Klaus Maria Brandauer feierte auf Burgtheater-Bühne 70. Geburtstag

In einem einmaligen Gastspiel als “Festvorstellung” spielte Brandauer im Burgtheater “Das letzte Band” von Samuel Beckett, das er mit Regisseur Peter Stein erarbeitet und im März im brandenburgischen Neuhardenberg erstmals gezeigt hatte.
Brandauer irritierte mit Beckett
Mit seinem fast eineinhalbstündigen Beckett-Solo irritierte Brandauer das festlich gestimmte Publikum gewaltig. Von der Maske zwischen Beckett-Clown und Rembrandt (den er in einem Film von Charles Matton vor zehn Jahren gespielt hat) angesiedelt, im Lichtkegel an einem Tisch auf der ansonsten tiefschwarzen Bühne sitzend, lieferte der Burgstar als Schriftsteller Krapp, der sich anhand alter Tonband-Aufzeichnungen an sein Leben erinnert, die längste Zeit ein stummes Spiel, in dem Husten-Duette mit dem Publikum zur willkommenen Abwechslung wurden.
Brandauer hat sich für die Rolle eine seltsam quiekende, hohe Stimme zurechtgelegt. Krapp ist in dem Stück genauso alt wie sein Darsteller – eine heimliche Pointe bei der Stückwahl – und doch sichtlich schlechter beisammen. Ein gebrechlicher, vom Leben gezeichneter Sonderling, der jede Geste mit leerer Grandezza zelebriert, aber nie wirklich in sein Inneres blicken lässt. So hätte der demenzkranker Kunsthistoriker Ernst enden können, dessen Verfall Brandauer in dem Fernsehfilm “Auslöschung” kürzlich mit weniger Virtuosität und wesentlich mehr Wahrhaftigkeit dargestellt hat.
“Das letzte Band”: Vorgeschmack auf “Lear”?
Wesentlich mehr Wert auf Differenzierung hat Brandauer beim Einsprechen jenes Bandes (“Schachtel drei, Spule fünf.”) gelegt, das der 39-jährige Krapp einst mit seinen Gedanken beim Anhören eines noch älteren Bandes besprochen hat und dem alten Krapp nun als Erinnerung dient. So wurde “Das letzte Band” über weite Strecken ein Hörspiel und diente nicht eben der Vorfreude auf das, was sich Brandauer und Stein alles für den “Lear” einfallen lassen könnten, der im Dezember zur Premiere gebracht wird.
2004 hat Brandauer mit Lessings “Nathan der Weise” seine bisher letzte Burgtheater-Premiere gespielt. Tatsächlich ist die Liste der Auszeichnungen von Klaus Maria Brandauer bedeutend länger als jene seiner Rollen an dem Haus, dessen festes Mitglied er seit 1972, dessen Ehrenmitglied er seit 2008 ist.
Tonband, Thron und Torte
“Ich freue mich sehr”, bedankte sich Brandauer bei der anschließenden Feier auf offener Bühne, für die Tisch und Tonband rasch durch Thron und Torte ersetzt wurden, und setzte verschmitzt hinzu, es sei sehr freundlich vom Direktor, “dass er mir nicht vorgeworfen hat, dass ich, wenn ich mich schon so freue hier zu sein, öfter vorbeischauen hätte können”.
Nun endlich, nach überstandener Düsternis, fanden endlich, begleitet von Standing Ovations und Konfettiregen, die wahren Dramen statt: Einem nach dem anderen versagte angesichts des zu ehrenden Schauspielstars die Stimme. Es habe ihm bereits vor Tagen die Sprache verschlagen angesichts der Ehrung eines Schauspielers, “der alles erreicht hat, was man erreichen kann. Mehr geht einfach nicht! Es gibt keinen Größeren! So viele Auszeichnungen! So viele Verdienste!”, krächzte der stimmlich sichtlich angeschlagene Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann.
“Happy Birthday” im Burgtheater
Auch Betriebsrätin Dagmar Hölzl, die den von der Kollegenschaft verliehenen “Ehrenring des Burgtheaters” überreichte, und der künstlerische Generalsekretär des Burgtheaters, Gerhard Blasche, der aus einem Brief des Bundespräsidenten vorlas, in dem dieser hervorhob, “seit Jahrzehnten mit Herrn Professor Brandauer befreundet” zu sein, brachten – leicht irritiert von einem fröhlich feixenden Brandauer, der seine Clown-Rolle nun sichtlich genoss – ihren Part nicht ohne Pannen über die Bühne.
Der vom Ensemble gemeinsam mit dem Publikum angestimmte “Happy Birthday”-Chor hätte die eine oder andere Probe durchaus vertragen können. Würdig überreichte dagegen Ensemblesprecher Roland Koch einen Hortensienstrauch zum Zweck der baldigen Anpflanzung in Altaussee. Ein Baum, so Koch, würde nämlich die Fahrt mit dem Porsche in die geliebte Heimat von Klaus Maria Brandauer wohl nicht überstehen.