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"Kultur der Abwertung am Werk": Ermittlungen nach Anschlag auf Asylheim

Im Zuge der Ermittlungen werden nun die Einwohner von Tröglitz befragt.
Im Zuge der Ermittlungen werden nun die Einwohner von Tröglitz befragt. ©EPA
Tröglitz. Wer hat etwas gesehen oder gehört? Ermittler suchen im deutschen Tröglitz nach Hinweisen aus der Bevölkerung zum Brandanschlag auf das Asylheim. - Der Regionalbischof ortet eine wachsende Fremdenfeindlichkeit: "Es ist eine Kultur der Abwertung am Werk."
Anschlag entsetzt Deutschland
Alberschwende: Verdächtige ausgeforscht

Auf der Suche nach den Brandstiftern von Tröglitz geht die Polizei am Mittwoch von Tür zu Tür und befragt die Einwohner. Die Beamten der eigens eingerichteten Ermittlungsgruppe mit dem Namen “Kanister” suchen so nach Hinweisen auf den oder die Täter, wie der Direktor des Landeskriminalamts (LKA), Jürgen Schmökel, mitteilte. Er bat die Tröglitzer um Unterstützung.

Am Dienstag hatten LKA und Innenministerium eine Belohnung in Höhe von 20 000 Euro für Hinweise zur Aufklärung des Anschlags ausgesetzt. Am Ostersamstag hatten Unbekannte in Tröglitz ein Wohnhaus angezündet, in dem Flüchtlinge unterkommen sollten.

Tröglitz: Ermittlungen in alle Richtungen

Bislang ermittelten die Beamten laut Schmökel in alle Richtungen. Vermutet werde aber, dass der Anschlag aus dem rechten Spektrum kam. Der oder die Täter waren in das Haus eingebrochen und verteilten dort Brandbeschleuniger. Das Feuer machte das Haus unbewohnbar. Zwei Bewohner brachten sich rechtzeitig in Sicherheit. Konkrete Spuren hat die Polizei noch nicht.

In Tröglitz mit seinen rund 2700 Einwohnern hatten Rechtsextreme seit Monaten Stimmung gegen die Asylbewerber gemacht. Wegen der Anfeindungen und aus seiner Sicht mangelnder Unterstützung trat im März Bürgermeister Markus Nierth (parteilos) zurück. Gegen alle Proteste der rechten Szene halten das Land und der zuständige Burgenlandkreis daran fest, in dem Ort 40 Asylbewerber unterzubringen.

Bischof: “NS-Vergangenheit prägt Tröglitz”

Der evangelische Regionalbischof von Halle-Wittenberg, Johann Schneider, hat im Zusammenhang mit dem Brandanschlag an die NS-Vergangenheit in der Region erinnert. In der Nähe sei zu Zeiten des Nationalsozialismus eine Arbeitersiedlung und Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald gewesen, sagte Schneider der “Welt”.

“Kultivierter Hass gegen Ausländer”

“Zu NS-Zeiten sagte man den Leuten, dass sie die bessere Rasse sind, in der DDR dann, dass sie in der besseren Gesellschaft leben”, fügte er hinzu. Er beobachte heute wachsenden Widerstand gegen Ausländer. “Ich habe eine Mischung aus Neid und kultiviertem Hass wahrgenommen”, sagte Schneider. “Es ist eine Kultur der Abwertung am Werk.”

Pfarrer: “Flüchtlingsaufnahme allererste Menschenpflicht”

Der evangelische Pfarrer des Ortes, Matthias Keilholz, hat die Hoffnung auf klare Signale für die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen in der Region geäußert. “Von außen erhoffe ich mir einfach deutliche Signale, auch aus anderen Orten, aus der Politik, aus der Kirche, aus Vereinen, die deutlich sagen: Wir nehmen Menschen auf, die in Not sind. Das ist unsere allererste Menschenpflicht.”

Attacke auf Asylheim in Alberschwende

Am Ostermontag war es auch in Vorarlberg zu einem Angriff auf ein Asylheim in Alberschwende gekommen. Die Polizei konnte inzwischen fünf ortsansäßige Tatverdächtige im Alter zwischen 19 und 29 Jahren ausforschen. Sie wurden angezeigt.
Mehr dazu: “Attacke auf Asylheim: Fünf Männer ausgeforscht

(red/APA/dpa)

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