EU-Budget-Gipfel: Warnung vor "Friss-Vogel-oder-stirb"-Vorgehen
Er sprach wörtlich von einer “tödlichen Bedrohung, Europa kann auch auseinanderbrechen”. Trotzdem hoffe er auf einen Kompromiss. Allerdings werde es sich das EU-Parlament nicht gefallen lassen, wenn die Staaten nach dem Motto “Vogel friss oder stirb” vorgingen.
EU stehe am Scheideweg
Die Gipfelteilnehmer müssten vor allem die Frage beantworten, welche EU sie wollten. Statt einer Addition von 27 nationaler Einzelinteressen sollte es ein europäisches Gesamtinteresse geben, das über Einzelpunkte hinausgehe.
“Ich fürchte, wenn man es wie (der britische Premier David) Cameron macht, in die Verhandlungen zu gehen und zu sagen, das ist mein Standpunkt, entweder ihr akzeptiert oder es scheitert alles, da kann man keine Kompromisse erzielen”. Dies sei nur möglich, wenn sich alle aufeinander zubewegen, stelle Schulz klar,
Parlament werde sich “Friss oder stirb” nicht gefallen lassen
Es sei auch wesentlich klarzustellen, ob “das das Ende eines Prozesses ist oder der Anfang”. Das EU-Parlament sei zum Dialog bereit, “aber wenn gesagt wird, Vogel friss oder stirb, glaube ich nicht, dass sich das EU-Parlament das gefallen lässt”.
Neuer Kompromissvorschlag soll Briten entgegenkommen
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy will einen neuen Vorschlag einbringen, der vor allem Großbritannien entgegenkommen soll. Wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA am Donnerstag berichtete, soll die “Schere” zwischen Verpflichtungsermächtigungen und Zahlungen vergrößert werden. Damit würde man sich eines “Tricks” bedienen, mit dem man alle zufriedenstellen könnte und der auch gängige Praxis in den europäischen Institutionen sei.
Win-win für Briten und Franzosen?
Derzeit gilt als unterste Grenze bei den Verpflichtungsermächtigungen ein Betrag von rund 960 Milliarden Euro. Die Zahlungen dagegen könnten im Bereich von um die 900 Milliarden liegen, so der kolportierte neue Vorschlag. Damit könnte der britische Premier David Cameron zu Hause einen “Erfolg” bei den Brüsseler Verhandlungen vorweisen, da er auf eine signifikante Reduzierung des EU-Budgets gedrängt hatte. Der französische Präsident Francois Hollande könnte unter Hinweis auf die Höhe der Verpflichtungsermächtigungen seinerseits darauf hinweisen, dass er sich mit seinen Forderungen durchgesetzt habe.
Martin Schulz kritisiert Van Rompuy-Ideen
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat zu Beginn des EU-Gipfels zum Budget 2014-2020 die neuesten Kürzungsvorschläge von Ratspräsident Herman Van Rompuy im Ausmaß von 70 Milliarden Euro bei den Verpflichtungen als “schlechteste Lösung” kritisiert. Der von Van Rompuy nun diskutierte Finanzrahmen “würde bedeuten, dass die Forderungen vor allem der britischen Regierung bei den Zahlungsobergrenzen Realität würden”. Und dies wäre die “schlechteste Lösung”.
Sollte keine Einigung zustande kommen, werde die Obergrenze von 2013 fortgeschrieben. “In Zahlen ausgedrückt bedeutet das für die nächsten sieben Jahre eine Gesamtsumme von 1.026 Milliarden – das wären bereits 19 Milliarden weniger als der Kommissionsvorschlag zum mehrjährigen Finanzrahmen – aber noch immer rund 70 Milliarden mehr als die aktuellen Kürzungsvorschläge.” Damit würden die Verpflichtungen laut Schulz in dem Vorschlag Van Rompuys auf 956 Milliarden Euro kommen.
Sparvorschläge treffen Menschen im täglichen Leben
Gerade angesichts der vor uns liegenden Herausforderungen, “heißt am EU-Haushalt sparen, an der falschen Stelle sparen: Die vorgeschlagenen Kürzungen im EU-Haushalt sind nichts anderes als Leistungskürzungen – zum Beispiel bei der Verkehrsinfrastruktur, bei Breitbandnetzen, bei Erasmus, bei der ländlichen Entwicklung. Diese Kürzungen werden viele Menschen unmittelbar in ihrem täglichen Leben spüren. So sollen etwa die Mittel für die Lebensmittelbanken um die Hälfte gekürzt werden, obwohl sie heute mehr denn je gebraucht werden, weil sie für viele Menschen die einzige Mahlzeit am Tag bereitstellen. Hier zu kürzen widerspricht unserem wichtigsten europäischen Wert: Der Solidarität”, kritisierte Schulz.
Sparen bei Bildung “schlechteste Lösung”
Das EU-Parlament sei für einen modernen EU-Haushalt. “Der Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, wäre, so weit erkennbar, hingegen der am wenigsten zukunftsorientierte Finanzrahmen, den die EU je hatte. Um die Gesamtsumme zu senken, soll bei den europäischen Zukunftspolitiken wie Forschung und Bildung der Rotstift angesetzt werden. Das ist aber die schlechteste Lösung”. (APA)