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Grünes Licht für Irans Wirtschaft nach Atom-Abschlussbericht

Nach IAEA-Abschlussbericht und Aufhebung der Sanktionen 2016 kommt noch mehr Öl auf den Markt.
Nach IAEA-Abschlussbericht und Aufhebung der Sanktionen 2016 kommt noch mehr Öl auf den Markt. ©AP
Die Mitgliedsstaaten der internationalen Atombehörde IAEA haben nach Angaben von Diplomaten bei einem Treffen in Wien eine Resolution verabschiedet, die die Untersuchung der Behörde von früheren Nuklearaktivitäten des Iran abschließt. In der Resolution werde festgehalten, dass der Iran weiter überwacht wird, hieß es am Dienstag.

Der Abschluss der UNO-Untersuchung ist ein weiterer Schritt in der Atom-Einigung der Weltmächte mit dem Iran. Westliche Staaten hatten dem Iran jahrelang vorgeworfen, heimlich am Bau einer Atombombe gearbeitet zu haben. Im Zuge des Abkommens soll der Iran nun weiterhin kontrolliert werden, die Untersuchung früherer Aktivitäten wird aber eingestellt. Der Iran ist fünf Monate nach dem Atom-Deal und nach dem am heutigen Dienstag veröffentlichten Abschlussbericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA/IAEO) somit mit einem Fuß weiter aus der wirtschaftlichen Isolation.

Durch den Abschluss des Kapitels der möglichen militärischen Dimension, in welchem festgehalten wird, dass der Iran seit 2009 keine Forschung in dieser Richtung betreibt, können die für Teheran schmerzhaften westlichen Wirtschaftssanktionen im ersten Quartal 2016 schrittweise aufgehoben werden. Dann kann Teheran wieder am internationalen Finanztransaktionssystem (SWIFT) teilnehmen, mit Banken Geschäfte abschließen und auch im Ölgeschäft wieder mitmischen.

Europäische Konzerne stehen bereits Schlange

Europäische Konzerne haben diesen Tag schon erwartet. Die beiden französischen Unternehmen Peugeot und Total etwa wollen Milliardengeschäfte mit Teherans Führung machen. Peugeot möchte seine größte Niederlassung im Nahen und Mittleren Osten demnächst im Iran eröffnen. Aber auch die Austrian Airlines weitet 2016 ihr Iran-Angebot deutlich aus und wird von Wien aus bis zu 14 Mal wöchentlich nach Teheran und bis zu vier Mal nach Isfahan fliegen.

Was bedeutet der IAEA-Bericht nun konkret?

Wirtschaft: Das Öl- und Gasembargo der EU war einer der großen Sanktionsbrocken, deren Aufhebung die Achillesferse der iranischen Wirtschaft, dem Ölexport, neuen Auftrieb geben wird. Die Exporte haben wegen der internationalen Sanktionen während der letzten Jahre historische Tiefstwerte erreicht. Auch der Ausbau der Raffinerien geht nicht so zügig voran, wie die Perser sich dies erhofft hatten. So hat man im Iran das Phänomen, als Ölgigant Benzin für den eigenen Bedarf importieren zu müssen. Letztlich war es für internationale Geschäfte hemmend, dass der Iran vom SWIFT-System für Finanztransaktionen abgeschnitten war.

Ölexporte: Der Iran bekommt 2016 voraussichtlich wieder einen direkten Zugang zum Ölmarkt. Dadurch dürfte sich das Überangebot auf dem Weltmarkt weiter erhöhen.

Diplomatische Beziehungen: Die Implementierung des historisches Deals bedeutet auch automatisch eine Verbesserung der Beziehungen des Iran zum Westen, allen voran zur EU.

USA: Eine weitere Annäherung an die USA, mit der die Islamische Republik seit 35 Jahren keine diplomatischen Beziehungen pflegt, ist nun greifbar nahe, auch eine Wiedereröffnung der Botschaften ist möglich. Außerdem hofft Washington durch eine Normalisierung der Beziehungen zum schiitisch dominierten Iran eine Stärkung der Front gegen sunnitische Extremisten wie den “Islamischen Staat” (IS) im Irak und Syrien zu erreichen.

Österreich: Auch für Österreich gibt es direkte Auswirkungen. Firmen können wieder Geschäfte im Iran machen. Bundespräsident Heinz Fischer hatte im September mit einer großen Wirtschaftsdelegation das Land besucht.

Iranischer Alltag: Für den Iran bedeutet ein Ende der Sanktionen eine Verbesserung des Alltags der Bevölkerung. Die Mehrheit der Iraner wünscht sich echte Markenartikel aus dem Westen statt als minderwertig geltende Billigprodukte aus China. Derzeit fungieren Dubai und die Türkei als Schlupflöcher, um sanktionierte Güter in den Iran zu transportieren.

Saudi-Arabien: Die baldige Implementierung des Deals hat auch Auswirkungen auf die Rivalität zwischen Riad und Teheran. Die Position des Iran in der Region wird gestärkt. Das sunnitische Königshaus in Saudi-Arabien muss nun noch mehr den sich immer weiter ausbreitenden “schiitischen Halbmond” fürchten und den Einflussbereich Teherans vom Libanon über Syrien und den Irak bis nach Bahrain. Der Iran könnte dann noch weiter seine Beziehungen zum Oman und zur Türkei ausbauen.

Iranische Innenpolitik: Durch die Entwicklungen werden der als moderat geltende Präsident Hassan Rohani und die reformorientierten Kräfte Rückenwind erhalten. Der Oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, könnte sich dem nicht mehr verschließen. Das würde auch die Position der moderaten Kräfte für die Parlaments- und Expertenratswahlen im Jahr 2016 deutlich stärken und wäre ein herber Rückschlag für die Hardliner. Durch den Deal dürfte außerdem in der Nachfolgedebatte um Khamenei das Lager des einflussreichen Ex-Präsidenten Akbar Hashemi-Rafsanjani gestärkt werden. Die ultrakonservativen Kräfte und Hardliner, die auch dem Atomkommen per se sehr kritisch gegenüberstehen, stoßen sich am “Anbiederungskurs” der Regierung und warnen vor einer “grauslichen Verwestlichung des schiitischen Gottesstaates”.

(APA)

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