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Wiener Neustadt: Prozess wegen Pestiziden im Grundwasser

Im Labor konnten 26 verschiedene Pestizidwirkstoffe nachgewiesen werden.
Im Labor konnten 26 verschiedene Pestizidwirkstoffe nachgewiesen werden. ©dpa (Symbolbild)
Eine Pharma-Biologin muss sich derzeit in Wiener Neustadt vor Gericht verantworten. Bei unagekündigten Tests auf ihrem Firmengelände bot sich dem Sachverständigen 2009 ein "erschreckendes Bild": 26 verschiedene Pestizidwirkstoffe und 27.000 Liter Treibstoff waren dort "konsenslos" - zum Teil im Freien - gelagert, sagte er am Mittwoch. Der Prozess wurde vertagt.

Die 53-jährige angeklagte Pharma-Biologin bekannte sich “nicht schuldig”. Dabei sollen laut Anklage bereits seit 2004 Pestizide ins Grundwasser der Gegend gelangt sein. Betroffen davon: eines der größten Grundwasserschongebiete Europas, die Mitterndorfer Senke. Von hier beziehen nicht nur die niederösterreichischen Bezirke Wiener Neustadt, Baden und Mödling, sondern auch Wien und Teile des Burgenlandes ihr Trinkwasser.

Chemikalien nicht richtig gelagert

Zahlreiche Gebinde mit Chemikalien waren laut Anklage auf dem Areal “unzureichend geschützt im Freien gelagert”. Eine Vielzahl von behördlichen Bescheiden und Auflagen sollen jahrelang ignoriert, angeordnete Sofortmaßnahmen nur schleppend oder unvollständig gesetzt worden sein. Bei Grundwasserproben fand man in der Gegend eine Belastung von 150 Mikrogramm Pflanzenschutzmittel pro Liter – die EU-Grenzwerte für Trinkwasser liegen bei 0,1 bzw. 0,5 Mikrogramm pro Liter.

Beweislage ziemlich eindeutig

Die Firmenchefin führte das auf einen Betriebsunfall im Jahr 2004 zurück. Bei einem unterirdischen Tank war damals eine Zulaufleitung gebrochen. Die Folgen dieses Rohrbruchs seien aber beseitigt, und die Anrainer einer Nachbargemeinde auf Firmenkosten an das Trinkwasser angeschlossen worden, argumentierte sie. Außerdem habe man alle Behördenaufträge stets umgehend erfüllt, für das Grundwasser gefährliche Substanzen seien nicht im Freien gelagert worden. Dem widersprachen die Feststellungen des Gerichtssachverständigen. Unter anderem hätten auch Luftbildaufnahmen der Kriminalpolizei Hinweise auf Verwehungen von Pflanzenschutzmitteln gezeigt. “Es war ein teuflischer Cocktail, der eine Wolke bis nach Wien hätte ziehen können”, meinte er.

Boden und Grundwasser verunreinigt

Die Lagerhalle der Firma sei regelrecht “übergegangen”, daher seien toxische Substanzen auch im Freien gelagert worden, erklärte der Gutachter. “Eine Befestigung des Bodens bzw. eine Halle, so wie sie jetzt errichtet worden ist, hätte hergehört. Vorher hätte in der Firma nichts produziert werden dürfen.” Dem sei aber nicht so gewesen, obwohl die Firma seit Jahren gewusst habe, “was los ist”. Die Quintessenz des Umwelt-Experten: “Es hat über Jahre hindurch eine nachhaltige Verunreinigung in erheblichen Ausmaß sowohl von Grundwasser als auch des Bodens und erhebliche Schäden von Wasserorganismen gegeben. Es lässt sich nicht abstreiten, dass die betreffende Firma die Verursacherin dafür ist.” (APA)

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