein offener Strategie-Entwicklungsprozess und hat uns klar aufgezeigt, welche Themen aus Sicht der Unternehmer die brennendsten sind, nämlich Bildung, Lehre bzw. duale Ausbildung und digitale Innovation. Wirtschaft ist ja unteilbar, das sind wir alle, das sind nicht nur die Unternehmer, das sind auch die Mitarbeiter, jeder. Ohne Wirtschaft gäbe es nicht viel zu verteilen, der Kuchen muss ja erst gebacken werden. Aber es geht immer um den Menschen. Wir als Wirtschaftskammer möchten Bewusstsein schaffen, unterstützen, Brücken zwischen den einzelnen Akteuren bauen und den Boden dafür bereiten, dass ein digitales Ökosystem entstehen kann.

Was ist gemeint mit einem „digitalen Ökosystem“?

Metzler: Wir fragen uns: Wie können wir Vorarlberg zu einem führenden regionalen Hotspot mit internationaler Ausstrahlung machen? In der digitalen Innovation, aber auch in Lebenskultur und Nachhaltigkeit, das gehört für uns zusammen. Unsere Vision ist ein Ökosystem, in dem 10.000 digitale Experten arbeiten, Experten von innen und außen. In Digital Hubs, in Unternehmen, in Behörden und Institutionen. Das ist sehr ambitioniert, ich weiß. Wir können das nicht verordnen, aber wir können mithelfen, einen Magneten zu schaffen. Wir haben eine klare Roadmap, wo alle Projekte aufgelistet sind und auch der Stand der Umsetzung. Diese Themen können wir auch im Land umsetzen, da brauchen wir kein Wien und kein Brüssel.

Wie wollen Sie das umsetzen?

Metzler: Da gibt es viele Initiativen. Ein Beispiel ist Startupland, da vernetzen wir die ganze digitale Szene. Bei den Digitalen Perspektiven schauen wir uns die technische Seite an und zeigen Branchenlösungen, was kommt auf verschiedene Branchen zu, im Handel, im Gewerbe, überall. Mit dem Digital Campus Vorarlberg haben wir gemeinsam mit Land Vorarlberg und Arbeiterkammer ein breitgefächertes digitales Ausbildungsangebot geschaffen. Die Resonanz ist enorm. Ein schönes Beispiel, wie digitale Innovation und Bildung verschmelzen, ist das Projekt Code4Kids. Wir überlegen auch, wie und wo wir räumliche Infrastrukturen schaffen können oder denken über Hochschulkooperationen nach. Da ist einiges in der Pipeline. Und es entsteht ja ohne uns auch viel, da müssen wir uns nichts einbilden, aber wir können unterstützen, ermöglichen, koordinieren und vernetzen.

Die Wirtschaftskammer unterstützt als Partner auch die Interactive West.

Metzler: Die Interactive West hat sich mittlerweile zur größten Digitalisierungsveranstaltung im Bodenseeraum und darüber hinaus entwickelt. Da sind sehr viel Leidenschaft und Energie dahinter. Das hat schon eine Kraft und das hilft auch, die Anziehungskraft Vorarlbergs zu erhöhen. Darum sind wir gerne Partner, weil überall wo Energie ist und etwas passiert, unterstützen wir als Kammer gerne. Alle, die ein positives Bild der Zukunft zeichnen wollen, fordere ich auf, mutig zu sein, sich zu vernetzen und die Chancen der Digitalisierung zu nützen.

  • VIENNA.AT
  • Advertorial
  • „Da brauchen wir kein Wien und kein Brüssel“
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.