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Europas mächtigste Politikerin geht in ihre dritte Amtszeit

Merkels Regierung vor Amtsantritt - Kritik an hohen Ausgaben.
Merkels Regierung vor Amtsantritt - Kritik an hohen Ausgaben. ©EPA
Es ist eine Karriere, wie sie in Europa ihresgleichen sucht: Nach dem Fall der Berliner Mauer ging die ostdeutsche Physikerin Angela Merkel in die Politik, eroberte nach und nach Partei- und Regierungsämter in Berlin und stieg als Bundeskanzlerin zur mächtigsten Frau der Welt auf. An der Spitze einer Großen Koalition will sie Europas größte Volkswirtschaft nun vier weitere Jahre regieren.
Union und SPD unterzeichnen Koalitionsvertrag

Am Dienstag stellt sie sich im Deutschen Bundestag für eine dritte Amtszeit zur Wahl. Unter der Kanzlerschaft Merkels ist Deutschlands Gewicht in Europa gewachsen, vor allem seit Beginn der Eurokrise. Ihr Regierungsprogramm, auf das sich Christ- und Sozialdemokraten in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt haben, verheißt außenpolitische Kontinuität. Kritik im In- und Ausland regt sich aber an dem ebenfalls vereinbarten deutlichen Anstieg der Staatsausgaben. Die Kanzlerin, die die Euro-Krisenstaaten zum Sparen zwinge, nehme es mit der Sparsamkeit daheim nicht so genau, lautet der Vorwurf.

Keine schmerzhaften Reformen für Deutsche

Anders als zu Zeiten der “Agenda 2010” von Merkels Amtsvorgänger Gerhard Schröder (1998-2005) drohen den Deutschen keine schmerzhaften Reformen. Vielmehr sollen Mütter mehr Rente bekommen, langjährig Beschäftigte früher in Rente gehen und die Renten für Geringverdiener staatlich aufgestockt werden. Teuer könnten auch geplante Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur sowie zur Entlastung von Ländern und Kommunen werden. Insgesamt hat Merkels Große Koalition Mehrausgaben von 23 Milliarden Euro eingeplant.

Kritik an Merkels Ausgaben

“Nun wird die Frau, die den Rest Europas über die Unhaltbarkeit seiner Wohlfahrtausgaben belehrte, demselben verschwenderischen Weg folgen”, bemerkte das britische Magazin “The Economist”. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kritisierte, dass sich die teuren Pensionspläne negativ auf Wachstum und Beschäftigung auswirken könnten. “Der Koalitionsvertrag 2013 wird leider in fetten Zeiten gedichtet”, befand die “Berliner Morgenpost” in einem Leitartikel.

Koalition weist Vorwürfe zurück

Die Koalitionäre weisen den Vorwurf der Verschwendung zurück. So soll das Bundesbudget laut Vertrag bis 2015 ausgeglichen und die Staatsschuldenquote von derzeit rund 80 Prozent binnen zehn Jahren auf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sinken. Merkel setzt darauf, dass die Konjunktur weiter brummt und die Steuereinnahmen auch ohne Steuererhöhungen weiter steigen.

Der deutsche Bundesrechnungshof mahnte zur Vorsicht. Das Ziel eines ausgeglichenen Budgets sei nur unter bestimmten Voraussetzungen zu erreichen, warnte Rechnungshof-Präsident Dieter Engels vergangene Woche. So müssten die Zinsausgaben auf ihrem niedrigem Niveau verharren und die Steuereinnahmen entsprechend den aktuellen Schätzungen steigen. Die Ausgaben für Arbeitsmarkt und Gesundheit müssten stabil bleiben. Auch dürfe die europäische Staatsschulden- und Bankenkrise nicht zu weiteren Belastungen führen.

Keine erst zu nehmenden Gegner

In Merkels Partei hat sich vor allem der Wirtschaftsflügel gegen die teuren Renten- und Arbeitsmarktprogramme gestellt. Allerdings wurde die Kritik nicht allzu lautstark vorgetragen, und beim kleinen CDU-Parteitag vorige Woche wurde der Koalitionsvertrag bei nur zwei Enthaltungen ohne Gegenstimmen angenommen. Ernst zu nehmende Gegner in ihrer eigenen Partei hat die Kanzlerin und CDU-Chefin nicht.

CDU als “Ein-Frau-Partei”

“Die Stärke Merkels ist zugleich die Schwäche der CDU”, schrieb die “Bild-Zeitung” in einem Kommentar. Die CDU sei unter ihr zu einer “Ein-Frau-Partei” geworden, ohne klares Programm und ohne profilierte Köpfe. “Hinter der stärksten Frau Europas steht ein schwacher Kanzlerinnenwahlverein”, befand das Blatt.

Unterdessen spekulieren die deutschen Medien darüber, wie lange die Ära Merkel wohl noch dauern wird. Viele bezweifeln, dass die jetzt 59-jährige Christdemokratin 2017 noch einmal antreten wird. Die Amtsdauer ihrer Vorgänger Helmut Kohl (1982-1998) und Konrad Adenauer (1949-1963) würde sie dann nicht mehr übertreffen können. Ein möglicher Nachfolger für einen Generationswechsel in der deutschen Christdemokratie ist aber nirgendwo in Sicht.

(DPA)

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