Zugleich wurde Bos Ehefrau Gu Kailai unter dem “dringenden” Verdacht des Mordes an einem befreundeten britischen Staatsbürger festgenommen. Staats- und Parteichef Hu Jintao habe die Ermittlungen persönlich eingeleitet und sich der Affäre angenommen, wurde hervorgehoben.
Regelrechter Polit-Krimi in Chinas KP
Gegen den Sohn des legendären Revolutionärs Bo Yibo (1908-2007), der einst zu den “acht Unsterblichen” der chinesischen KP gehörte, werde wegen “ernster Disziplinarverstöße” ermittelt, berichtete Xinhua. Im März war der 62-jährige Bo Xilai als Parteichef von Chongqing (Tschungking), einer aus der Provinz Sichuan ausgegliederten, 82.500 qkm großen regierungsunmittelbaren Agglomeration, abberufen worden. Er galt mit seinen “roten” Kampagnen in der 30-Millionen-Metropole als Galionsfigur der altkonservativen Linken in der Partei, die gegen den Kurs der marktorientierten Reformer angingen.
In dem Polit-Krimi wurde ein neues Kapitel geöffnet, in dem seine Frau Gu Kailai und ein Mitarbeiter der Familie, Zhang Xiaojun, des Mordes an dem Briten Neil Heywood verdächtigt werden. Der Tod des Freundes und Geschäftspartners der Familie im November in einem Hotel in Chongqing werde als Mord betrachtet, so Xinhua. Die Ermittlungen zu seinem Tod werden neu aufgenommen. Ursprünglich hatte es geheißen, der 41-jährige Brite sei an “übermäßigem Alkoholkonsum” gestorben. Heywood und die Frau von Bo Xilai, einst eine prominente Anwältin, hätten Streit um geschäftliche Dinge gehabt, der sich verschärft habe.
“Reinheit der Partei” soll gewahrt werden
Das Zentralorgan der Partei, “Renmin Ribao” (“Volkszeitung”), rief in einem Leitartikel, der am Mittwoch veröffentlicht wurde, zur Unterstützung dieser Entscheidungen des Zentralkomitees auf. Das Vorgehen spiegle die feste Entschlossenheit, “die Reinheit der Partei zu wahren”. Der Slogan geht auf Vizepräsident Xi Jinping zurück, der im Zuge des geplanten Generationswechsels an der Parteispitze im Herbst zum Nachfolger von Hu Jintao als Staats- und Parteichef aufrücken soll.
Bis zu dem Skandal galt der aufsteigende Politstar Bo Xilai als einer der aussichtsreichen Anwärter auf einen Posten im neunköpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros, dem Machtzentrum von Partei und Staat. Die Affäre kam ins Rollen, als sein langjähriger Weggefährte und Polizeichef Wang Lijun im Februar plötzlich im US-Konsulat in Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan, Zuflucht suchte, was eine politische und diplomatische Krise auslöste.
Ermittlungen von Xilai behindert?
Nach einem Tag begab sich der ehemalige “Super-Bulle” in die Hände eines aus Peking angereisten Vizeministers für Staatssicherheit, obwohl ihn der Bürgermeister von Chongqing am liebsten mit nach Hause genommen hätte. Der Ex-Polizeichef soll Beweise gegen seinen früheren Chef Bo Xilai und dessen Familie in den Händen gehabt haben. Wie Xinhua berichtete, hat der Ex-Polizeichef bereits den Mordverdacht im Falle des Briten geäußert. Ein Ermittlerteam sei zusammengestellt worden, das dem Verdacht weiter nachgehen soll. Nach unbestätigten Berichten soll Bo Xilai die Ermittlungen behindert haben.
Im Parteiorgan “Renmin Ribao” hieß es, die Flucht des Ex-Polizeichefs sei ein “ernster politischer Zwischenfall gewesen, der sehr negative Auswirkungen nach innen und außen hatte”. “Der Tod von Neil Heywood ist ein ernster Kriminalfall, in den die Familie und Mitarbeiter eines Partei- und Staatsführers verwickelt sind”, zitierte die Staatsagentur aus dem Leitartikel. Mit seinen Disziplinarverstößen habe Bo Xilai “der Sache und dem Ansehen von Partei und Staat geschadet”. Niemand stehe über dem Gesetz, wurde betont.