Niko lässt sich durch sein Leben treiben. “Oh Boy” folgt ihm dabei an einem Tag und einer Nacht, beginnend mit dem Beenden seiner Beziehung am Morgen. Der Endzwanziger trifft in den folgenden Stunden auf seinen Vater, der dahinter kommt, dass Niko das Studium abgebrochen hat und ihm den Geldhahn zudreht, auf seinen Freund Matze, einen erfolglosen Schauspieler, auf einen einsamen, aber mitteilungsbedürftigen Nachbarn und eine einstige Schulkollegin, die er einst gehänselt hatte. Eine angetrunkene Gang schlägt ihm die Nase blutig und am Ende des Abends bricht ein Fremder, den er an einer Bar trifft, vor seinen Augen tot zusammen.Die Erwartungshaltung des Zuschauers wird permanent konterkariert, wenn sympathische Figuren creepy werden, sich Szenen gleich den Werken von Tod Soldonz unmerkbar zur Kenntlichkeit wandeln.
“Oh Boy” ist “Taxi Driver” der Neuzeit
“Oh Boy” ist ein wenig der passive “Taxi Driver” der Neuzeit, der sich durch die Stadt und letztlich sein Leben treiben lässt, ohne jedoch die anderen als Problem oder eigenartig zu sehen, sondern sich selbst nicht vertraut. Ein Herr Lehmann, der aus seinem alten Westberlin in die Metropole des neuen Jahrtausends transportiert ist.
Es fallen permanent Sätze, die der Zuschauer aus der eigenen Familie kennt, aus dem eigenen Alltag, und zugleich sind die paradigmatischen Situationen komprimiert, kondensiert auf den prägenden Moment. An der Grenze zum leicht Überspitzten bleibt das Gezeigte stets unendlich wahr, durchzogen von Jazzklängen. In Schwarz-Weiß bleibt der rote Faden der Kaffee, an dessen Kauf Niko beständig scheitert – bis zur letzten Einstellung. Wenigstens etwas.
(APA)