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Stromnetz in Österreich hat den Stresstest Sonnenfinsternis gut überstanden

Die Sichtbedingungen für die Sonnenfinsternis am Freitag waren gut.
Die Sichtbedingungen für die Sonnenfinsternis am Freitag waren gut. ©APA
Die Sonnenfinsternis galt als Stresstest für die Stromnetze - in Österreich wurde dieser Stresstest gut bewältigt. Selbst beim heiklen Hochfahren der Photovoltaik-Anlagen gab es keinerlei Probleme.
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Ob die Österreicher am Freitagvormittag häufiger das Licht eingeschaltet haben als an einem vergleichbaren Tag, kann nicht gemessen werden. “Wir haben maximal 60 bis 70 Prozent Abdunklung. Das ist deutlich heller als an einem trüben Tag”, so E-Control-Vorstand Walter Boltz zur APA. Auch bei den Wiener Netzen hieß es, die Auswirkungen der Sonnenfinsternis auf den Stromverbrauch seien “vernachlässigbar”, wie Unternehmenssprecher Patrick Reiterer der APA sagte.

Stromnetzbetreiber waren vorbereitet

Europas Stromnetzbetreiber haben sich seit eineinhalb Jahren auf die partielle Sonnenfinsternis vorbereitet. Obwohl gut planbar, war die dreistündige Verdunklung eine Art Stresstest für die Netze, da es bisher kein vergleichbares Ereignis gab. Bei der letzten Sonnenfinsternis im Jahr 1999 gab es noch wenige Solaranlagen und Windräder, nun liefern diese in einzelnen Ländern, speziell Deutschland, beträchtliche Strommengen. Das Problem: Es kann nicht wirklich vorausgesagt werden, wann der Wind besonders stark weht oder die Sonne scheint, so kommt es im Netz zu großen Schwankungen. Diese müssen mit sogenannter Regelenergie ausgeglichen werden.

8 Prozent des Stroms aus Sonnenenergie

Am Sonnenfinsternistag wurden in Deutschland Gas- und Kohlekraftwerke hochgefahren, um die ausbleibende Photovoltaik-Produktion zu kompensieren. In Österreich werden dafür hauptsächlich Pumpspeicherkraftwerke eingesetzt. In Österreich spielt Photovoltaik eine vergleichsweise geringe Rolle bei der Stromproduktion. 800 Megawatt Strom werden hierzulande durch Sonnenenergie erzeugt, das sind in Spitzenzeiten rund 8 Prozent des Stroms. Der maximale Leistungseinbruch kann laut Berechnungen des Netzbetreibers Austrian Power Grid (APG) 120 MW betragen. Zum Vergleich: Das Donaukraftwerk Freudenau hat eine installierte Leistung von 172 MW.

Anders die Situation in Deutschland. Dort gibt es mehr als eine Million PV-Anlagen, die meisten davon in Bayern. Zusammen haben sie eine Leistung von knapp 39.000 MW, was ungefähr 40 Atomkraftwerken entspricht. Die Netzbetreiber waren vor der heutigen Sonnenfinsternis durchaus angespannt, auch wenn sie bereits Reserveenergie eingekauft hatten. Die Kosten dafür, rund 3,5 Mio. Euro, tragen die Endkunden.

Überangebot ist die Herausforderung

Die eigentliche Herausforderung für die Stromnetzbetreiber ist nicht das Ausbleiben von Wind und Sonne, sondern ein Überangebot, wie Österreichs Chef-Energieregulator Boltz erklärt. “Die Stunden, in denen zu viel Strom produziert wird, sind schwieriger und teurer zu managen.” In Deutschland ist die Solarleistung am Freitag binnen 75 Minuten von 16.000 auf unter 7.000 MW abgesackt, zu Mittag ist sie dann in ebenfalls 75 Minuten auf bis zu 22.000 MW hochgesprungen – da stand nämlich die Sonne höher und es wurde mehr Solarstrom produziert als am frühen Vormittag.

Dennoch mussten die deutschen Netzbetreiber laut Eigenangaben nur moderat eingreifen, es habe weder Engpässe noch Blackouts gegeben, berichteten sie zu Mittag. “Uns fällt ein großer Stein vom Herzen. Alles lief wunderbar”, meinte etwa der Geschäftsführer Systembetrieb bei 50Hertz, Dirk Biermann, am Freitag in Neuenhagen bei Berlin laut dpa.

“Hoffentlich passiert den Deutschen nichts”

Der Blick nach Deutschland hat die österreichische Energiebranche im Vorfeld alles andere als kaltgelassen. “Wir haben gesagt: hoffentlich passiert den Deutschen nichts”, so Boltz. Österreich exportiert große Strommengen aus dem Nachbarland. Übers Jahr gesehen sind es 10 bis 12 Prozent, stundenweise können es aber auch 20 bis 30 Prozent sein – vor allem, wenn in Deutschland viel Sonne scheint und Wind weht. In Zeiten von Überproduktion sind nämlich die Strompreise sehr niedrig, sodass in es die Österreicher billiger kommt, Strom zuzukaufen anstatt ihn selbst zu erzeugen. “Bei uns wird dann alles (Kohle, Gas usw.) abgeschaltet”, so Boltz.

“Ein Sturm im Wasserglas”

“Sofi” war letztendlich aber nicht mehr als ein “Sturm im Wasserglas”, resümierte der E-Control-Vorstand. Weder in Österreich und Deutschland, noch in anderen europäischen Ländern mit hohem Photovoltaik-Anteil, etwa Italien, Frankreich oder Spanien, habe es Probleme gegeben. “Die Vorbereitungen haben sich gelohnt. Die Netzbetreiber haben konnten für künftige Situationen viel lernen.”

Stromnetz in Österreich stabil

Beim heimischen Stromnetzbetreiber APG hat man sich am Freitag besonders intensiv mit den Nachbarländern abgestimmt. “Wir haben ständig Kontakt, aber heute war es ein bisschen intensiver”, erklärte APG-Sprecher Fritz Wöber. Das österreichische Stromnetz sei den ganzen Tag über stabil gelaufen, auch beim heiklen Hochfahren der Photovoltaik-Anlagen sei nichts passiert. In Österreich wird fehlender Ökostrom hauptsächlich mit Pumpspeicherkraftwerken ausgeglichen. “Das ist an sich Routine, dass die Pumpspeicherkraftwerke eingreifen, wenn es notwendig ist”, erklärte Wöber. Am Freitag haben die österreichischen Pumpspeicherkraftwerke auch einen wichtigen Beitrag zur Ausregelung des deutschen Leistungseinbruchs geleistet.

“Sofi” in Wien

In der Bundeshauptstadt Wien war der “Sofi”-Freitag ebenfalls nicht mehr als normaler, etwas bewölkterer Tag, wie Wiener-Netze-Sprecher Reiterer der APA sagte. Der Leistungsverlust sei mit 17 bis 19 MW überschaubar gewesen und habe sich im Rahmen des Vorhergesagten bewegt. Auch bei Wien Energie hatte die teilweise Sonnenfinsternis “keine gravierenden Auswirkungen auf die Energieproduktion”, so Unternehmenssprecher Christian Ammer. Wien Energie hat während der Sonnenfinsternis in Traiskirchen das 18. Bürger-Solarkraftwerk eröffnet. (APA)

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