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Erster Gerichtstag des Fachsenats für Amts- und Korruptionsdelikte

Erste Grundsatzentscheidung des OGH zu amtsmissbräuchlichem Verhalten.
Erste Grundsatzentscheidung des OGH zu amtsmissbräuchlichem Verhalten. ©APA, Georg Hochmuth
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat am Montag unter Vorsitz des Vorarlbergers Eckart Ratz in einer ersten öffentlichen Grundsatzentscheidung festgelegt, ab wann private Daten-Abfragen von Beamten ein amtsmissbräuchliches Verhalten darstellen und damit strafbar sind.
Eckart Ratz als neuer OGH-Präsident

Man müsse bei derartigen Abfragen zwischen disziplinärem und strafrechtlichem Verhalten unterscheiden, “damit nicht alles kriminalisiert wird. Wenn alle kriminell sind, ist keiner mehr kriminell. Dann verliert das Kriminelle sein Odium”, stellte OGH-Präsident Eckart Ratz in seiner Funktion als Vorsitzender des neu geschaffenen Fachsenats 17 fest.

Klare Grenzen ziehen

Dieser Senat behandelt seit Anfang März sämtliche Nichtigkeitsbeschwerden in Fällen von Amtsmissbrauch, Bestechlichkeit und Vorteilsannahme sowie sonstige strafbare Verletzungen der Amtspflicht. Er wurde deshalb eingerichtet, da in diesem Bereich breitgefächerte Bestimmungen mit oft unbestimmten Gesetzesbegriffen existieren und der OGH mit einem ausschließlich auf Amts- und Korruptionsdelikte spezialisierten Fachsenat eine “Leitjudikatur” vorgeben möchte, die klare Grenzen zwischen strafbarem und straflosen Verhalten ziehen soll.

Gästeadressen im Melderegister gesucht

Am ersten öffentlichen Gerichtstag des Senats 17 wurde der Fall eines Finanzbeamten behandelt, der entgegen interner Richtlinien in sechs Fällen die Adressen von Verwandten und Bekannten, die er zu seiner Hochzeit bzw. zu einem Gartenfest einladen wollte, im Zentralen Melderegister (ZMR) recherchiert hatte. Er war dafür im Mai 2011 in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs zu einer unbedingten Geldstrafe von 18.000 Euro verurteilt worden.

Freispruch für Finanzbeamten

Dagegen legte er Rechtsmittel ein, und der OGH hob jetzt den Schuldspruch auf und wandelte diesen in einen Freispruch um. Grundsätzlich liege zwar ein Befugnismissbrauch vor und seien private Daten-Abfragen “in hohem Maße gefährlich”, so der Senatsvorsitzende Ratz in seiner Begründung. Kriminell sei eine private Abfrage aber dann nicht, “wenn sie etwas zeigt, was auch jeder andere sehen kann”.

24 Euro erspart

Die Adressen, die der Beamte erlangt hatte, hätte jedermann bei einem Blick ins ZMR bekommen. Dafür wären allerdings Gebühren fällig geworden, die sich der Finanzbeamte erspart hatte. 24 Euro – eine einzelne Abfrage hätte vier Euro kostet – reichten dem OGH aber nicht aus, um den bisher unbescholtenen Mann zu einem Straftäter zu stempeln. APA

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