EU-Botschafter: SVP-Initiative könnte Schweiz isolieren
Am 9. Februar stimmen die Schweizer über die Masseneinwanderungsinitiative ab. Glaubt man den zahlreichen Gegnern der Vorlage aus dem bürgerlichen und linken Lager, geht es bei dieser “schicksalhaften Volksabstimmung” um nichts Geringeres als den “Wohlstand der Schweiz”. Auch der Bundesrat (Regierung) und Brüssel warnen vor einschneidenden Konsequenzen bei einem Ja.
Keine Neuverhandlungen
Der EU-Botschafter in Bern machte nun klar, dass aus seiner Sicht die Schweiz das Personenfreizügigkeits-Abkommen mit Brüssel kündigen müsse, sollte die SVP-Initiative vor den Stimmbürgern bestehen. Die Vorlage verlangt die Abkehr von der Personenfreizügigkeit hin zu einem Kontingentsystem.
Für Jones gibt es keine Neuverhandlungen über Quoten oder Einwanderungs-Kontingente, wie die Initiative das will. Bei einem Ja an der Urne sieht er die Schweiz in der Pflicht, das Personenfreizügigkeitsabkommen mit Brüssel zu kündigen.
Damit würde ihm zufolge das ganze Paket der Bilateralen I hinfällig. Es handelt sich dabei um weitere sechs Abkommen zwischen Bern und Brüssel, die über die sogenannte “Guillotine-Klausel” miteinander verbunden sind: Wird eines davon gekündigt, sind auch die andern am Ende. Laut Jones wären auch die für 2014 geplanten Verhandlungen über “institutionelle Fragen” wie etwa die automatische Übernahme von EU-Recht gefährdet.
SVP: “EU wird sich nicht ins eigene Fleisch schneiden”
Anders sieht dies SVP-Vizepräsident und Nationalrat Adrian Amstutz. Die Schweiz sei ein wichtiger Verhandlungspartner und müsse sich nicht vor Neuverhandlungen mit der EU fürchten. Zudem werde die EU kaum auf das Landverkehrsabkommen (ein Teil der Bilateralen I, Anm.) verzichten wollen. “Die EU ist unabdingbar auf die Nord-Südtransitachse angewiesen. Sie wird sich nie ins eigene Fleisch schneiden und diesen Vertrag aufkündigen”, so Amstutz.
Der SVP-Exponent hat – wie wohl nicht nur Parteigenossen – auch kein Verständnis für Jones’ kritische Äußerungen: “Der EU-Botschafter hat sich nicht in den Schweizer Abstimmungskampf einzumischen.” Weiter betonte er, auch andere Länder innerhalb der EU würden sich über hohe Zuwanderungsraten beklagen, diese seien aber weitaus tiefer, als jene in der Schweiz. Deshalb habe Brüssel bestimmt Verständnis für das Anliegen der SVP.
“Gewaltige Migration”
Im Interview will Jones indes nichts davon wissen, dass die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU keine “heilige Kuh” mehr sei. So habe der britische Premier David Cameron mit seiner Forderung nach neuen Regeln gegen die “gewaltige Migration” innerhalb der EU “einzig Verbesserungen beim Zugang zu Sozialversicherungsleistungen als Ziel gehabt”.
Seit der vollständigen Öffnung der Grenzen für die alten EU-Staaten 2007 kamen laut der Schweizer Presse jährlich zwischen 63.000 und knapp 77.000 Arbeitskräfte in die Schweiz, 90 Prozent davon aus der EU. In den Beziehungen der Schweiz zur Union gibt es neben den Bilateralen I auch das Paket der Bilateralen II, das von Jones nicht angesprochen wurde und nicht über die Guillotine mit den andern Abkommen verbunden ist.
(APA)