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Ein Jahr nach dem Schweineskandal in Vorarlberg: Die Konsequenzen

Konsequenzen gezogen: Markus Gstach stellt seinen Betrieb jetzt auf Strohschweine um.
Konsequenzen gezogen: Markus Gstach stellt seinen Betrieb jetzt auf Strohschweine um. ©VOL.AT, Bernd Hofmeister
Rankweil. Genau ein Jahr ist es her, als Markus Gstachs Schweine nächtlichen Besuch bekamen. Tierschützer brachen in den Stall in Rankweil ein und fotografierten die Tiere und ihre Lebensbedingungen. Eine Anzeige flatterte anschließend bei Gstach ins Haus, wie auch bei 20 anderen Schweinemästern. Die schockierenden Fotos lösten in Vorarlberg ein paar Wochen später eine breite Debatte über die Schweinehaltung aus.
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Gstach hat die Debatte genutzt, um einen lange gehegten Plan umzusetzen: Er baut seinen gesamten Betrieb derzeit auf Strohschweine-haltung um. Statt 1500 Tieren werden ab Herbst nur noch 750 Platz haben. „Die Idee war schon lange da, die Diskussion im Vorjahr hat die Umsetzung beschleunigt“, erklärt Gstach.

Bis nach Dänemark ist er gefahren, um sich andere Betriebe anzusehen, jetzt baut er um: Kanäle werden zugeschüttet, Lärchenholz statt Plastik eingebaut, Stroh ausgelegt, Auslauf geschaffen. Und die Schweine dürfen ihre Ringelschwänze behalten. In der konventionellen Haltung werden sie abgeschnitten, damit sich die Tiere auf dem beengten Raum nicht gegenseitig hineinbeißen.

Doppelte Kontrollen nach Schweineskandal

Was sich in der Vorarlberger Schweinehaltung ingesamt geändert hat? Missstände in den Betrieben wurden beseitigt. Zwischen Oktober und Dezember 2011 wurden alle rund 380 Schweine haltenden Betriebe von Tierärzten überprüft. 77 Verbesserungsaufträge wurden ausgesprochen. Heuer im Frühjahr wurden alle Betriebe erneut kontrolliert.

„Die flächendeckenden Kontrollen waren die Konsequenz auf die Aufdeckung der Missstände“, sagt Landesrat Erich Schwärzler. Zumindest die gesetzlichen Standards werden eingehalten. „Und ich bin froh, dass viele Betriebe von sich aus bereit sind, noch mehr zu tun.“ Die Kastration der Ferkel darf zudem nur noch mit Betäubung durchgeführt werden, das Land übernimmt die Kosten.

Weniger Schweine in Vorarlberg

Insgesamt ist der Schweinebestand in Vorarlberg aber weiter gesunken. Nicht einmal mehr zehn Prozent des Schweinefleisches, das hier verzehrt wird, kommt auch aus Vorarlberg. „Vor allem Kleinbetriebe, die investieren müssten, haben die Schweinehaltung aufgegeben“, sagt Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger. Die Schlachtzahlen seien um ein Drittel gesunken. „In Dornbirn wurden im ersten Halbjahr 2500 Schweine weniger geschlachtet.“

Diskont statt Bio

„Für die Betroffenen war es kein einfaches Jahr. Es redet sich halt leichter als das umzusetzen“, sagt Moosbrugger. Denn die Konsumenten griffen weiter eher zu Diskont- als zu Premium-Fleisch. „Die Wünsche von Mehrleistungen müssen vergütet werden. Der Konsument muss mitmachen, und da gibt es einen Widerspruch zwischen Wunsch und Verhalten“, ärgert sich Moosbrugger. Das Ziel, eine Premium-Marke für Ländle-Schweinefleisch einzuführen, ist nur zum Teil gelungen. Eine größere Aktion scheiterte an den verschiedenen Interessen. Allerdings gibt es neue Kooperationen über Ländle-Metzg. Bauern, die mehr Bedingungen erfüllen, bekommen einen höheren Preis.

Kein Förder-Euro ausbezahlt

Zwar wurden im September 2011 vom Land die Fördersätze für Betriebe erhöht, die in artgerechtere Haltung oder Bio investieren. Allerdings: Kein einziger Euro wurde ausbezahlt. „Die Betriebe warten noch ab, wie sich die Absatzsituation entwickelt“, erklärt Schwärzler.

Bei Gstach hört sich das anders an: „Die Politik macht es sich einfach. Die Förderrichtlinien sind so, dass man sie kaum erfüllen kann.“ Er investiert trotzdem. „Weil die Schweine ja nichts dafür können.“ Und weil er glaubt, dass sein Weg Zukunft hat. Gstach hat vor Kurzem den Strohschweinestall seines Großcousins in der Nachbarschaft übernommen. Das Ziel: Er will mit Metzgereien und kleinen Lebensmittel-Händlern eine eigene Fleischmarke aufbauen. „Ich brauche den höheren Preis, um den Mehraufwand finanzieren zu können“, sagt er. Er will seine Tiere ordentlich halten und mit Klasse statt Masse erfolgreich sein. „Man muss auch nicht jeden Tag Schnitzel auf dem Teller haben. Das esse ich ja auch nicht.“

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