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Rebellen nahe den Toren des Gaddafi-Komplexes

Die libyschen Rebellen haben am Dienstag einen massiven Angriff auf die Residenz von Machthaber Muammar al-Gaddafi in Tripolis gestartet, wie Reporter an Ort und Stelle berichteten.
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Rings um das Gelände im Stadtteil Bab al-Azizyah, wo sich Gaddafi verschanzt haben soll, war andauernder und heftiger Gefechtslärm zu hören. In der Nacht war völlig überraschend Muammar Gaddafis gefangen geglaubter Sohn Saif al-Islam noch vor dem Hauptstadt-Hotel Rixos vorgefahren, in dem mehrere Auslandskorrespondenten Quartier bezogen haben. Umjubelt von Anhängern verbreitete er danach lächelnd Durchhalteparolen, schüttelte Hände und machte mit seinen Fingern das Victory-Zeichen.

Rauch über Gaddafi-Residenz

Die Stadt wurde von Flugzeugen überflogen. Der arabische Sender Al-Jazeera zeigte Bilder mit dichten Rauchwolken über dem Gaddafi-Stützpunkt. Reporter des Senders berichteten, die Aufständischen kämpften sich langsam in die stark befestigte Anlage vor. Der britische Sender BBC berichtete von Gefechten auch in anderen Stadtteilen. Unter anderem seien Explosionen und Schießereien in der Nähe des Rixos-Hotels zu hören. Dort waren Gaddafi-treue Soldaten postiert.

NATO bestreitet Luftangriffe auf Gaddafi

Die NATO, die die Rebellen seit Monaten mit Luftangriffen unterstützen, bestritt, dass ihre Flugzeuge in der Nacht auf Dienstag das Anwesen Gaddafis in Tripolis angegriffen haben. “Wir haben das Gelände nicht bombardiert“, sagte ein Militärsprecher in Neapel. Eine NATO-Sprecherin sagte, die Gaddafi-Truppen seien deutlich geschwächt, bedeuteten aber immer noch eine Gefahr. Die Kämpfe in der Hauptstadt hielten an, die Situation sei unübersichtlich. Am Montag hätten die Gaddafi-Truppen drei Scud-Raketen in Richtung der von den Rebellen gehaltenen Küstenstadt Misrata abgefeuert.

Die den Vereinten Nationen nahestehende Hilfsorganisation IOM (International Organization for Migration) blies eine geplante Evakuierungsaktion für Ausländer aus Tripolis wegen der Sicherheitslage zunächst ab. Ein von der IOM gechartertes Schiff sollte am heutigen Dienstag im Hafen der libyschen Hauptstadt anlegen und etwa 300 Menschen – Ägypter und andere Ausländer – aufnehmen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) begann damit, medizinische Ausrüstung an Spitäler in Tripolis zu verteilen.

Politische Situation nicht überschaubar

Trotz der jüngsten Jubelmeldungen aus der Hauptstadt Tripolis, sei einen Tag später die politische Situation “absolut unüberschaubar”, sagte Außenminister Michael Spindelegger (V) nach dem Ministerrat in Wien. Nachrichten aus dem Kampfgebiet seien mit großer Vorsicht zu genießen. Trotzdem überlegt der Außenminister bereits die Wiederansiedlung österreichischer Unternehmen in Libyen, um beim Aufbau demokratischer und wirtschaftlicher Strukturen mitzuhelfen. Wie Spindelegger sprach sich auch Bundeskanzler Werner Faymann (S) dafür aus, eine Übergangsregierung wirtschaftlich zu unterstützen. Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) erteilte einem möglichen Bundesheereinsatz in Libyen eine Absage.

Die Aufständischen hatten die Festnahme des als Nachfolger seines Vaters aufgebauten Saif al-Islam Gaddafi als wichtigen Erfolg vermeldet. Sein Auftritt, nachdem unklar ist, ob er sich je in Gewahrsam befand, ließ Zweifel an der Verlässlichkeit der Angaben der Rebellen aufkommen. Von Gaddafi selbst fehlte weiter jede Spur. Saif sagte, die Regierung kontrolliere Tripolis nach wie vor. Sein Vater ist seinen Angaben zufolge wohlauf. Der von libyschen Rebellen unter Hausarrest gestellte weitere Gaddafi-Sohn Mohammed ist einem Fernsehbericht zufolge von Truppen des Regimes befreit worden. Regierungseinheiten seien dem am Montag in seinem Haus in Tripolis umstellten Mohammed al-Gaddafi zur Hilfe gekommen, berichtete der arabische Sender Al-Arabiya unter Berufung auf Rebellenkreise in Benghazi.

Auch in anderen Städten Gefechte

Auch aus anderen Landesteilen Libyens wurden Gefechte vermeldet. Der Sender Al-Jazeera berichtete, in der Nähe der strategisch wichtigen Ölstadt Brega habe es Zusammenstöße gegeben. Al-Arabiya berichtete von schweren Kämpfen in dem symbolträchtigen Ort Sirte am Mittelmeer, in dessen Nähe Gaddafi geboren wurde. Die Rebellen hätten einen Militärkonvoi angegriffen und Dutzende Soldaten des Machthabers getötet.

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu sagte bei einem Besuch in der Rebellenhochburg Benghazi im Osten des Landes, die NATO-Einsätze würden fortgesetzt, bis die Lage vollständig sicher sei. Die Libyen-Kontaktgruppe will am Donnerstag in Istanbul über die schwierige Lage in dem nordafrikanischen Land beraten.

(APA)

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