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Deutschland: Spionage-Razzien gegen türkischen Islamverband Ditib

Deutsches ATIB-Pendant im Visier der Polizei - Wohnungen von vier Geistlichen durchsucht.
Deutsches ATIB-Pendant im Visier der Polizei - Wohnungen von vier Geistlichen durchsucht. ©Bernd Thissen/dpa/Archiv
Der türkische Islamverband Ditib ist offenbar wegen Spionageverdachts ins Visier der deutschen Polizei geraten. In den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hätten Kriminalbeamte am Mittwoch in der Früh die Wohnungen von vier Ditib-Geistlichen durchsucht, berichtet "Spiegel Online".
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Dem Einsatz seien monatelange Ermittlungen gegen den in Köln ansässigen Vereins vorangegangen. Ditib-Imame und Religionsattaches sollen im Auftrag des staatlichen türkischen Amtes für religiöse Angelegenheiten Diyanet Gemeindemitglieder sowie deutsche Lehrer bespitzelt und sodann angebliche Anhänger des islamischen Predigers Fetullah Gülen in Ankara gemeldet haben.

Anzeige des Grün-Politikers Beck

Das Verfahren gehe auf eine Anzeige des Grün-Politikers Volker Beck zurück. Kürzlich hatte sein österreichischer Kollege Peter Pilz ähnliche Vorwürfe in Richtung des hiesigen Ditib-Pendants ATIB (Türkisch-Islamische Union) lanciert und eine Sachverhaltsdarstellung bei der Landespolizeidirektion Wien eingebracht. Demnach würde der türkische Staat auch in Österreich mutmaßliche Oppositionelle verfolgen. Auch ATIB werde über die staatliche Religionsbehörde Diyanet gesteuert. ATIB wies die Vorwürfe zurück.

Ditib-Imame sollen Gülen-Anhänger nach Ankara gemeldet haben

Auch Ditib hatte die Vorwürfe zunächst als “fern der Wirklichkeit” abgestritten. Später hieß es dann, einige Imame hätten eine Anweisung der Diyanet fehlinterpretiert. Zu Ditib gehören in Deutschland rund 900 Moscheegemeinden. Der Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, hatte vor einigen Wochen im Düsseldorfer Landtag gesagt, mindestens 13 Ditib-Imame hätten angebliche Gülen-Anhänger nach Ankara gemeldet.

Laut “Spiegel Online” war die Polizeiaktion zunächst für Ende Jänner geplant, wurde jedoch kurzfristig verschoben. Anfang Februar trafen sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara.

Pilz will ATIB auflösen lassen

Der Grüne Abgeordnete Peter Pilz hat gegen den türkisch-islamischen Verein ATIB eine Sachverhaltsdarstellung bei der Landespolizeidirektion Wien eingebracht. Grund ist u.a. der Verdacht des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz, wie Pilz am Dienstag auf einer Pressekonferenz erklärte. Ziel sei die Prüfung des Vereins und gegebenenfalls dessen Auflösung, sagte der Grüne Sicherheitssprecher.

Pilz wiederholte am Dienstag die von ihm bereits vergangenen Freitag erhobenen Vorwürfe in Richtung ATIB. Der türkische Staat verfolge demnach mutmaßliche Oppositionelle auch in Österreich – und zwar zum Teil über die Aktivitäten der Moscheevereine der Türkisch-Islamischen Union (ATIB). Auch wirft Pilz dem Verein nachrichtendienstlichen Aktivitäten vor. Der ATIB Dachverband sei ein Instrument “harter und rücksichtsloser und (…) rechtlich indiskutabler türkischer Regierungspolitik in Österreich”, sagte Pilz bei der Pressekonferenz, die wie schon vergangene Woche von starker Polizeipräsenz begleitet wurde. ATIB werde direkt von der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet in Ankara aus gesteuert. Alle wichtigen Organe des ATIB Dachverbandes seien “fest in türkischer Hand”, so Pilz. ATIB selbst hatte die Vorwürfe vergangenen Freitag allesamt zurückgewiesen.

In der Sachverhaltsdarstellung heißt es, die Ausrichtung des Vereins sei laut Satzung eine rein kulturell-religiöse. Es würden aber Hinweise vorliegen, dass ATIB auf eine Weise agiere, “die nicht durch seinen statutengemäßen Wirkungskreis gedeckt” sei. Das wäre ein Grund für die Auflösung des Vereins, so Pilz in der Sachverhaltsdarstellung.

(APA)

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