„Fracking ist bei uns nicht notwendig“

2050 soll Vorarlberg energieautonom sein und setzt fortlaufend 101 enkeltaugliche Maßnahmen um. Ist das genug?
Stephan kohler: Es geht weniger um Autonomie, als vielmehr um eine Transformation des bestehenden Energiesystems im europäischen Kontext. Die Energiewende hat nur Erfolg, wenn sie auch wirtschaftlich ist. Damit dies gelingt, brauchen wir den europäischen Energiebinnenmarkt, also den Austausch mit unseren europäischen Partnern. Es stellt sich für alle EU-Staaten die zentrale Frage: Wie gelingt uns die Transformation des Energiesystems hin zu einer nachhaltige CO2-armen Energieversorgung? Wenn wir gemeinsame Lösungen entwickeln, wird die Energiewende ein ökonomischer und ökologischer Erfolg.
Sie sagen, Europa wäre gut beraten, den eingeschlagenen Weg hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung gemeinsam beizubehalten. Das „Fracking“, wie es Schwarz-Gelb in Deutschland vorantreiben will, ist aber gar nicht nachhaltig.
Kohler: Es gibt in Deutschland eine überwiegend negative Einstellung gegenüber Fracking wegen der Auswirkungen auf die Umwelt. Deutschland und Europa sind mit den USA nicht vergleichbar, da hier die Besiedelung viel dichter ist. Mit der beschlossenen Energiewende ist Fracking bei uns unnötig, da wir den Wärmebedarf der Gebäude bis zum Jahr 2050 um 80 Prozent reduzieren möchten. Im Stromsektor planen wir eine fast vollständige Versorgung mit regenerativen Energieträgern, daher wird sich der Erdgasabsatz massiv reduzieren.
Was müsste gefördert werden?
Kohler: Besonders wichtig ist die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen, die zwar wirtschaftlich sind, aber häufig aufgrund der höheren Investitionen nicht getätigt werden. So löst beispielsweise jeder Euro, mit dem der Staat die energetische Gebäudesanierung fördert, das Sechs- bis Achtfache an privaten Investitionen aus.
Wie schaffen wir die Wende?
Kohler: Indem wir stärker auf Energieeffizienz setzen, auf den Ausbau der Netzinfrastruktur und die Entwicklung von intelligenten Netzen. Energiewende heißt auch Zusammenführung von konventionellen und regenerativen Energietechnologien zu einem gemeinsamen System zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit.
Es wird viel versprochen, was dann nicht zu halten ist. Wie sieht zum Thema Energiewende seriöse Politik aus?
Kohler: Die Politik soll Ziele setzen und den Rahmen schaffen, sich aber nicht in die konkrete Umsetzung einmischen. Hier wirkt der Markt effizienter. Die Politik sollte keine Ankündigungsstrategie verfolgen, sonst tritt genau das Gegenteil ein, indem die Investoren abwarten. Grundsätzlich wird dieses Generationenprojekt nur mit gesellschaftlicher Akzeptanz gelingen.