IS-Terrormiliz zeigt Video mit Mord an Piloten auf Großbildleinwand

Die Extremisten verbreiteten dazu im Internet ein Video. Auch Aktivisten berichteten am Donnerstag darüber. Der IS hatte den Piloten Muath al-Kasasbeh bei lebendigem Leibe verbrannt und den grausamen Mord in einem 22 Minuten langen Film öffentlich gemacht.
Auch Kinder involviert
Das neue Video zeigt Männer, die “Allahu akbar” rufen, als der Pilot in Flammen aufgeht. “Das ist das Schicksal eines jeden, der Muslime angreift”, sagt einer der interviewten Zuschauer. Ein anderer Mann erklärt, Kasasbeh habe Kinder von Muslimen bombardiert und den Tod durch Verbrennung verdient. Auch ein etwa zehn Jahre alter Bub wird befragt. Er sei sehr glücklich, sagt er. “Ich hätte ihn mit meinen eigenen Händen verbrannt.”
IS will seine Feinde verunsichern
Mit der Verbrennung eines jordanischen Kampfpiloten bei lebendigem Leib hat die Jihadistenmiliz “Islamischer Staat” (IS) ganz bewusst auf die globale Medienwirkung dieser “beispiellosen Bestrafung” gesetzt. Die Horrorbotschaft soll nach Einschätzung von Experten durch Abschreckung Keile in die Allianz arabischer und westlicher Staaten treiben, die sich gegen den Vormarsch der Miliz verbündet haben.
Nach den Enthauptungen, Steinigungen und Kreuzigungen durch IS-Kämpfer im Irak und in Syrien gingen die Extremisten noch einen Schritt weiter: Die Aufnahmen des Piloten Maas al-Kassasbeh, der in einem Käfig um sein Leben ringt, bevor er verbrennt, gleichen den mittelalterlichen Scheiterhaufen.
Damit solle die von den USA geführte Koalition, der auch Jordanien angehört, terrorisiert werden, die Luftangriffe auf die Stellungen der Gruppe “Islamischer Staat” fliegt, erläutert Romain Caillet, Experte für Jihadismus am Pariser Nahostinstitut. Der IS wolle den Alliierten damit sagen: “Eure Männer werden in noch grausameren Videos auftauchen, die Eure Öffentlichkeit dauerhaft traumatisieren werden”, sagt Caillet der AFP.
Maximaler Schmerz zufügen
Hassan Hassan vom Delma-Institut in Abu Dhabi pflichtet bei: “Das Video bietet dem IS eine enorme Möglichkeit, insbesondere den muslimischen Ländern der Koalition maximalen Schmerz zuzufügen.” Nach einem Bericht des jordanischen Staatsfernsehens ist inzwischen erwiesen, dass der Pilot schon am 3. Jänner und damit wenige Tage nach seinem Absturz über Syrien ermordet wurde. Dies belege, dass es nie die Absicht des IS gewesen sei, den Gefangenen als Trumpfkarte bei Verhandlungen einzusetzen. Sein furchtbares Schicksal sollte allein zur Abschreckung dienen.
In dem insgesamt 22 Minuten langen Video zeigen die Jihadisten verletzte Kinder in syrischen Krankenhäusern, gefolgt von Detonationslärm. Das seien die Einschläge der feindlichen Luftangriffe, lautet der Kommentar.
Für Thomas Pierret, Spezialist für zeitgenössischen Islam an der Universität von Edinburgh, beabsichtigt der IS eine “mediale Eskalation”, um die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit zu erzwingen. “Mit seinen häufigen Enthauptungsvideos hat der IS diese Aktionen inzwischen banalisiert. Mit der Verbrennung soll ein neuer Medienhype erzielt werden, wenn man das so salopp sagen darf”, erklärt Pierret.
“Auge um Auge, Zahn um Zahn”
Die Videobilder symbolisieren für ihn “metaphorische Vergeltung”: Der altorientalische Rechtssatz “Auge um Auge, Zahn um Zahn” solle hier “gegenüber jemand umgesetzt werden, der Bomben abgeworfen hat. Der Scheiterhaufen wird so zu einer Art Antwort auf das Feuer vom Himmel, das von den F-16-Bombern kam”, erläutert der Islamwissenschaftler.
Als Rechtfertigungsversuch für diese brutale Hinrichtung zitiert das Video Ibn Taimija, einen radikalen Theologen aus dem 13. Jahrhundert, dessen Lehren eine Grundlage des Salafismus sind: “Wenn der grauenhafte Tod ermöglicht, die Aggression abzuwehren, handelt es sich um einen legitimen Akt des Jihad.” Als Antwort darauf forderten am Mittwoch, angewidert von der brutalen Tat, viele Muslime in Internetforen, die Werke dieses Ideologen scharf zu verurteilen oder gar zu verbrennen.
Auf den Onlineplattformen der Jihadisten wurden dagegen Koranverse angeführt, die die Verbrennung zu legitimieren scheinen. So drohe die 16. Sure den Übeltätern an, sie auf die gleiche Art zu bestrafen, wie sie Unrecht begangen haben.
Aber Islamgelehrte kritisierten die Barbarei des IS und hielten dagegen, diese Verse würden verdreht, weil Gott in der gleichen Sure als “allverzeihend und allbarmherzig” charakterisiert wird. Zugleich verweisen diese Theologen auf einen Hadith (überlieferten Ausspruch) des Propheten Mohammed, in welchem er die Folter und auch die Tötung mittels Feuer untersagt. Islamexperte Hassan ergänzt dazu, selbst die jordanischen Salafisten hätten am Mittwoch in einer Erklärung zwar nicht den Tod des Kampfpiloten bedauert, aber die Art seiner Hinrichtung verurteilt.