Daheim auf den Weltmeeren

Markus Juen kommt gerade von einer Besprechung mit dem Kreuzfahrtschiffdirektor zurück. Thematisiert wurden die Spezialevents, die in dieser Woche anstehen: Hochzeiten, Cocktailempfänge, Geburtstagsfeiern und Firmen-Veranstaltungen. Rund 50 Extra-Veranstaltungen dieser Art werden es in den nächsten sieben Tagen sein. Juen ist Food&Beverage-Direktor auf dem größten Schiff der Welt, der „Allure of the Seas“. In dieser Schlüsselposition ist er für den Gesamtbereich Essen und Trinken verantwortlich. Unter ihm arbeiten mehr als 1000 Mitarbeiter aus 50 verschiedenen Nationen.
Auf höchstem Niveau
6100 Passagiere wollen Woche für Woche auf höchstem Niveau verpflegt werden, dazu kommen 2100 Crew-Mitglieder. Jeden Sonntag legt die „Allure of the Seas“ vom Heimathafen Fort Lauderdale in Florida in Richtung Karibik ab. Seit der Inbetriebnahme vor gut einem Jahr ist das Schiff immer voll ausgebucht. Als Juen mit Anfang 20 nach seiner Kellnerlehre seinen Heimatort Vandans verließ, um auf einem Kreuzfahrtschiff anzuheuern, wollte er nur ein, zwei Jahre hinaus in die große weite Welt und anschließend wieder nach Vorarlberg zurückkehren. Doch aus der Rückkehr wurde nichts. Auf der „Souvereign of the Seas“ der Reederei Royal Caribbean Cruise Lines arbeitete er sich vom Kellner zum Restaurantleiter hoch. Nebenbei lernte der Vandanser die Welt kennen. „Ich habe schon in jungen Jahren meine Traumziele kennengelernt“, sagt der heute 41-Jährige. „Panamakanal, Hawaii, Alaska, Russland. Kein Wunder, dass ich daheim bald als Exot gegolten habe.“
Harter Arbeitsalltag
Um seinen Lifestyle wird Juen von vielen Bekannten beneidet. Was „daheim“ aber keiner realisiert, ist der harte Arbeitsalltag, dem „der Onkel aus Amerika“ ausgesetzt ist. Sieben Tage in der Woche mindestens zehn Stunden pro Tag. Auf der „Allure“ gibt es 21 Restaurants, mehrere Essensstationen und zahlreiche Bars. Drei Stunden täglich verschlingt allein der Rundgang. Juen muss nicht nur auf die Qualität und Funktionalität eines jeden einzelnen Bereichs achten, sondern verantwortet auch das Budget für den Wareneinsatz. Es grenzt fast an ein Wunder, dass trotz der vielen Menschen nirgendwo Schlange gestanden wird. Auf der „Allure of the Seas“ und dem baugleichen, aber fünf Zentimeter kürzeren Schwesterschiff „Oasis of the Seas“ ist die Kreuzfahrt in völlig neue Dimensionen vorgedrungen und hat neue Konzepte erfordert. „Als F&B-Direktor muss man lernen zu delegieren und sich nicht um alles persönlich zu kümmern“, sagt Juen. Nichtsdestotrotz muss er über jeden Bereich Bescheid wissen, den Gesamtüberblick behalten sowie Entscheidungen eigenverantwortlich treffen. „Dazu kommen die strengen Hygienevorschriften, die nicht nur dann greifen sollen, wenn die Inspektoren der amerikanischen Gesundheitsbehörde unangemeldet auf dem Schiff aufkreuzen.“
Vier Monate voll eingespannt
Der Arbeitsrhythmus des Weltenbummlers lautet vier Monate Schiff, zwei Monate frei. Die Freizeit verbringt er in England, wo seine Freundin lebt. Einmal im Jahr kommt er für eine Woche zurück ins Montafon. Das Wiedersehen mit seiner Familie und den Freunden bedeutet ihm viel. Er liebt Skifahren und Bergsteigen, schätzt die Bodenständigkeit und die Aufrichtigkeit seiner Landsleute. „Gerade weil ich so viel gereist bin, sind mir die Schönheit und die Werte meiner Heimat umso mehr bewusst“, versichert Juen – und die Qualität der heimischen Küche: „Für die Schnitzel meiner Mama lass ich jeden Hummer links liegen.“
Zur Person
Markus Juen
Food&Beverage-Direktor auf dem größten Kreuzfahrtschiff der Welt
Geboren: 1. April 1970
Ursprünglich aus: Vandans
Ausbildung: Kellnerlehre in Schruns (Hotel Alpenhof Messmer)
Hobbys: Tauchen, Skifahren (in Österreich), gutes Essen und Wein