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Mit der Flucht nach Hongkong liegt Snowdens Schicksal in Pekings Hand

Edward Snowden: China könnte Auslieferung an die USA verhindern
Edward Snowden: China könnte Auslieferung an die USA verhindern ©EPA
Die Flucht von Edward Snowden nach Hongkong ist ein gewagtes Spiel. Das Schicksal des Amerikaners, der die massiven Internet-Schnüffeleien der US-Regierung enthüllt hat, liegt jetzt nicht nur in der Verfügungsgewalt der Behörden von Hongkong, sondern letztendlich in der Hand Chinas.
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Die ehemalige britische Kronkolonie ist seit der Rückgabe an die Volksrepublik 1997 eine autonom regierte chinesische Sonderverwaltungsregion (SAR).

Hongkong hat Auslieferungsabkommen

Schon seit 1998 hat Hongkong – anders als China – ein Auslieferungsabkommen mit den USA. Politische Fälle sind davon ausgeschlossen. Auch kann die Regierung in Peking eine Auslieferung ablehnen, wenn sie Chinas “Verteidigung, Außenpolitik oder wichtige öffentliche Interessen oder Politik” schädigen. Eigentlich sucht der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter auch Asyl. Nur ist Hongkong nicht unbedingt als Zufluchtsort für politisch Verfolgte bekannt. Er selbst würde Island bevorzugen.

29-Jähriger zwischen zwei Großmächten

Nach dem harmonisch wirkenden Gipfel zwischen US-Präsident Barack Obama und Chinas Präsident Xi Jinping am Wochenende in Kalifornien steht der 29-jährige Snowden jetzt mitten zwischen beiden Großmächten. Seit seinen Enthüllungen verblasste die Rolle Chinas als böser Hacker, während sich jetzt ausgerechnet die demokratischen USA als Schnüffler und Datensammler im Internet rechtfertigen müssen.

Versteckt in Hotel in Hongkong

Wie sich Peking verhalten wird, ist auch wegen der Sonderrolle Hongkongs schwer vorherzusagen. Seit seiner Ankunft vor drei Wochen hält sich Snowden in einem Hotel in der Metropole versteckt. Wie er der britischen Zeitung “Guardian” sagte, will er sich keineswegs in die Hände chinesischer Sicherheitsorgane begeben. Ganz im Gegenteil: Er habe die Wirtschaftsmetropole gewählt, weil die Menschen dort besonders engagiert für Meinungsfreiheit und politische Rechte einträten.

Obwohl die Sonderverwaltungsregion keine frei gewählte Regierung besitzt, pflegen die Hongkonger eine aktive politische Kultur, wie sich in häufigen Demonstrationen und hitzigen Debatten zeigt. China genießt zwar volle Souveränität über Hongkong, gewährt den sieben Millionen Einwohnern allerdings weitreichende Freiheiten nach dem Grundsatz “ein Land, zwei Systeme”.

Dieses “hohe Maß an Autonomie” und ein eigenes Grundgesetz sind Ergebnis der Verhandlungen zwischen Großbritannien und China vor der Rückgabe Hongkongs 1997. Es geht aber auch auf die Einsicht des früheren chinesischen Reformpolitikers Deng Xiaoping zurück, der den freien unternehmerischen Geist der Wirtschaftsmetropole nicht ersticken wollte, da Hongkong weiter als Tor zu China dienen sollte.

So gibt es Parteien und ein Parlament. Doch sind Wahlen nur beschränkt demokratisch. Auch wird der Regierungschef von einem Wahlkomitee bestimmt, das Peking nahesteht. Die kommunistische Führung hat ohnehin das letzte Wort über seine Ernennung.

Proteste auf den Straßen

Forderungen nach mehr Demokratie und heftiger Widerstand gegen Einschränkungen von Bürgerrechten bringen die Hongkonger immer wieder in Scharen auf die Straße. Jede Einmischung aus Peking wird höchst misstrauisch beäugt. Erst vor einer Woche haben wie jedes Jahr wieder Zehntausende in Hongkong der Opfer der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking gedacht.

Hongkonger dürften gegen Auslieferung sein

Snowden baut mit seiner Flucht nach Hongkong auf die liberale politische Kultur, den starken Freiheitswillen und die deutliche Abneigung gegen die autokratischen Führer in Peking. Für viele Hongkonger dürfte eine Auslieferung des Amerikaners an die USA nicht nur ein Justizfall sein, sondern auch viel mit ihrem eigenen Streben nach Freiheit zu tun haben.

(APA)

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