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Beamter fragte private Daten ab - Gericht sieht darin keinen Amtsmissbrauch

Das Abfragen öffentlich einsehbarer privater Daten ist kein Amtsmissbrauch, entschied der OGH.
Das Abfragen öffentlich einsehbarer privater Daten ist kein Amtsmissbrauch, entschied der OGH. ©APA
Ein Beamter hatte vor seiner Hochzeit private Daten - die Adressen von Gästen - im Zentralen Melderegister abgefragt und wurde deswegen zu einer Geldstrafe von 18.000 Euro verurteilt. Dieses Urteil wurde am Montag vom Obersten Gerichtshof aufgehoben. Dadurch wurde gleichzeitig eine Grundsatzentscheidung zu amtsmissbräuchlichem Verhalten getroffen.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat am Montag in einer Grundsatzentscheidung festgelegt, ab wann private Daten-Abfragen von Beamten ein amtsmissbräuchliches Verhalten darstellen und damit strafbar sind. Man müsse bei derartigen Abfragen zwischen disziplinärem und strafrechtlichem Verhalten unterscheiden, “damit nicht alles kriminalisiert wird. Wenn alle kriminell sind, ist keiner mehr kriminell. Dann verliert das Kriminelle sein Odium”, stellte OGH-Präsident Eckart Ratz in seiner Funktion als Vorsitzender des neu geschaffenen Fachsenats 17 fest.

Strafbarer und strafloser Verhalten sollen abgegrenzt werden

Dieser Senat behandelt seit Anfang März sämtliche Nichtigkeitsbeschwerden in Fällen von Amtsmissbrauch, Bestechlichkeit und Vorteilsannahme sowie sonstige strafbare Verletzungen der Amtspflicht. Er wurde deshalb eingerichtet, da in diesem Bereich breitgefächerte Bestimmungen mit oft unbestimmten Gesetzesbegriffen existieren und der OGH mit einem ausschließlich auf Amts- und Korruptionsdelikte spezialisierten Fachsenat eine “Leitjudikatur” vorgeben möchte, die klare Grenzen zwischen strafbarem und straflosen Verhalten ziehen soll.

 Beamter fragte private Daten für Hochzeitseinladungen ab

Am ersten öffentlichen Gerichtstag des Senats 17 wurde der Fall eines Finanzbeamten behandelt, der entgegen interner Richtlinien in sechs Fällen die Adressen von Verwandten und Bekannten, die er zu seiner Hochzeit bzw. zu einem Gartenfest einladen wollte, im Zentralen Melderegister (ZMR) recherchiert hatte. Er war dafür im Mai 2011 in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs zu einer unbedingten Geldstrafe von 18.000 Euro verurteilt worden.

Private Abfrage öffentlicher Daten nicht kriminell

Dagegen legte er Rechtsmittel ein, und der OGH hob jetzt den Schuldspruch auf und wandelte diesen in einen Freispruch um. Grundsätzlich liege zwar ein Befugnismissbrauch vor und seien private Daten-Abfragen “in hohem Maße gefährlich”, so der Senatsvorsitzende Ratz in seiner Begründung. Kriminell sei eine private Abfrage aber dann nicht, “wenn sie etwas zeigt, was auch jeder andere sehen kann”.

Die Adressen, die der Beamte erlangt hatte, hätte jedermann bei einem Blick ins ZMR bekommen. Dafür wären allerdings Gebühren fällig geworden, die sich der Finanzbeamte erspart hatte. 24 Euro – eine einzelne Abfrage hätte vier Euro kostet – reichten dem OGH aber nicht aus, um den bisher unbescholtenen Mann zu einem Straftäter zu stempeln. (APA)

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