Verprügelter Polizist hatte 'panische Angst'
Am mittlerweile vierten Verhandlungstag trat der infolge eigener Verfehlungen außer Dienst gestellte Polizist in den Zeugenstand und schilderte, was ihm angetan wurde.
Polizeitränen im Zeugenstand
Dabei kamen dem “Kieberer” die Tränen. “Als am Ende ein Mann mit einem Gewehr im Anschlag auf mich zugekommen ist, habe ich gewusst, in zwei Sekunden kann mein Leben vorbei sein”, schluchzte er. Er habe “panische Angst” gehabt.
Harte Rechnung, noch härtere Abrechnung
Seit Mitte November müssen sich eine 51-jährige Geschäftsfrau und ein 33-jähriger Slowake vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Christian Böhm) verantworten, weil sich die Frau entschlossen haben soll, dem Chefinspektor eine kräftige “Abreibung” zu verpassen. Der Beamte hatte der vermeintlich wohlhabenden Frau seiner Darstellung zufolge in drei Tranchen ein Darlehen von 100.000 Euro gewährt, als es ans Rückzahlen ging aber nur “kleinere Geschenke” – etwa zwei bronzene Löwen – erhalten. Der Schilderung der Frau zufolge, die in Wahrheit in finanzieller Hinsicht nicht auf Rosen gebettet war, stellte sich der Polizist als “Kredithai” heraus, der Wucherzinsen von 17 Prozent monatlich genommen haben soll.
Inspektor war kein unbeschriebenes Blatt
Nach dienstlichen Verfehlungen war der Spitzenpolizist im vergangenen Februar wegen wiederholten Amtsmissbrauchs, Nötigung unter Ausnützung seiner Amtsstellung, Verletzung des Amtsgeheimnisses, Betrugs und versuchter Bestimmung zur falschen Zeugenaussage zu 18 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er soll unter anderem seine “schützenden Hände” über eine Wiener Rotlicht-Größe gehalten haben. Falls sein Urteil in Rechtskraft erwächst – der Chefinspektor hat dagegen volle Berufung eingelegt, Termin für das Rechtsmittelverfahren gibt es noch keinen -, wäre er seinen Job los. Bei mehr als einjährigen Freiheitsstrafen ist der Verlust der Amtsstellung als zwingende Rechtsfolge vorgesehen.
Angst vor ‘ungutem Menschen’
Die Russin wandte sich an den mitangeklagten Slowaken. “Sie hat Angst gehabt vor diesem unguten Menschen. Sie hat mich gebeten, ob ich sie beschützen kann vor dieser Unterwelt”, gab der 33-Jährige zu Protokoll. Der Chefinspektor wurde ins Haus der Frau gelockt, wo ihn mehrere maskierte Männer erwarteten und zu attackieren begannen, als er im Schlafzimmer der Russin Platz genommen hatte.
“Niemand hat ein Wort gesagt. Ich habe sofort einen Faustschlag ins Gesicht bekommen. Dann haben sie mich getreten, geboxt, geschlagen. Von seitlich, von vorn, von hinten. Wo sie mich getroffen haben, war ihnen völlig wurscht”, erklärte der Polizist. Man habe ihn schließlich aufs Bett gezerrt, ihm die Schuhe ausgezogen, ein Handtuch in den Mund gestopft und ihn zu fesseln versucht.
Filmreifer Fluchtversuch
Ihm sei klar geworden, dass er sich dem “mit aller Kraft” widersetzen müsse. Deshalb sei er “einem vom Bett runter zwischen den Füßen durchgeköpfelt” und habe entkommen wollen. Der Fluchtversuch misslang. Man habe ihn zur Terrassentür gezerrt und ihm sich hinzuknien befohlen, schilderte der Chefinspektor.
Als sich ein Gewehr auf ihn richtete, entschloss er sich, durch die geschlossene, verglaste Terrassentür zu springen: “Ich hab’ mich mit voller Wucht hinauskatapultiert und danach einen Köpfler über die Gartentür gemacht.”
Die Männer, von denen außer dem 33-jährigen Slowaken kein einziger ausgeforscht werden konnte, verfolgten ihn allerdings bis auf den Gehsteig und zerrten ihn zurück ins Haus. Dem übel gerichteten Polizisten kam schließlich ein Streifenwagen zu Hilfe: Nachbarn waren auf die wüsten Szenen aufmerksam geworden und hatten den Notruf verständigt.
Der Chefinspektor, der danach fünf Tage stationär im Spital behandelt werden musste (“Ich war komplett gebrochen”), bestritt, der Russin untragbare Zinsen in Rechnung gestellt zu haben: “Ich habe nie von einem Zinssatz gesprochen.” Er habe sich der Frau gegenüber stets korrekt verhalten.
Urteil lässt auf sich warten
Richter Christian Böhm will noch weitere Zeugen hören, die Verteidiger stellten darüber hinaus zusätzliche Beweisanträge. Es wird noch zumindest zwei Verhandlungstermine geben, mit den Urteilen ist frühestens Ende Jänner 2012 zu rechnen.