Großputztag im Wiener Gemeinderat: 3.200 Kilo schwerer Luster gereinigt
Fünf Meter Durchmesser hat die mit exakt 2013 Glühbirnen bestückte Lichtquelle an ihrer breitesten Stelle. Um dem Staub zu Leibe rücken zu können, haben die beiden mit der Generalreinigung beauftragten Rathausmitarbeiter – “mehr würden sich da oben sowieso nur im Weg stehen”, sagt Stefan Novotny von der zuständigen MA 34 (Gebäudemanagement) – Schwindelfreiheit und Artistik gleichzeitig zu beweisen. Denn das Duo muss in die gigantische Konstruktion steigen, um – an Seilen gesichert – mit Druckluft und Beserl dem Schmutz Herr zu werden.
3.200 Kilo schwerer Riesenluster gereinigt
Acht Stunden dauert der Großputz, begonnen wird bereits um 6.00 Uhr. Panzerglasplatten, die zwischen den Streben eingelegt sind, erleichtern dem Zweigespann die Arbeit. Sie dienen einerseits als Wartungsgang und schützen andererseits die darunterliegenden gewölbten Glaskörper vor gröbster Verunreinigung. Insofern werden die gläsernen Einsätze nur alle vier bis sechs Jahre poliert, so Novotny,
Designt wurde das metalllastige Schmuckstück, das in seiner Form an eine von symmetrischen Streben durchbrochene Schale erinnert, von Friedrich Schmidt. Fertiggestellt war die Konstruktion bereits 1873, um bei der Weltausstellung im Wiener Prater gezeigt zu werden. Danach kaufte die Stadt den gigantischen Luster, um ihn 1878 erneut bei der Weltausstellung in Paris zu präsentieren – samt Plänen des damals gerade in Bau befindlichen Rathauses an der Ringstraße.
Großputztag im Wiener Gemeinderat
Das von der dunklen Kassettendecke hängende Monstrum trug im Übrigen auch daran Mitschuld, dass der Gemeinderatssaal erst zwei Jahre nach der offiziellen Fertigstellung des Rathauses (1883) fertiggestellt wurde, schöpft Novotny aus dem Anekdotenschatz. Denn die Stadtverwaltung wollte den im ersten Stock gelegenen Sitzungssaal der Kommunalregierung als einzigen Raum des Neubaus nicht via Gaslampen, sondern bereits elektrisch erleuchtet wissen. Damals spielte nur der Rittersaal der kaiserlichen Hofburg dieses technische Stückerl. Um im Rathaus bzw. im Gemeinderat gleichziehen zu können, musste allerdings eine eigene – inzwischen längst verschwundene – Stromerzeugungsanlage in der Etage darüber installiert werden.
Obwohl mittels eigener Stahlkonstruktion sicher im Dachboden verankert, trieb das strahlende Schwergewicht den darunter sitzenden Abgeordneten regelmäßig die Schweißperlen auf die Stirn. Der Grund: Die damals noch 260 Glühbirnen strahlten eine enorme Hitze ab. “In den 1960er-Jahren wurde der Luster um einen Meter höher gehängt, weil die Abgeordneten ganz schön ins Schwitzen gekommen sind”, so Novotny. Seit Anfang der 1990er-Jahre gibt die meterhohe Konstruktion noch weniger Wärme ab. Denn damals wurde auf Energiesparlampen umgerüstet und gleichzeitig die Zahl der Birnen von 260 auf 213 reduziert. Statt 15 Kilowatt pro Stunde komme man nun mit drei aus.
(APA)