Andere Blätter beschäftigen sich einmal mehr mit der kurzen Prozess-Dauer und offen bleibenden Fragen:
“The Sun” (Großbritannien) titelte auf der Homepage unter anderem “Soft-Zelle für das Biest” : “Wut brach vergangene Nacht aus, nachdem sich herausstellte, dass Keller-Unhold Josef F. in nur 14 Jahren frei kommen könnte (…) Während der Verhandlung sah ich nur Krokodilstränen und falsche Emotionen, als F. versuchte, die Geschworenen und Richter zum Narren zu halten (…)”
“The Times” (Großbritannien) veröffentlicht seinen Artikel unter der Schlagzeile “Österreich sperrt seine Probleme weg”: “Österreich hat sein Monster weggeschafft und Josef F. für den Rest seines Lebens hinter hohe Mauern geschickt. Das alles wirkt wie der Abschluss für ein Land, dass sich mehr um sein angeschlagenes Image, als um die alarmierenden Mängel sorgt, die der Fall in der Gesellschaft aufgedeckt hat (…) Denn so will Österreich diesen Mann sehen: als einzigartigen Jahrhundert-Freak oder teuflischen Kriminellen, der keinen Einfluss auf den Rest des Landes hat.”
“The Guardian” (Großbritannien) wundert sich über Reaktionen auf die Auslandsberichterstattung: “(…) Es brauchte nur ein paar Schlagzeilen, um den Ärger einer Nation zusammenzufassen. (…) Artikel in fast allen Zeitungen richtete sich gegen die britische Berichterstattung über den Prozess von F. – mit dem Argument, dass die Boulevardzeitungen die spezielle Absicht hätten, Österreich an die Anklagebank zu stellen (…)”
“The Daily Mail” (Großbritannien) stellt die Bedingungen der Haft für Josef F. in Frage: “Sein eigener Fernseher, PC und wenn er will, sogar ein Haustier. Das Leben in einer Zelle wird für Josef F. viel angenehmer als das Verlies seiner Tochter (…) F. wird ein Wohnzimmer, eine Küche und eine Tee-Ecke gemeinsam mit allen Insassen zwischen 9.00 und 18.00 Uhr benutzen können. (…) Er wird auch die Möglichkeit haben etwas Neues zu lernen – wie Korbflechten oder Keramik (…)”
Die”Bild-Zeitung” (Deutschland) fragt sich nach der Aussage von Josef F., er sei zum Vergewaltiger geboren, nach dem Sinn mit psychologischer Betreuung: “(…) Kann ein Mann, der so eine Aussage macht, überhaupt therapiert werden? (…)”
Die Zürcher Boulevard-Zeitung “Der Blick” (Schweiz) bedauert das fortgeschrittene Alter des Verurteilten: “Das Inzest-Monster muss lebenslang hinter Gitter. Schade, dass es für seine Strafe gar nicht mehr lang genug lebt.”
“Corriere della Sera” (Italien/Mailand) beurteilt den Prozess als Farce: “Der Farce-Prozess ist wie erwartet zu Ende gegangen. Es war eine Farce, weil kein Urteil weder das Monster noch die monströse Gesellschaft erlösen kann, die ihm erlaubt hat, ein Viertel Jahrhundert lang Gräueltaten ohne Gleichen in einem Keller zu verüben. Es war ein Farce-Prozess, weil es kein Urteil gibt, das das begangene Übel jemals kompensieren kann”.
“Il Giornale” (Italien/Mailand) zieht ein Fazit: “Der Prozess in St. Pölten war eine Lehre von Stil und Effizienz. Das Medienkarussell ist zwar nicht ausgeblieben, doch dem Justizsystem ist es gelungen, es vom Gerichtssaal fernzuhalten. Die Richter und die Staatsanwältin sind nie vor die TV-Kameras getreten. Während der langen zehn Untersuchungsmonate war die Anonymität der Opfer stets ein Hauptanliegen. Der Keller des Horrors wurde am 26. April 2008 entdeckt. Kein Jahr ist vergangen und der Fall ist schon abgeschlossen.”
“La Repubblica” (Italien/Rom) verlangt die Klärung von offenen Fragen: “Nach dem Ende des Prozesses bleiben mehrere große Fragen noch ungeklärt. Vor allem, warum niemand den Verdacht hat, dass die Ehefrau und die Nachbarn vom Keller wussten. Nach diesem Urteil bleibt viel Bitterkeit. Es gibt auch die Ressentiments einiger österreichischer Medien gegen ausländischen Kollegen. ‘Sie behandeln uns immer wie Nazis’, schrieb ‘Die Presse’.”