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Die Ausgaben für die Mindestsicherung sind auf insgesamt 977 Mio. Euro angestiegen.
Die Ausgaben für die Mindestsicherung sind auf insgesamt 977 Mio. Euro angestiegen. ©APA/BARBARA GINDL

Großteil der Mindestsicherungs-Bezieher im Jahr 2017 lebt in Wien

Im Vorjahr gab es laut Statistik Austria österreichweit knapp 308.000 Mindestsicherungs-Bezieher, die meisten davon leben in Wien.

Die Zahl der Mindestsicherungs-Bezieher ist im Jahr 2017 erstmals seit der Einführung der Unterstützungsleistung im Jahr 2010 so gut wie nicht gestiegen.

Mindestsicherung: Zahl der Bezieher stagniert

Mit insgesamt 307.853 Bezieher wurden nur 320 Personen mehr unterstützt als im Vorjahr, gab die Statistik Austria bekannt. Das bedeutet einen Anstieg von 0,1 Prozent. In den Jahren davor lag das Plus jeweils zwischen siebeneinhalb und elf Prozent.

Der Grund für die Stagnation dürfte in der verbesserten Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation zu suchen sein, hieß es unisono seitens der Statistik Austria wie auch aus dem Sozialministerium. Laut Statistik-Behörde dürfte sich der Trend im Jahr 2018 weiter fortsetzen.

Großteil der Bezieher lebt in Wien

Inklusive der nicht unterstützten Kinder lebten im Jahresverlauf insgesamt 332.236 Personen in 183.239 Bedarfsgemeinschaften mit Mindestsicherungsbezug. Pro Monat waren das durchschnittlich 239.481 Personen in 127.269 Bedarfsgemeinschaften.

Der Großteil der Mindestsicherungs-Bezieher (63 Prozent) lebte in Wien. Auf die übrigen Bundesländer entfielen deutlich kleinere Anteile zwischen einem Prozent (Burgenland) und acht Prozent (Steiermark).

Mindestsicherungs-Bezieher
Mindestsicherungs-Bezieher

Knapp mehr als die Hälfte der Mindestsicherungsbezieher (im Jahresdurchschnitt 2017) besaß die österreichische Staatsbürgerschaft. Knapp ein Drittel kam aus Drittstaaten, der Rest waren EU- oder EWR-Bürger, Schweizer Staatsangehörige und sonstige Personen. 31 Prozent der Mindestsicherungsbezieher waren Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte.

Nur kleiner Anstieg in Wien verzeichnet

Betrachtete man die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern, so zeigen sich größere Zuwächse in Tirol: (+5,7 Prozent), Kärnten: (+5,0) und Vorarlberg: (4,2). Kleinere Anstiege verzeichnete man in Wien (+1,2) und in Oberösterreich (+0,2). In den übrigen vier Bundesländern gab es deutliche Rückgänge: In Niederösterreich um 5,8 Prozent, gefolgt von Salzburg (-5,4), der Steiermark (-3,2) und dem Burgenland (-2,0).

Der Anteil zwischen Frauen und Männern in der Mindestsicherung hielt sich die Waage (51 gegenüber 49 Prozent). Unter den Betroffenen war der Anteil der Kinder am größten: 35 Prozent der in den von der Mindestsicherung unterstützten Bedarfsgemeinschaften lebenden Personen waren Kinder, gefolgt von Frauen (34 Prozent) und Männern (31 Prozent).

Die Bezugsdauer der Mindestsicherung betrug beim Großteil mehr als sechs Monate. Im Jahr 2017 hatten 69 Prozent eine Bezugsdauer von sieben bis zwölf Monaten, 15 Prozent erhielten die Leistung vier bis sechs Monate. Die restlichen 17 Prozent waren maximal drei Monate in der Mindestsicherung. Die durchschnittliche Bezugsdauer lag bei 8,5 Monaten und reichte von 6,4 Monaten in Vorarlberg bis 9,2 Monaten in Wien, so die Statistik.

Mindestsicherung kostete 2017 insgesamt 977 Mio. Euro

Die Ausgaben der Länder und Gemeinden für die Mindestsicherung insgesamt (Lebensunterhalt, Wohnen, Krankenhilfe) ist im Jahr 2017 um 5,8 Prozent (53 Mio. Euro) auf insgesamt 977 Mio. Euro angestiegen (noch ohne Berücksichtigung allfälliger Rückflüsse aus Kostenersätzen). Analog zum Leistungsbezug entfiel auch der Großteil der Ausgaben mit 638 Mio. Euro auf Wien. Der Anteil der Mindestsicherungs-Ausgaben an den Sozialausgaben insgesamt betrug weiterhin weniger als ein Prozent (2016 und 2017: jeweils 0,9 Prozent).

Die monatliche Leistungshöhe pro Bedarfsgemeinschaft lag im Jahresdurchschnitt bei 606 Euro. In Vorarlberg (838 Euro) und Tirol (715 Euro) war die Mindestsicherungsunterstützung für Lebensunterhalt und Wohnen am höchsten.

Hartinger-Klein sieht Asylberechtigten-Zahl ein Problem

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) sieht angesichts der aktuellen Mindestsicherungs-Daten dringenden Reformbedarf. Sie verwies darauf, dass nur die Hälfte der Mindestsicherungsbezieher österreichische Staatsbürger sind, “während rund 31 Prozent der Bezieher Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigte waren. Dies ist ein Problem, das unser Budget belastet.”

Hartinger-Klein verwies darauf, dass die Ausgaben für die Mindestsicherung 2017 um 53 Mio. Euro auf 977 Mio. angestiegen sind (+5,8 Prozent). “Dieses Geld sollte den österreichischen Bürgern, die in eine Notlage geraten sind, zur Verfügung stehen”, meinte sie in einer Aussendung. Die Daten würden aber “leider ein anderes Bild” zeichnen.

Reform der Mindestsicherung soll “endlich für soziale Gerechtigkeit” sorgen

Als Sozialministerin werde sie mit der geplanten Reform der Mindestsicherung “endlich für soziale Gerechtigkeit” sorgen, sprach sie die angepeilten Kürzungen an: “Jene, die unverschuldet in Not geraten sind, sollen auch die Unterstützung erhalten, die sie benötigen.” Für jene, die nach Österreich einwandern, “in der Hoffnung vom sozialen Auffangnetz gestützt zu werden und noch nie eine Leistung erbracht haben” werde es “eine entsprechende Kürzung der Mindestsicherung geben”, verwies sie auf die Pläne.

Hartinger-Klein sieht in den Zahlen auch eine Bestätigung für die These, die Höhe der Sozialleistung würde als Pull-Faktor für Migranten dienen: ” Nicht ohne Grund wohnen mehr als 60 Prozent der Mindestsicherungsbezieher in Wien, das großzügiger als andere Bundesländer mit dieser Leistung umgeht”, so Hartinger-Klein. “Diese ,Sozialmigration’ muss beendet werden”, so ihre Forderung. In diese Kerbe schlug auch der geschäftsführende Wiener FPÖ-Chef und Nationalratsklubobmann Johann Gudenus: “Die rot-grün regierte Bundeshauptstadt ist zu einem wahren Sozialmagneten geworden”, meinte er. Schuld sei “die verfehlte Zuwanderungspolitik der Stadtregierung”.

Kritik an Hartinger-Klein von SPÖ und NEOS

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher kritisierte die Aussagen Hartinger-Kleins: “Unsozialministerin Hartinger-Klein hat null Glaubwürdigkeit beim Thema Mindestsicherung. Die Ministerin verhöhnt arme Leute und glaubt wahlweise man könne von 150 Euro leben oder arme Menschen müssen nicht ins Kino gehen”, so Lercher zur APA. “Als SPÖ glauben wir nicht, dass es ein gute Idee ist, bei den Ärmsten der Armen zu sparen, sondern für mehr Beschäftigung und höhere Löhne zu sorgen. Dass Hartinger-Klein bei den AMS-Mitteln kürzt, hilft da freilich wenig.”

Kritik an der Regierung übte auch NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker: Die Ausgaben für die Mindestsicherung seien – gemessen am gesamten Sozialaufwand – relativ stabil. “Doch die Regierung spielt bei dem Thema mit Emotionen und Ressentiments, währen die 20 Milliarden Euro, die jährlich in das marode Pensionssystem zugeschossen werden müssen, kein Thema sind.” In Anbetracht der Entwicklung sei der Zeitpunkt günstig für “eine Reform mit Augenmaß”. “Die von der Regierung praktizierte Stimmungsmache, die auf Ressentiments gegen Ausländer aufbaut, hilft dabei nicht. Stattdessen sollte die Sozialministerin ihren Entwurf für eine bundeseinheitliche Mindestsicherung vorlegen, auf die man seit der großspurigen Ankündigung Ende Mai wartet.”

NGOs verweisen auf hohen Kinder-Anteil

Die Armutskonferenz und die Volkshilfe haben nach Vorlage der aktuellen Mindestsicherungs-Daten der Statistik Austria auf den hohen Anteil der betroffenen Kinder verwiesen. Im Jahr 2017 lebten 81.334 Kinder in Familien mit Mindestsicherung, das waren 35 Prozent aller Bezieher. Ziel müsse sein, “Existenz und Chancen zu sichern, nicht Leute weiter in den Abgrund zu treiben”, so die Armutskonferenz.

Die starke Benachteiligung der Kinder habe negative Auswirkungen auf Zukunftschancen, Bildung und Gesundheit, so das NGO-Netzwerk. Die Armutskonferenz verwies darauf, dass die Bezieherzahlen nicht erst seit Einführung der Mindestsicherung im Jahr 2010 angestiegen sind: “Bereits in der alten Sozialhilfe seit Mitte der 2000-er Jahre haben sich die Betroffenenzahlen stark erhöht”, so die NGO.
(APA/Red)

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