SPÖ-Parteitag: Rendi-Wagner mit 97,8 Prozent zur Parteichefin gewählt
Rendi-Wagner folgt Christian Kern, der sich aus der Spitzenpolitik zurückzieht. Wien. Das schlechteste Ergebnis im Präsidium erzielte mit dem burgenländischen Landeschef Hans Peter Doskozil, der laut APA/OGM-Vertrauensindex beliebteste SPÖ-Politiker. Der dem rechten Parteiflügel zugerechnete Ex-Verteidigungsminister erhielt bloß 82,3 Prozent.
Ebenfalls unter 90 Prozent blieb Wiens Bürgermeister Michael Ludwig mit 89,5 Prozent. Ebenfalls nicht berauschend war das Ergebnis der früheren Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner mit 90,1 Prozent.
97,8 Prozent für Pamela Rendi-Wagner
Die 97,8 Prozent für Pamela Rendi-Wagner beim SPÖ-Parteitag in Wels sind eines der besseren Ergebnisse bei einem Erstantritt, Der Bestwert stammt von Bruno Pittermann, der 1957 auf 99,6 Prozent kam, Fred Sinowatz überzeugte 1983 99,4 Prozent. Werner Faymann wählten 98,4 Prozent bei seiner Premiere im Jahr 2008.
Freilich war Christian Kern vor zwei Jahren mit einem ähnlich guten Ergebnis wie Rendi-Wagner ausgestiegen. Ihn wählten 96,8 Prozent der Delegierten. Auch Alfred Gusenbauer startete Anfang der 2000er-Jahre mit einem Vertrauensvorschuss, konkret mit 96,5 Prozent.
Eine schwache Premiere hatte dagegen etwa Viktor Klima mit 90,2 Prozent. Franz Vranitzky musste sich mit 93,6 Prozent begnügen. Bruno Kreiskys erster Wahl war eine Kampfabstimmung vorausgegangen. Das erklärt sein vergleichsweise schwaches Abschneiden von 69,8 Prozent.
Kern sieht in Rendi-Wagner “wandelnde Kampfansage”
Der scheidende SPÖ-Chef Christian Kern nahm beim Bundesparteitag am Samstag Abschied von seiner Partei und zog dabei eine positive Bilanz seiner politischen Arbeit. “Wir haben nicht alles erreicht, was ich erreichen wollte, aber es war auch nicht nix”, sagte Kern, der von einem für ihn emotionalen Tag – “ein bisschen eine Berg- und Talfahrt” – sprach.
Kern erinnerte in Wels an seinen “Plan A”, den er hier in der Messehalle Anfang 2017 präsentiert hatte. Weiters hob er in seiner knapp 50-minütigen Rede die Aktion 20.000, die Abschaffung des Pflegeregresses, Integrationsmaßnahmen, Start-up-Initiativen und Job-Bonus hervor und dankte seinem ehemaligen Team.
Abschiedsrede von Kern
Seiner Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner streute Kern Rosen. Sie stehe auf seiner Liste fürs “Pferde-Stehlen”. Er sei überzeugt, “dass niemand besser für diese Aufgabe geeignet ist”. Er freue sich heute schon darauf, Rendi-Wagner in einem TV-Duell mit Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache zu sehen, meinte Kern. Er werde dafür Popcorn und Bier einlagern. “Du bist eine wandelnde Kampfansage an die. Die können sich warm anziehen.” Rendi-Wagner habe das Zeug zur ersten Bundeskanzlerin.
Das sozialdemokratische Projekt, “das Ringen um eine bessere Welt”, sei kein abgeschlossener Prozess, sondern “Arbeit im Steinbruch der Geschichte”, betonte Kern weiter. Er habe das Amt des Parteichefs mit Begeisterung ausgeübt und es sei ihm nicht leicht gefallen, den Vorsitz abzugeben. Er verstehe, wenn manche enttäuscht seien, aber es sei eine sehr persönliche Entscheidung gewesen. “Die SPÖ wird immer meine Geschichte bleiben, völlig egal ob als Vorsitzender oder als einfaches Parteimitglied. Ich verlasse den Führerstand, aber mit Sicherheit nicht unsere Ideale, unsere Werte und unsere gemeinsame Bewegung.”
Kritik an Regierung
Kritik übte Kern an der türkis-blauen Regierung, die sich nur wenig um Rechtsstaatlichkeit und Demokratie kümmere und stattdessen Nationalismus forciere. Der heutige Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz hatte laut Kern in Sachen Integration etwa “nichts anderes im Kopf als nur Zerstörung”. Kern stellte sich gegen die Sprache der Rechten in der Migrationsfrage und wider den Zeitgeist, der Gutmenschen, Willkommensklatscher und Frauenversteher als schlecht erachtet. Er sei unter anderem in die Politik gegangen, weil er “so ein verdammter Gutmensch” sei, sagte Kern, und er sei nach wie vor stolz auf all jene, die 2015 den vielen ins Land gekommen Flüchtlingen geholfen haben.
SPÖ-Parteitag wählt EU-Kandidatenliste
Zum Abschluss ihres Parteitags in Wels wählt die SPÖ am Sonntag die Kandidatenliste für die Europawahl. An der Spitze stehen wird der frühere Klubchef Andreas Schieder. Für Unmut hatte im Vorfeld gesorgt, dass Landeshauptmann-Sohn Luca Kaiser aus der erfolgreichen Kärntner Landespartei an unwählbarer Stelle platziert wurde. Trotzdem ist mit einer großen Mehrheit für die Liste zu rechnen.
(APA/Red)