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PISA: Österreich holt nach Absturz wieder auf

Nach Tiefpunkt 2009 wieder auf dem Niveau von 2006
Nach Tiefpunkt 2009 wieder auf dem Niveau von 2006 ©AP
Österreich hat bei der PISA-Studie 2012 nach dem "Absturz" im Jahr 2009 wieder aufgeholt. Sowohl im Haupttestfach Mathematik als auch beim Lesen und in den Naturwissenschaften gab es deutliche Zugewinne, zeigt die am Dienstag präsentierte Studie.
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In der Mathematik liegt Österreich nun sogar über dem OECD-Schnitt, beim Lesen darunter und in den Naturwissenschaften in etwa beim OECD-Mittelwert. Konkret erreichten die österreichischen Schüler des Altersjahrgangs 1996 in der Mathematik 506 Punkte und damit Platz elf unter den 34 OECD-Ländern (OECD-Schnitt: 494). Das entspricht einem Zuwachs von zehn Punkten gegenüber der letzten PISA-Studie 2009. Beim Lesen landete Österreich mit einem Plus von 20 Punkten mit 490 Punkten auf Platz 21, liegt damit aber noch immer signifikant unter dem OECD-Schnitt (496). In den Naturwissenschaften reichte es mit 506 Punkten (plus zwölf Punkte) für Platz 16 (OECD-Schnitt: 501).

Auf dem Niveau von 2006

Mit diesem Ergebnis liegen die PISA-Werte laut OECD “wieder auf dem 2003 und 2006 verzeichneten Leistungsniveau”. Die Resultate 2009 hatte die OECD nur “mit Vorbehalt” berichtet, da österreichische Schülervertreter kurzfristig zum Boykott aufgerufen hatten. Dieser wurde zwar kaum realisiert. Allerdings herrschte laut OECD damals “eine negative Stimmung gegenüber Bildungserhebungen, die einen ungünstigen Einfluss auf die Motivation der Schüler bei der Beantwortung der PISA-Aufgaben gehabt haben könnte”.

Wenig Freude an Mathematik

Weitere Resultate der Studie: Die österreichischen Schüler zählen OECD-weit zu denjenigen, die am wenigsten Freude an Mathematik haben. Die Leistungsunterschiede in Mathe zwischen Burschen und Mädchen sind in Österreich (22 Punkte) wesentlich größer als im OECD-Schnitt (elf Punkte). Und: Diese Kluft geht immer weiter auf – zwischen 2003 und 2012 stieg der Geschlechter-Leistungsunterschied um 15 Punkte an. Das ist die stärkste Zunahme im gesamten OECD-Raum.

Während sich das Gesamtergebnis im Vergleich zu 2003, als Mathematik zuletzt im Zentrum von PISA stand, nicht verändert hat, gab es eine Verschiebung beim Leistungsspektrum zwischen den Geschlechtern. So ist bei den Burschen der Anteil an Risikoschülern, die bestenfalls einfache Formeln und Schritte zur Lösung von Aufgaben anwenden können, um rund drei Prozentpunkte auf 16,1 Prozent zurückgegangen und gleichzeitig hat sich der Anteil an Mathe-Assen von 16,7 auf 18 Prozent gesteigert. Bei den Mädchen hat unterdessen der Anteil der Risikoschülerinnen um fast drei Prozentpunkte auf 21,2 Prozent zugelegt und im Vergleich zu 2003 der Anteil der Spitzenschülerinnen um über einen Prozentpunkt auf 10,6 Prozent abgenommen.

“Über das Auseinanderdriften zwischen Jungen und Mädchen in der Mathematik sollte sich Österreich Sorgen machen”, sagt der stellvertretende OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. Immerhin könne man anhand der Mathematik-Kompetenzen von Menschen “mit ziemlicher Sicherheit voraussagen, wie groß ihre Chancen auf einen erfüllenden Arbeitsplatz sind und ob sie auch sonst an der Gesellschaft teilhaben werden”. Es sei “schlicht nicht hinnehmbar”, dass Frauen hier in Österreich “so viel schlechter” dastünden als Männer, so Schleicher.

Große Geschlechtsunterschiede in die andere Richtung gibt es auch immer noch beim Lesen: Hier erreichen die Mädchen wie schon seit der ersten PISA-Studie 2000 bessere Ergebnisse, der Unterschied liegt im Schnitt bei 37 Punkten. In den Naturwissenschaften schneiden Burschen und Mädchen ähnlich ab.

Keine Verbesserung bei Migranten

Keine Verbesserung gab es in Österreich bei den Chancen von Schülern mit Migrationshintergrund. Sowohl in der OECD als auch in Österreich ist seit 2003 der Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund gestiegen (von neun auf 12 bzw. 13,1 auf 16,4 Prozent). Während sich aber im OECD-Schnitt der Leistungsabstand der Schüler mit Migrationshintergrund um elf Punkte verringert hat, ist er in Österreich unverändert groß.

Beim Anteil der Schüler, die trotz ungünstigem sozioökonomischem Hintergrund über Erwarten gut abschneiden, landet Österreich mit 5,6 Prozent nahe dem OECD-Schnitt (6,5 Prozent). Interessant in diesem Zusammenhang: Im OECD-Schnitt haben Standorte mit vielen sozioökonomisch benachteiligten Schülern mindestens gleich viele, wenn nicht mehr Lehrer als Schulen mit bessergestelltem Klientel. In Österreich kommt indes an Schulen mit betuchteren Schülern ein Lehrer auf zehn Schüler, an Standorten mit sozioökonomisch benachteiligten Schülern ein Lehrer auf 12,7 Jugendliche.

Regierung erfreut über Ergebnisse

Die Regierung hat sich am Dienstag insgesamt erfreut über die Ergebnisse der PISA-Studie gezeigt. Für Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeichnet sich eine “Trendwende” im Bildungsbereich ab. Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) forderte nach dem Ministerrat angesichts der Ergebnisse: “Hören wir auf mit dem Lehrer-Bashing.”Wien. Für Faymann zeigen die Ergebnisse, “dass Maßnahmen wie die Verkleinerung der Klassen und bessere Betreuung Wirkung gezeigt haben”. Spindelegger sieht das etwas bessere Abschneiden der österreichischen Schüler dagegen offenbar weniger in den Reformen der Regierung begründet, denn: “Dass es besser geworden ist, ist erfreulich und die Ursachen dafür sind in den Anstrengungen der Lehrer zu suchen.”

Diensstellenversammlung “verkraftbar”

Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) verwies auf die Einführung der Neuen Mittelschule (NMS). “Ich freue mich, dass die Bemühungen dadurch, dass die Neue Mittelschule eingeführt wurde, greifen”, sagte sie am Rande des Ministerrats. “Ich denke, die Neue Mittschule greift Platz in Österreich und das ist gut so”, so Heinisch-Hosek. Gründe für das bessere Abschneiden der österreichischen Schüler sah sie etwa in der Doppelbetreuung in den Hauptgegenständen.

Zu den angekündigten zweistündigen Dienststellenversammlungen der Lehrer an den AHS und BMHS am Donnerstag sagte sie, diese seien “gerade noch verkraftbar”. Aber “es sollte dabei bleiben”, denn ihr gehe es darum, dass kein einziges Kind darunter zu leiden habe.
(red/APA)
 
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