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Säbelrasseln auf Krim: Lage spitzt sich dramatisch zu

Laut ukrainischem Verteidigungsministerium hat Russland seine militärische Präsenz inzwischen auf 6.000 Soldaten verstärkt.
Laut ukrainischem Verteidigungsministerium hat Russland seine militärische Präsenz inzwischen auf 6.000 Soldaten verstärkt. ©AP
Nach dem Machtwechsel in der Ukraine spitzt sich die Lage auf der russisch geprägten Krim zu. Im Streit um die Halbinsel werfen sich Kiew und Moskau gegenseitig Provokationen vor. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums habe Russland seine Militärpräsenz auf 6000 Soldaten verstärkt. Einen Militäreinsatz auf der Halbinsel hält Russland für durchaus möglich, hieß es am Samstag.
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Indes hat die Staatsduma Kremlchef Putin dazu aufgerufen, der neuen moskautreuen Regierung auf der Halbinsel Krim Beistand beim Schutz der Bürger zu leisten. Es seien Schritte für eine Stabilisierung der Lage dort nötig, sagte Parlamentschef Sergej Naryschkin am Samstag der Agentur Interfax zufolge.

Russland hält Einsatz von Streitkräften für möglich

Kurz darauf erklärte der russische Föderationsrat, dass es den Einsatz eines begrenzten Kontingents an Streitkräften für eine Normalisierung der Lage auf der Halbinsel Krim für zulässig halte. Das Oberhaus in Moskau lasse diese Möglichkeit zum Schutz der Bürger und der russischen Schwarzmeerflotte zu, so Föderationsratschefin Valentina Matwijenko.

Krim-Regierungschef übernimmt Befehlsgewalt

Mit rasantem Tempo wachsen zwischen der Ukraine und Russland die Spannungen um die autonome Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Der moskautreue neue Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow übernahm am Samstag vorübergehend die Befehlsgewalt in der Autonomen Republik. Auch er rief Kremlchef Wladimir Putin um Beistand für Ruhe und Frieden an.

Kreml prüft Bitte um Beistand

Die Präsidialverwaltung in Moskau teilte mit, das Ersuchen werde geprüft. Zugleich zog die prorussische Führung in Simferopol ein Referendum über die Zukunft der Autonomen Republik auf den 30. März vor. Im Gegenzug forderte der neue ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk Russland zum Rückzug seiner Truppen von der Krim auf.

Referendum über Status der Krim vorverlegt

Das Referendum war ursprünglich für den 25. Mai geplant. Grund für die Vorverlegung sei die zunehmende Verschlechterung der Lage auf der Halbinsel, sagte der moskautreue Regierungschef Aksjonow am Samstag. “Der Konflikt ist über die Grenzen des Vernünftigen hinausgegangen”, sagte er. Das Datum sei aber weiterhin nur vorläufig – und abhängig von der Entwicklung.

In einer öffentlichen Erklärung sagte Aksjonow, die Truppen des Innenministeriums, des Geheimdienstes SBU sowie die Flotte, der Zivilschutz und andere Dienste hätten nun seinem Kommando zu folgen. “Wer nicht einverstanden ist, den bitte ich, den Dienst zu verlassen”, sagte er. Nach der Befehlsübernahme von Aksjonow war die Lage zunächst ruhig.

Der prorussische Regierungschef warf der ukrainischen Zentralregierung vor, die Verfassung der Autonomen Krim-Republik zu verletzen. So sei ohne Mitsprache der Krim-Führung etwa ein neuer Polizeichef ernannt worden, kritisierte der Politiker. Ihm wurde der Zugang zur Behörde in Simferopol verweigert.

Ukraine fordert Russland zum Rückzug auf

Der neue ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk forderte Russland auf, seine Truppen von der Krim abzuziehen. Es gebe gegenwärtig einen “unzulässigen Aufenthalt” russischer Soldaten auf der Krim. Zuvor hatten ukrainische Behörden behauptet, dass 2000 russische Soldaten in Iljuschin-Maschinen auf der Krim seien. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es aber nicht. Der Luftraum über Simferopol war weiter gesperrt, hieß es.

Keine militärische Reaktion auf “Provokation”

Die Ukraine werde auf Provokationen nicht mit Gewalt reagieren, sagte Jazenjuk. Nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch verschärfte sich die Krise in der vor dem Staatsbankrott stehenden Ex-Sowjetrepublik weiter. Interimspräsident Alexander Turtschinow hatte davor gewarnt, dass Russland eine Annexion der Krim plane. Der sowjetische Kremlchef Nikita Chruschtschow hatte die Krim 1954 an seine ukrainische Heimat verschenkt. Bis heute wohnen dort mehrheitlich Russen.

Washington verschärft Ton gegenüber Moskau

Die USA verschärften ihren Ton gegenüber Russland. Im Fall einer russischen Militärintervention in der Ukraine wollen die USA möglicherweise den G8-Gipfel in Russland platzen lassen. Washington erwäge, das Treffen im russischen Sotschi im Juni zu boykottieren, sagte ein hochrangiger Regierungsbeamte der Nachrichtenagentur dpa. Dabei sei man auch mit europäischen Partnerländern im Gespräch.

US-Präsident Barack Obama erklärte, eine militärische Intervention auf die Krim würde ihren “Preis” haben. Bei einer spontan anberaumten Pressekonferenz sagte er am Freitag: “Jede Verletzung der Souveränität und Grenzen der Ukraine wäre zutiefst destabilisierend”.

Russland “äußerst besorgt”

Das russische Außenministerium reagierte in einer Stellungnahme “äußerst besorgt”. Aus Kiew entsandte Truppen hätten in der Nacht zum Samstag versucht, das Innenministerium der Krim-Republik einzunehmen, kritisierte die Behörde. Bei der erfolgreichen Abwehr der geplanten Gebäudeübernahme habe es Verletzte gegeben. “Wir halten es für äußerst unverantwortlich, die ohnehin gespannte Lage auf der Krim weiter anzuheizen”, hieß es in der Mitteilung.

Russland wies unterdessen Kritik der Ukraine und Westens zurück. “Wir haben einen Vertrag mit der Ukraine über die Präsenz der russischen Schwarzmeerflotte. Und wir handeln im Rahmen dieser Vereinbarung”, sagte der russische Botschafter bei den Vereinten Nationen (UN), Witali Tschurkin. Russland hatte wiederholt betont, dass die wachsenden Spannungen in der Ukraine auf den Einfluss von Rechtsextremisten und Nationalisten in der neuen ukrainischen Regierung zurückzuführen seien.

(dpa/APA/red)

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